Wem die Stunde schlaegt
selbstsicher und selbstgerecht wie die Abstinenz. Abstinenz ist der Feind der Ketzerei.
Wie wird dieser Satz sich behaupten, wenn ich ihn überprüfe? Deshalb wahrscheinlich fallen die Kommunisten immer über das Bohemetum her. Wenn du dich betrinkst oder herumhurst oder Ehebruch begehst, gestehst du ein, daß du persönlich nicht unfehlbar bist, soweit es sich um das reichlich wandelbare Substitut für den Apostelglauben, die Parteilinie, handelt. Nieder mit dem Bohemetum, der Sünde Majakowskis!
Aber Majakowski ist wiederum ein Heiliger. Und zwar deshalb, weil er tot ist. Auch du wirst bald tot sein, und dann kann dir nichts mehr passieren. Hör nun auf mit diesem Zeug. Denk lieber an Maria.
Maria war eine arge Gefahr für seine Bigotterie. Bisher hatte sie ihn noch nicht in seiner Entschlossenheit wankend gemacht, aber er würde es doch vorziehen, nicht zu sterben. Er würde sehr gerne auf den Helden-oder Märtyrertod verzichten. Er hatte gar keine Lust, ein neues Thermopylae zu liefern oder ein Horatius zu sein an irgendeiner Brücke oder der Holländerjunge, der mit seinem Finger das Loch im Deich verstopft. Nein. Er würde gerne eine Zeitlang mit Maria leben. Ja, so ließ sich das am einfachsten ausdrücken. Er würde gerne lang, lang mit ihr beisammen sein. Er glaubte nicht, daß es so etwas wie »lange« überhaupt noch für ihn geben würde.
Eine Zeitlang. Lange. Leben. Wer weiß, ob es alle diese Begriffe überhaupt noch für ihn geben wird, aber wenn es sie geben wird, dann möchte er gerne mit Maria leben. Wir könnten uns wohl, dachte er, als Doktor Livingstone und Frau ins Hotelregister eintragen.
Warum nicht heiraten? Natürlich, dachte er, ich werde sie heiraten. Dann sind wir Mr. und Mrs. Robert Jordan aus Sun Valley in Idaho oder aus Corpus Christi in Texas oder aus Butte in Montana.
Spanische Mädchen werden hervorragende Ehefrauen. Ich habe noch nie eine gehabt, deshalb weiß ich es. Und wenn ich meine Anstellung an der Universität zurückbekomme, ist sie die Frau des Professors, und wenn die Studenten, die schon vier Semester Spanisch hinter sich haben, abends zu Besuch kommen, um Pfeife zu rauchen und die bekannten, äußerst wertvollen, zwanglosen Diskussionen über Lope de Vega, Galdós und die sonstigen, stets so bewunderungswürdigen großen Toten zu führen, kann Maria ihnen erzählen, wie einige der rechtgläubigen Kreuzfahrer und Blauhemden sich auf ihren Kopf setzten, während andere ihr die Arme verrenkten und ihr die Röcke aufhoben und sie ihr in den Mund stopften.
Ich möchte gerne wissen, wie Maria den Leuten in Missoula in Montana gefallen wird. Das heißt, wenn ich wieder eine Anstellung in Missoula bekomme. Wahrscheinlich bin ich dort ein für allemal als Roter abgestempelt und stehe auf der Schwarzen Liste. Obwohl man das eigentlich nicht wissen kann. Man kann das nie wissen. Sie können dir gar nichts beweisen, und in Wirklichkeit würden sie dir gar nicht glauben, wenn du ihnen erzählst, was du getan hast, und mein Paß war für Spanien gültig, bevor die einschränkenden Bestimmungen erlassen wurden. Erst im Herbst 1937 werde ich zurück sein müssen. Im Sommer 1936 bin ich weggegangen, und obgleich der Urlaub nur ein Jahr dauert, braucht man erst wieder da zu sein, wenn das nächste Herbstsemester beginnt. Bis zum Herbstsemester ist es noch lange hin. Auch bis übermorgen ist es noch lange hin, wenn du dich so ausdrücken willst. Nein. Ich glaube, wegen der Universität brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Du erscheinst einfach im Herbst, und die Sache ist in Ordnung. Du versuchst es einfach und erscheinst.
Aber nun hast du schon seit längerer Zeit ein recht sonderbares Leben geführt. Verdammt, wenn das nicht ein sonderbares Leben ist! Du hast dich schon früher mit Spanien beschäftigt, also ist es ganz natürlich und richtig, daß du jetzt in Spanien bist. Du hast dich im Sommer mit technischen Projekten beschäftigt, im Dienst der Forstverwaltung Straßen gebaut und Parkarbeiten verrichtet und dabei mit Pulver umgehen gelernt, so daß auch das Brückensprengen für dich eine gesunde und normale Tätigkeit ist. Immer ein bißchen eilig, aber solid.
Nimmst du das Brückensprengen als technisches Problem, dann ist's eben nur ein technisches Problem. Aber es hängen damit noch allerlei andere Dinge zusammen, die nicht so gemütlich sind, obgleich du sie, weiß Gott, recht leicht nimmst. Zum Beispiel der ständige Versuch, sich sukzessive den
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