Wem die Stunde schlaegt
eben gerufen hatte. ›Zwei Diebe waren es, und der Herr.‹
›Wessen Herr?‹ sagte der andere mit zornigem und rotem Gesicht.
›In der üblichen Redeweise heißt es der Herr.‹
›Mein Herr ist er nicht, nicht mal im Spaß‹, sagte der andere. ›Und du solltest achtgeben, was du redest, wenn du nicht auch Spießruten laufen willst.‹ ›Ich bin ein ebenso freiheitlicher Republikaner wie du‹, sagte der Kleine. ›Ich habe Don Ricardo auf den Mund gehauen. Ich habe Don Federico auf den Rücken gehauen. Don Benito habe ich verfehlt. Aber ich sage, Herr ist die ordentliche Redeweise, wenn man von dem Betreffenden redet, und es waren zwei Diebe.‹
›Ich – – – in den Saft deines Republikanismus! Wie du redest. Don hinten und Don vorn.‹
›Hier heißen sie so.‹
›Nicht bei mir, die cabrónes. Und dein Don... Hi! Hier kommt ein Neuer!«
Und das war nun ein schändlicher Anblick, denn der Mann, der jetzt aus der Tür des Ayuntamiento kam, das war Don Faustino Rivero, der älteste Sohn seines Vaters Don Celestino Rivero, eines Großgrundbesitzers. Er war groß und hatte blonde Haare, und das Haar war aus der Stirn gekämmt, denn er hatte immer einen Kamm in der Tasche, und bevor er herauskam, hatte er sich das Haar aus der Stirn gekämmt. Er war ein großer Frauenjäger und ein Feigling, und er wollte immer Stierkämpfer werden – nicht berufsmäßig, sondern aus Liebhaberei. Er trieb sich viel mit Zigeunern herum und mit Stierkämpfern und Stierzüchtern, und es machte ihm Spaß, sich wie ein Andalusier anzuziehen, aber er hatte keinen Mut, und alle machten sich über ihn lustig. Einmal sollte er in einem Amateur-Stierkampf auftreten, zugunsten des Altersheims in Ávila, und zu Pferd einen Stier töten, nach andalusischem Stil, den er lange geübt hatte, und als er sah, was für ein großer Stier das war, den sie ihm untergeschoben hatten an Stelle des kleinen, schwachbeinigen, den er sich selber ausgesucht hatte, da sagte er, ihm sei übel, und manche Leute behaupteten, er hätte sich drei Finger in den Hals gesteckt, um sich zu übergeben.
Als die Männer in den beiden Reihen ihn erblickten, fingen sie zu schreien an: › Hola, Don Faustino! Gib acht, daß du dich nicht übergibst.‹ ›Hör zu, Don Faustino! Unten am Fluß warten hübsche Mädchen auf dich.‹
›Einen Augenblick, Don Faustino! Wir bringen dir einen Stier, der noch größer ist, als der andere war.‹
Und einer rief: ›Hör zu, Don Faustino! Hast du schon einmal gehört, was Sterben heißt?‹
Er hielt sich immer noch recht tapfer. Er war immer noch in der Stimmung, die ihn veranlaßt hatte, den anderen zu erklären, daß er jetzt hinausgehe. Es war dieselbe Stimmung, die ihn damals veranlaßt hatte, sich für den Stierkampf zu melden, und die ihn glauben und hoffen ließ, aus ihm würde ein Matador werden. Jetzt begeisterte ihn das Beispiel Don Ricardos, und er sah schön und tapfer aus, wie er so dastand, und er verzog das Gesicht zu einer verächtlichen Miene. Aber er brachte kein Wort über die Lippen.
›Komm, Don Faustino!‹ rief einer der Bauern. ›Don Faustino, hier ist ein Stier, so groß, wie du noch keinen gesehen hast.‹
Don Faustino stand da und starrte die Männer an, und ich glaube, es war keiner in den Reihen, der mit ihm Mitleid hatte. Aber er sah immer noch schön und stolz aus. Aber die Zeit verging, und nur ein einziger Weg lag vor ihm.
›Don Faustino!‹ rief einer der Bauern. ›Worauf wartest du, Don Faustino?‹
›Er wird sich gleich übergeben‹, sagte ein anderer, und alle lachten.
›Don Faustino!‹ rief ein Bauer. ›Übergib dich, wenn es dir Spaß macht. Mir ist es egal.‹
Und während wir ihn beobachteten, wanderte sein Blick über die Reihen der Männer und über den Platz bis zur Klippe, und dann, als er die Klippe sah und dahinter das Nichts, drehte er sich plötzlich um und flüchtete zum Ayuntamiento zurück. Alle die Männer in den Reihen brüllten vor Lachen, und einer rief mit schriller Stimme: ›Wo läufst du hin, Don Faustino? Wo läufst du hin?‹
›Er geht kotzen‹, schrie ein anderer, und wieder lachten sie alle.
Dann sahen wir Don Faustino wieder herauskommen, und hinter ihm kam Pablo mit der Schrotflinte. Seine ganze Vornehmheit war weg. Der Anblick der Reihen hatte seine ganze Vornehmheit und seinen ganzen Typ zerstört, und jetzt ging er vor Pablo her, als ob Pablo eine Straße fegte und Don Faustino wäre der Kehricht, den er vor sich
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