Wem die Stunde schlaegt
hören«, sagte Maria in klagendem Ton. »Bitte, Pilar. Und erzähle es nicht, wenn ic h dabei bin, denn ich würde vielleicht hinhören, ohne es zu wollen.«
Ihre Lippen zuckten, und Robert Jordan glaubte, sie würde zu weinen beginnen.
»Bitte, Pilar, erzähle es nicht.«
»Sei unbesorgt, du geschorenes Köpfchen«, sagte Pilar. »Sei unbesorgt. Aber ich werde es bei Gelegenheit dem Inglés erzählen.«
»Aber ich will immer bei ihm sein, wenn er da ist«, sagte Maria. »Oh, Pilar, erzähle es überhaupt nicht.«
»Ich werde es erzählen, wenn du gerade zu tun hast.«
»Nein. Nein. Bitte nicht. Du sollst es gar nicht erzählen.«
»Es gehört sich, daß ich auch das erzähle, nachdem ich erzählt habe, was wir gemacht haben«, sagte Pilar. »Aber du wirst es nicht hören.«
»Gibt es keine angenehmen Dinge, über die man reden kann?« sagte Maria. »Müssen wir immer über scheußliche Dinge reden?«
»Heute nachmittag!« sagte Pilar. »Du und der Inglés! Ihr beide könnt reden, worüber ihr wollt.«
»Dann soll der Nachmittag schnell kommen!« sagte Maria. »Dann soll er geflogen kommen!«
»Er wird kommen«, sagte Pilar. »Er wird geflogen kommen und wird verfliegen, und auch der morgige Tag wird verfliegen.«
»Dieser Nachmittag!« sagte Maria. »Dieser Nachmittag! Dieser Nachmittag soll kommen!«
XI
Als sie hinaufkamen, noch tief im Schatten der Kiefern, nachdem sie von der hochgelegenen Wiese in das bewaldete Tal hinuntergestiegen und auf einem Pfad, der den Bach entlanglief, bergan gewandert waren und dann den Pfad verlassen hatten, um im steilen Anstieg die Höhe einer scharfkantigen Felsterrasse zu erklimmen, trat hinter einem Baum ein Mann mit einem Karabiner hervor.
»Halt!« sagte er. Und dann: » Hola, Pilar. Wen hast du da bei dir?«
»Einen Inglés «, sagte Pilar. »Aber er hat einen christlichen Vornamen – Roberto. Und was für eine Sauerei das ist, hier hinaufzuklettern!«
»Salud, camarada«, sagte der Posten zu Robert Jordan und hielt ihm die Hand hin. »Geht es dir gut?«
»Ja«, sagte Robert Jordan. »Und dir?«
»Ebenfalls«, erwiderte der Wachtposten. Er war noch sehr jung, schmächtig gebaut, mager, eine Hakennase im Gesicht, hohe Backenknochen und graue Augen. Er trug keinen Hut, sein Haar war schwarz und zottig und sein Händedruck kräftig und freundlich. Auch seine Augen blickten freundlich.
»Hallo, Maria!« sagte er zu dem Mädchen. »Bist du nicht zu müde geworden?«
»Qué va, Joaquín!« erwiderte das Mädchen. »Wir haben die meiste Zeit gerastet und geschwatzt.«
»Bist du der Dynamiter?« fragte Joaquín. »Wir haben von dir gehört.«
»Wir haben die Nacht in Pablos Lager verbracht«, sagte Robert Jordan. »Ja, ich bin der Dynamiter.«
»Wir freuen uns, dich kennenzulernen. Ist dein Dynamit für einen Zug bestimmt?« »Warst du bei der letzten Zuggeschichte mit dabei?« fragte Robert Jordan lächelnd.
»Ob ich dabei war?« fragte Joaquín. »Dort haben wir das da aufgeklaubt«, und er zeigte mit einem breiten Grinsen auf Maria. »Jetzt bist du hübsch«, sagte er zu Maria. »Hat man dir nicht gesagt, wie hübsch du bist?«
»Halt den Mund, Joaquín, und vielen Dank«, sagte Maria. »Du würdest auch ganz hübsch sein, wenn du dir das Haar schneiden ließest.«
»Ich habe dich getragen«, sagte Joaquín zu ihr. »Ich habe dich auf der Schulter getragen.«
»Wie so viele andere auch«, sagte Pilar mit ihrer tiefen Stimme. »Wer hat sie nicht getragen? Wo ist der Alte?«
»Im Lager.«
»Wo war er gestern nacht?«
»In Segovia.«
»Hat er Nachrichten mitgebracht?«
»Ja«, sagte Joacquin. »Wir haben Nachrichten.«
»Gute oder schlechte?«
»Ich glaube schlechte.«
»Habt ihr die Flugzeuge gesehen?«
»Ja«, sagte Joaquín und schüttelte dann den Kopf. »Rede mir nicht von Flugzeugen. Genosse Dynamiter, was sind das für Flugzeuge gewesen?«
»Heinkel-Bomber 111. Heinkel und Fiat-Jagdflugzeuge«, sagte Robert Jordan.
»Welche waren die großen mit den niedrigen Flügeln?«
»Heinkel 111.«
»Scheußliche Dinger, wie sie auch heißen!« sagte Joaquín. »Aber ich halte euch auf. Ich werde euch zu dem Kommandanten führen.« »Zum Kommandanten?« fragte Pilar.
Joaquín nickte mit ernster Miene. »Das gefällt mir besser als ›Chef‹«, sagte er. »Es klingt militärischer.«
»Du militarisierst dich ja ganz ordentlich«, sagte Pilar lachend.
»Nein«, sagte Joaquín. »Aber ich liebe
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