Wem die Stunde schlaegt
durchführen, denn erst in der Durchführung können sie sich als unmöglich erweisen. Woher weißt du, daß sie unmöglich sind, solange du sie nicht ausprobiert hast? Wenn jeder behaupten würde, die Befehle, die er erhält, seien unmöglich durchzuführen, wo kämen wir hin? Wo kämen wir alle hin, wenn jeder, der einen Befehl erhält, ganz einfach sagte: »Unmöglich«? Er hatte genug Kommandeure gesehen, für die alle Befehle undurchführbar waren. Dieses Schwein Gómez in Estremadura. Er hatte oft genug erlebt, daß während einer Attacke die Flanken nicht vorwärts marschierten, weil es »unmöglich« war. Nein, er wird seine Befehle durchführen, und sein Pech, daß er die Menschen gern hat, mit denen er sie durchführen muß.
Mit allem, was sie tun, die Partisanen, bringen sie den Menschen, die ihnen Obdach gewähren und mit ihnen arbeiten, nichts als neue Gefahr und Unglück. Wozu? Damit eines Tages alle Gefahr überwunden ist und die Menschen im Lande es besser haben. Das ist ganz richtig, wenn es auch noch so trivial klingt.
Wenn die Republik den Krieg verliert, wird in Spanien für ihre Anhänger kein Platz mehr sein. Ja, das wußte er auf Grund der Ereignisse in jenen Teilen des Landes, die die Faschisten bereits erobert hatten.
Pablo ist ein Lump, aber die anderen sind brave Leute, und heißt es nicht, sie alle verraten, wenn man sie zu diesem Abenteuer zwingt? Vielleicht. Aber es werden auf jeden Fall binnen einer Woche zwei Kavallerieschwadronen erscheinen und sie aus den Bergen vertreiben. Nein, es wäre nichts damit gewonnen, daß man sie in Frieden ließe. Abgesehen davon, daß man eigentlich alle Menschen in Frieden lassen und sich überhaupt nicht in ihre Angelegenheiten einmischen sollte. Ist das wirklich seine Überzeugung? Ja, es ist seine Überzeugung. Und wie steht es mit der sogenannten neuen Gesellschaftsordnung und allen diesen Dingen? Darum sollen sich die anderen kümmern. Er hat nach dem Krieg anderes vor. Er kämpft in diesem Krieg mit, weil er das Land liebt und an die Republik glaubt und der Überzeugung ist, ihr Untergang würde allen ihren Anhängern das Leben unerträglich machen. Für die Dauer des Krieges hat er sich der kommunistischen Disziplin unterworfen. Hier in Spanien sind die Kommunisten die diszipliniertesten Leute, und sie führen den Krieg auf die klügste und gesündeste Weise. Er unterwirft sich ihrer Disziplin für die Dauer des Krieges, weil sie, was die Kriegführung betrifft, die einzige Partei sind, deren Partei und Disziplin er respektieren kann...
Was hat er also für eine politische Anschauung? Gar keine, sagte er zu sich. Aber das darfst du niemandem verraten, dachte er. Gib es niemals zu! Und was wirst du nachher tun? Ich gehe nach Hause und gebe wieder spanischen Unterricht wie früher, und ich werde ein wahrheitsgetreues Buch schreiben. Bestimmt! Und es wird bestimmt sehr einfach sein.
Er wird sich mit Pablo über Politik unterhalten müssen. Es wäre sicherlich interessant, zu sehen, welche politische Entwicklung er durchgemacht hat. Wahrscheinlich die klassische Bahn von links nach rechts, wie der alte Lerroux. Pablo ist ein ganz ähnlicher Fall wie Lerroux, und Prieto ist ebenso schlimm. Pablo und Prieto glauben einer wie der andere nicht an den schließlichen Sieg. Sie machen Politik wie die Pferdediebe. Er, Robert Jordan, ist für die Republik als Regierungsform, aber die Republik wird diese Schar von Pferdedieben abschütteln müssen, die sie in die üble Lage gebracht haben, in welcher sie sich bei Ausbruch der Rebellion befand. Hat es je ein Volk gegeben, dessen Führer, so wie dieses Volkes Führer, seine schlimmsten Feinde waren? Volksfeinde. Dieses Schlagwort könnte er eigentlich weglassen. Das ist ein billiges Schlagwort, das er sich schenken wird. Das hat er nun dem Zusammensein mit Maria zu verdanken. Er ist in seinen politischen Anschauungen schon so bigott und engstirnig geworden wie ein hartgesottener Baptist, und phrasenhafte Ausdrücke wie »Volksfeind« schießen ihm einfach durch den Kopf, ohne daß er sie untersucht. Alle Arten von Klischees, revolutionäre und patriotische! Sein Hirn verwendet sie völlig kritiklos. Natürlich stimmen sie, aber sie rutschen einem zu leicht über die Zunge. Seit gestern abend und seit heute nachmittag sieht er diese Dinge viel klarer und reiner. Es ist sonderbar mit der Bigotterie. Um bigott zu sein, muß man die tiefe Überzeugung hegen, daß man recht hat, und nichts macht einen so
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