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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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den Dreschflegeln hindurch, und nichts geschah. Er kam an zwei Männern vorbei, an vier Männern, an acht Männern, an zehn Männern, und nichts geschah, und er ging zwischen den Reihen hindurch, den Kopf erhoben, das fette Gesicht ganz grau, den Blick starr nach vorn gerichtet, er blickte geradeaus, und dann flackerte sein Blick nach links und nach rechts, und er ging mit festen Schritten weiter. Und nichts geschah. Jemand schrie von einem der Balkone: ›¿ Qué pasa, cobardes? Was ist los, Feiglinge?‹ und immer noch ging Don Benito durch die Reihen der Männer, und nichts geschah. Dann sah ich einen Mann, drei Männer von mir entfernt, und sein Gesicht zuckte, und er biß sich auf die Lippen, und seine Hände, die den Dreschflegel hielten, waren ganz weiß. Ich sah, wie er zu Don Benito hinschaute und ihn herankommen sah. Und immer noch geschah nichts. Dann, kurz bevor Don Benito bei diesem Mann angelangt war, riß der Mann seinen Dreschflegel in die Höhe, so daß er den Nebenmann traf, und versetzte Don Benito einen Schlag, der ihn an der Schläfe traf, und Don Benito sah ihn an, und der Mann schlug wieder zu und schrie: ›Das ist für dich, cabrón‹, und der Schlag traf Don Benito ins Gesicht, und er hielt die Hände vors Gesicht, und sie schlugen auf ihn los, bis er hinfiel, und der Mann, der als erster zugeschlagen hatte, rief den anderen zu, sie sollten helfen, und er packte Don Benitos Hemdkragen, und die anderen packten seine Arme, und sein Gesicht schleifte durch den Staub der Plaza, und so zerrten sie ihn über den Weg bis an den Rand der Klippe und warfen ihn in den Fluß hinunter. Und der Mann, der als erster zugeschlagen hatte, kniete am Rand der Klippe nieder, blickte ihm nach und sagte: ›Der cabrón! Der cabrón! Oh, der cabrón!‹ Er war ein Pächter Don Benitos, und sie hatten sich nie miteinander vertragen. Sie hatten sich um ein Stück Land am Fluß gestritten, das Don Benito diesem Mann weggenommen und an einen anderen verpachtet hatte, und dieser Mann haßte Don Benito seit langem. Er stellte sich nicht wieder in die Reihe, sondern blieb am Rand der Klippe sitzen und starrte zu der Stelle hinunter, wo Don Benito verschwunden war. Nach Don Benito kam erst mal keiner heraus. Auf dem Platz war es jetzt ganz still, denn alle warteten, wer als nächster herauskommen würde. Dann rief ein Betrunkener mit lauter Stimme: ›¡ Qué salga el toro! Laßt den Stier heraus!‹ Und dann schrie einer, der vor den Fenstern des Ayuntamiento stand: ›Sie rühren sich nicht! Sie beten!‹
 Ein anderer Betrunkener rief: ›Schleppt sie heraus! Vorwärts, schleppt sie heraus! Jetzt ist es aus mit dem Beten!‹
 Aber es kam keiner heraus, und dann sah ich einen Mann aus der Tür kommen.
 Es war Don Federico González, dem die Mühle gehörte und die Futtermittelhandlung, er war ein Faschist ersten Ranges. Er war groß und mager, und sein Haar war seitwärts über den Kopf gekämmt, um die Glatze zuzudecken, und er trug ein Nachthemd, das er in die Hose hineingestopft hatte. Er war barfuß, so wie man ihn aus der Wohnung weggeholt hatte, und er ging mit hocherhobenen Händen vor Pablo her, und Pablo preßte ihm die Läufe seiner Schrotflinte in den Rücken, bis Don Federico an der Doppelreihe angelangt war. Aber als Pablo von ihm wegging und zu der Tür des Ayuntamiento zurückkehrte, konnte Don Federico nicht weitergehen und stand da, die Augen zum Himmel verdreht und die Hände in die Höhe gestreckt, als wollte er den Himmel packen.
 ›Er hat keine Beine zum Gehen‹, sagte einer.
 ›Was ist los, Don Federico? Kannst du nicht gehen?‹ rief ihm einer zu. Aber Don Federico stand mit erhobenen Händen da, und nur seine Lippen bewegten sich.
 ›Vorwärts!‹ schrie Pablo von den Stufen her. ›Geh!‹ Don Federico stand da und konnte sich nicht rühren. Einer der Betrunkenen stieß ihn mit dem Stiel seines Dreschflegels in den Rücken, und Don Federico machte einen raschen Satz wie ein scheuender Gaul, aber dann blieb er wieder an derselben Stelle stehen, die Hände erhoben und den Blick zum Himmel gerichtet.
 Dann sagte der Bauer, der neben mir stand: ›Das ist schändlich. Ich habe nichts gegen ihn, aber dieses Schauspiel muß aufhören.‹ So ging er also die Reihe entlang und drängte sich bis zu Don Federico durch, sagte: ›Mit deiner Erlaubnis‹ und versetzte ihm mit einem Knüppel einen heftigen Schlag auf die Schläfe.
 Dann ließ Don Federico die Hände sinken und legte sie auf den

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