Wem die Stunde schlaegt
Scheitel seines Kopfes, dort, wo die Glatze war, und so, den Kopf tief gebeugt und ihn mit beiden Händen schützend, rannte er los, die dünnen langen Haare, die die Glatze bedeckt hatten, flatterten nun zwischen seinen Fingern, schnell lief er durch die Doppelreihe, die Dreschflegel sausten auf seinen Rücken und seine Schultern nieder, bis er hinfiel und die Männer am Ende der Reihe ihn aufhoben und ihn über die Klippe warfen. Nicht ein einziges Mal machte er den Mund auf, von dem Augenblick an, da er aus der Tür kam, Pablos Schrotflinte im Rücken. Nur sich vorwärts zu bewegen fiel ihm schwer. Es war, als ob seine Beine ihm nicht gehorchten.
Nachher sah ich, daß an dem Ende der Reihen, am Rande der Klippe, die härtesten Burschen sich zusammenfanden, und ich ging von dort weg und ging zu der Arkade des Ayuntamiento , schob zwei Betrunkene beiseite und schaute zum Fenster hinein. In dem großen Saal des Ayuntamiento knieten sie alle im Halbkreis und beteten, und auch der Pfarrer kniete dort und betete mit ihnen. Pablo und einer namens Cuatro Dedos, der Vierfingrige, ein Flickschuster, der damals viel mit Pablo zusammen war, und noch zwei andere standen mit Schrotflinten dabei, und Pablo sagte zu dem Pfarrer: ›Wer geht jetzt?‹ Und der Pfarrer betete weiter und gab keine Antwort. ›Hör zu, du?‹ sagte Pablo mit heiserer Stimme. ›Wer geht jetzt? Wer ist jetzt bereit?‹
Der Pfarrer wollte nicht mit Pablo reden und tat so, als ob Pablo gar nicht da wäre, und ich sah, daß Pablo wütend wurde.
›Laß uns alle zusammen gehen‹, sagte Don Ricardo Montalvo, ein Grundbesitzer. Er hob den Kopf und hörte zu beten auf.
›¡Qué va!‹ sagte Pablo. ›Immer nur einer, wer gerade bereit ist.‹
›Dann gehe ich jetzt‹, sagte Don Ricardo. ›Später werde ich auch nicht mehr bereit sein.‹ Während er sprach, segnete ihn der Pfarrer, und als er aufstand, segnete er ihn noch einmal, ohne sein Beten zu unterbrechen, und dann reichte er Don Ricardo ein Kruzifix zum Kuß, und Don Ricardo küßte es, und dann wandte er sich zu Pablo und sagte: ›Und auch nie so bereit wie jetzt. Du cabrón vom schlechten Saft. Vorwärts!‹
Don Ricardo war ein kleiner Mann mit grauem Haar und einem dicken Nacken, und er hatte ein Hemd ohne Kragen an. Er war krummbeinig vom vielen Reiten. ›Lebt wohl‹, sagte er zu den Knienden. ›Seid nicht traurig. Sterben ist nichts. Das einzige Schlimme ist, daß man von den Händen dieser canalla stirbt. Rühr mich nicht an!‹ sagte er zu Pablo. ›Rühr mich ja nicht mit deiner Flinte an!‹
Er kam aus der Tür des Ayuntamiento , mit seinem grauen Haar und seinen kleinen grauen Äuglein, und sein Nacken sah sehr kurz und zornig aus. Er sah die Doppelreihe der Bauern und spuckte auf die Erde. Er konnte wirklich spucken, und das ist, wie du wissen müßtest, Inglés, unter solchen Umständen sehr selten, und er sagte: › ¡Arriba España! Nieder mit der sogenannten Republik, und ich sch... in den Saft eurer Väter!‹
Und weil er sie beleidigt hatte, schlugen sie ihn sehr schnell tot, schlugen auf ihn ein, sowie er die ersten Männer in den Reihen erreicht hatte, schlugen auf ihn ein, während er versuchte, mit erhobenem Kopf durch die Reihen zu gehen, schlugen auf ihn ein, bis er hinfiel, und hackten auf ihn los mit Messern und Sicheln, und viele Hände schleppten ihn an den Rand der Klippe, um ihn hinunterzuwerfen, und nun hatten sie Blut an den Händen und Kleidern, und nun fing das Gefühl an, daß die, die da herauskamen, wirklich Feinde waren, die man umbringen muß. Bis dahin, wo Don Ricardo so böse herauskam und die Leute beleidigte, hätte so mancher aus den Reihen viel darum gegeben, wenn er nicht hätte dabei sein müssen. Und wenn irgendeiner gerufen hätte: ›Komm, wir wollen die übrigen begnadigen. Sie haben jetzt ihre Lehre erhalten‹ – ich bin überzeugt, die meisten hätten zugestimmt.
Aber Don Ricardo hatte bei all seinem Mut den anderen einen sehr schlechten Dienst erwiesen. Er hatte die Männer wütend gemacht, und während sie vorher nur eine Pflicht erfüllt hatten, die ihnen wenig Spaß machte, wurden sie jetzt wütend, und man merkte gleich den Unterschied.
›Laßt den Pfarrer heraus, dann wird es schneller gehen!‹ rief einer.
›Laßt den Pfarrer heraus!‹
›Wir haben jetzt drei Diebe gehabt, jetzt wollen wir den Pfarrer haben.‹
›Zwei Diebe‹, sagte einer der Bauern, ein kleiner, untersetzter Mann, zu dem andern, der
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