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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Ende des Saals zurück und blieben dort mit ihren Schrotflinten stehen.
 Ich sah, wie Pablo etwas zu Cuatro Dedos sagte, und er schob zwei Tische und zwei Bänke an das Ende des Saals, und das war wie eine Barrikade, hinter der die Wachtposten sich mit ihren Schrotflinten aufstellten. Pablo beugte sich wieder vor und klopfte dem Pfarrer mit dem Flintenlauf auf die Schulter, und der Pfarrer kümmerte sich nicht darum, aber ich sah, daß Don Pepe Pablo beobachtete, während die anderen sich um nichts kümmerten, sondern weiter beteten. Pablo schüttelte den Kopf, und als er sah, daß Don Pepe ihn anschaute, schüttelte er den Kopf zu Don Pepe hin, hob den Schlüssel in die Höhe und zeigte ihn Don Pepe. Und Don Pepe verstand ihn und ließ den Kopf sinken und fing schnell zu beten an. Pablo schwang sich vom Tisch herunter und ging zu dem großen Bürgermeisterstuhl auf der erhöhten Plattform hinter dem langen Beratungstisch. Dort setzte er sich hin und drehte sich eine Zigarette, und immerzu beobachtete er die Faschisten, wie sie mit dem Pfarrer beteten. Sein Gesicht war ganz und gar ausdruckslos. Der Schlüssel lag vor ihm auf dem Tisch. Es war ein großer, eiserner Schlüssel, über einen Viertelmeter lang. Dann sagte Pablo etwas zu den Wachtposten, was ich nicht hören konnte, und einer von ihnen ging zur Tür hin. Ich sah, wie sie jetzt alle noch schneller beteten, und ich wußte, daß sie jetzt alle Bescheid wußten.
 Pablo sagte etwas zu dem Pfarrer, aber der Pfarrer antwortete nicht. Dann beugte Pablo sich vor, nahm den Schlüssel und warf ihn, die Handfläche nach unten, dem Wachtposten an der Tür zu. Der Wachtposten fing ihn gut auf, und Pablo lächelte. Dann steckte der Wachtposten den Schlüssel in das Schlüsselloch, schloß auf, zog die Tür an sich heran und duckte sich hinter sie, während die Menge hineinstürmte.
 Ich sah sie hineinstürmen, und gerade da fing der Besoffene auf dem Stuhl neben mir zu schreien an. › Aj! Aj! Aj!‹ und schob den Kopf vor, so daß ich nichts sehen konnte, und dann schrie er: ›Bringt sie um! Bringt sie um! Schlagt sie tot! Bringt sie um!‹, und er stieß mich mit beiden Armen weg, und ich konnte gar nichts mehr sehen.
 Ich stieß ihn mit dem Ellbogen in den Bauch und sagte: ›Du besoffenes Schwein, wem gehört dieser Stuhl? Das möchte ich wissen!‹
 Aber er schüttelte nur immerzu die Fäuste vor dem Gitter und schrie: ›Bringt sie um! Schlagt sie tot! Schlagt sie tot! So ist's richtig! Schlagt sie tot! Cabrónes! Cabrónes! Cabrónes!‹
 Ich versetzte ihm einen heftigen Rückenstoß und sagte: › Cabrón! Besoffenes Schwein! Laß mich hineinschauen.‹
 Dann legte er beide Hände auf meinen Kopf, um mich hinunterzustoßen, damit er besser sehen konnte, und lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht auf meinen Kopf und schrie immerzu: ›Schlagt sie tot! So ist's recht! Schlagt sie tot!‹
 ›Schlag dich selber tot!‹ sagte ich und puffte ihn an einer Stelle, wo es ihm weh tun mußte, und es tat ihm auch weh, und er ließ meinen Kopf los und faßte sich an die Stelle und sagte: › No hay derecho, mujer. Dazu hast du kein Recht, Weib.‹ Und da blickte ich durch das Gitter, und da sah ich den Saal voller Menschen, die mit Knüppeln und Dreschflegeln drauflosschlugen und stachen und prügelten und stießen und die weißen, hölzernen Gabeln schwangen, die jetzt rot waren, und die Zinken waren abgebrochen, und so ging's im ganzen Saal zu, während Pablo auf dem großen Stuhl saß, die Schrotflinte auf den Knien, und zusah, und sie schrien und knüppelten und stachen drauf los, und Menschen schrien wie Pferde im Feuer. Und ich sah den Pfarrer mit aufgehobenen Röcken über eine Bank klettern, und die Verfolger hackten mit Sicheln und Rübenmessern auf ihn ein, und dann packte jemand sein Gewand, und ich hörte einen Schrei und noch einen Schrei, und ich sah, wie zwei Männer ihm die Sicheln in den Rücken schlugen, während ein dritter ihn am Gewand festhielt, und der Pfarrer warf die Arme hoch und klammerte sich an einer Stuhllehne fest, und dann zerbrach der Stuhl, auf dem ich stand, und wir beide, der Besoffene und ich, fielen aufs Pflaster, das nach verschüttetem Wein stank und nach Kotze, und der Besoffene drohte mir mit dem Finger und sagte: › No hay derecho, mujer, no hay derecho. Du hättest mir einen Schaden zufügen können‹, und die Menschen trampelten über uns weg, um in den Saal des Ayuntamiento zu kommen, und ich sah nichts als die Beine

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