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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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her fegt. Don Faustino kam heraus, und er bekreuzigte sich und betete, und dann schlug er die Hände vor die Augen und ging die Stufen hinunter auf die Reihen zu.
 ›Tut ihm nichts!‹ rief einer. ›Rührt ihn nicht an!‹
 Die Männer in den Reihen verstanden, und keiner erhob die Hand gegen Don Faustino, und er ging zwischen den Reihen hindurch, die zitternden Hände vor die Augen gepreßt, und seine Lippen zuckten.
 Niemand sagte ein Wort, und niemand rührte ihn an, und als er den halben Weg zurückgelegt hatte, konnte er nicht weiter und fiel in die Knie.
 Niemand schlug ihn. Ich ging außen an den Reihen entlang, um zu sehen, was mit ihm geschehen würde, und einer der Bauern bückte sich und half ihm auf und sagte: ›Steh auf, Don Faustino, und geh weiter. Der Stier ist noch nicht losgelassen.‹
 Don Faustino konnte nicht allein gehen, und der Bauer, der einen schwarzen Kittel anhatte, stützte ihn von links, und ein zweiter Bauer in schwarzem Kittel und Hirtenstiefeln stützte ihn von rechts, und sie hielten ihn an den Armen, und Don Faustino schritt zwischen den Reihen entlang, die Hände vor den Augen, und seine Lippen zuckten unaufhörlich, und sein blondes Haar klebte am Schädel und schimmerte in der Sonne, und wie er an den Bauern vorbeikam, sagten sie: ›Don Faustino, buen provecho! Don Faustino, wir wünschen dir einen guten Appetit‹, und andere sagten: ›Don Faustino, a sus ordenes, Don Faustino, zu Ihren Diensten!‹, und einer, der selbst bei einem Stierkampf versagt hatte, sagte: ›Don Faustino, im Himmel gibt es hübsche Mädchen, Don Faustino.‹ Und sie führten Don Faustino durch die Reihen, hielten ihn an beiden Armen fest, hielten ihn aufrecht im Gehen, und er hatte die Hände vor den Augen. Aber er muß zwischen den Fingern hindurchgeschielt haben, denn als sie mit ihm an den Rand der Klippe kamen, sank er wieder in die Knie, warf sich hin, wühlte die Finger in die Erde und umkrampfte das Gras und sagte: ›Nein. Nein. Nein. Bitte. Nein. Bitte. Bitte. Nein. Nein.‹ Die Bauern, die bei ihm waren, und die anderen, die harten Burschen am Ende der Reihen, hockten sich schnell hinter ihn, wie er so dakniete, und versetzten ihm einen heftigen Stoß, und er schoß über den Rand des Felsens, ohne daß sie ihn auch nur ein einziges Mal geschlagen hatten, und man hörte ihn im Fallen laut schreien, mit gellender Stimme.
 Und jetzt wußte ich, daß die Männer in den Reihen grausam geworden waren. Die Beleidigungen Don Ricardos und dann die Feigheit Don Faustinos hatten sie grausam gemacht.
 ›Den Nächsten!‹ rief ein Bauer, und ein anderer schlug ihm auf den Rücken und sagte: ›Don Faustino! Nein, so was! Don Faustino!‹
 ›Jetzt hat er den großen Stier gesehen‹, sagte ein anderer. ›Jetzt hilft es ihm nichts mehr, wenn er sich übergibt.‹
 ›In meinem Leben‹, sagte ein anderer Bauer, ›in meinem Leben hab ich so was nicht gesehen wie diesen Don Faustino.‹
 ›Es gibt noch andere‹, sagte ein anderer Bauer. ›NurGeduld. Wer weiß, was wir noch erleben.‹
 ›Es mag Riesen geben und Zwerge‹, sagte der erste Bauer. ›Es mag Neger geben und seltene Tiere aus Afrika. Aber für mich wird es nie etwas geben, was an Don Faustino heranreicht. Aber jetzt wollen wir einen neuen haben! Vorwärts! Wir wollen einen neuen haben!‹ Die Säufer reichten Flaschen mit Anisschnaps und Cognac herum, sie hatten die Bar des Faschistenklubs geplündert, sie tranken den Schnaps wie Wein, und viele in den Reihen waren jetzt auch schon ein wenig betrunken, denn die Geschichte mit Don Benito, mit Don Federico, mit Don Ricardo und besonders mit Don Faustino hatte sie sehr aufgeregt, und dann hatten sie auf die Aufregung hin getrunken. Die, die nicht aus den Schnapsflaschen tranken, tranken Wein aus ledernen Schläuchen, die umhergereicht wurden, und einer reichte mir einen Weinschlauch, und ich nahm einen kräftigen Schluck und ließ den Wein aus der ledernen bota kühl in meine Kehle rinnen, denn auch ich war sehr durstig. ›Töten macht sehr durstig‹, sagte der Mann mit dem Weinschlauch zu mir.
  ›¡Qué va!‹ sagte ich. ›Warst du mit dabei?‹
 ›Vier haben wir umgebracht‹, sagte er stolz. ›Die civiles nicht eingerechnet. Ist es wahr, daß du einen der civiles erschossen hast, Pilar?‹
 ›Nicht einen einzigem, sagte ich. ›Als die Wand einfiel, habe ich genau wie die anderen in den Rauch hineingeschossen. Das ist alles. ‹
 ›Wo hast du die Pistole her,

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