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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Danach also hatte er gefragt: die Entschädigung für den ungeregelten Dienst. Hat Golz das auch erlebt, und steckt am Ende nichts anderes dahinter als der Zeitmangel, die Gehetztheit und die Umstände? Passiert das jedem Menschen, wenn er in eine ähnliche Lage gerät, und bildet er sich nur ein, daß es etwas Besonderes sei, weil es gerade ihm passiert? Hat Golz, als er in der Roten Armee berittene Freischärler kommandierte, in aller Eile herumgeschlafen, und sind ihm zufolge der Umstände und aller sonstigen Begleiterscheinungen die Mädchen genauso vorgekommen, wie nun ihm, Robert Jordan, das Mädchen Maria vorkommt?
 Wahrscheinlich wußte Golz auch in diesen Dingen Bescheid und wollte betonen, daß du dein ganzes Leben in zwei Nächte hineinpressen mußt, die dir geschenkt werden – daß du, so wie du jetzt lebst, alles das, was du eigentlich immer haben solltest, in den kurzen Zeitraum hineinpressen mußt, in dem du es haben kannst.
 Eine recht brauchbare Philosophie. Aber er wollte nicht glauben, daß Maria nur ein Geschöpf der Umstände sei. Es wäre denn, daß nicht nur seine, sondern auch ihre Umstände sie produziert haben. Einer dieser Umstände ist ja nicht gerade sehr schön, dachte er. Nein, nicht sehr schön. Wenn es so ist, dann ist es so. Aber es gibt kein Gesetz, das ihn zwingen könnte, es schön zu finden. Ich wußte nicht, daß ich solcher Gefühle fähig bin, wie ich sie jetzt empfinde, dachte er. Oder daß mir so etwas passieren könnte. Ich möchte es gern fürs ganze Leben haben. Du wirst es fürs ganze Leben haben, sagte sein anderes Ich. Du wirst es haben. Du hast es jetzt, und das ist dein ganzes Leben, das Jetzt. Es gibt für dich nichts anderes als das Jetzt. Weder ein Gestern noch ein Morgen. Wie alt mußt du werden, bevor du das begreifst? Es gibt nur das Jetzt, und wenn das Jetzt nur zwei Tage dauert, dann sind zwei Tage mein Leben, und alles, was in den zwei Tagen geschieht, wird danach aussehen müssen. So lebt man in zwei Tagen ein Leben. Und wenn du aufhörst, dich zu beklagen und das Unmögliche zu verlangen, dann wirst du ein gutes Leben haben. Ein gutes Leben mißt man nicht nach irgendeiner biblischen Spanne.
 Also grüble nicht, nimm, was du hast, tu deine Arbeit, und du wirst ein langes Leben haben und ein sehr lustiges. Ist es nicht in der letzten Zeit sehr lustig gewesen? Worüber beklagst du dich? Das ist eben das Gute bei dieser Arbeit, sagte er zu sich, und der Gedanke machte ihm Spaß: nicht so sehr das, was du lernst, als die Leute, die du triffst! Er war jetzt wieder vergnügt, weil er einen Scherz gemacht hatte, und er kehrte zu dem Mädchen zurück.
 »Ich liebe dich, Kaninchen«, sagte er zu ihr. »Was sagtest du?«
 »Ich sagte, daß du dir wegen deiner Arbeit keine Sorgen machen sollst, denn ich werde dich nicht belästigen und mich gar nicht einmischen. Und wenn ich dir helfen kann, dann wirst du mir's sagen.«
 »Du brauchst mir nicht zu helfen«, sagte er. »Es ist eigentlich sehr einfach.«
 »Ich werde Pilar fragen, was man tun muß, um gut für einen Mann zu sorgen, und das werde ich tun. Und mit der Zeit werde ich selber allerlei entdecken, und manches wirst du mir sagen.« »Du hast gar nichts zu tun.«
 » Qué va, Mann, gar nichts! Morgens müßte man deinen Schlafsack ausschütteln und lüften und in die Sonne hängen und ihn dann, bevor der Nachttau fällt, an einen geschützten Ort bringen.«
 »Weiter, Kaninchen.«
 »Deine Socken müßten gewaschen und getrocknet werden. Ich würde dafür sorgen, daß du zwei Paar hast.«
 »Was noch?«
 »Wenn du es mir zeigst, werde ich deine Pistole putzen und ölen.«
 »Küß mich«, sagte Robert Jordan.
 »Nein, das ist mein Ernst. Wirst du mir zeigen, wie man die Pistole putzt? Pilar hat Putzfetzen und Öl, und in der Höhle haben wir einen Putzstock, der wird gerade passen.«
 »Ja, ich werde es dir zeigen.«
 »Und wenn du mir dann zeigst, wie man mit ihr schießt, dann könnte jeder den andern oder sich selbst erschießen, wenn man verwundet ist und nicht in Gefangenschaft geraten will.«
 »Sehr interessant«, sagte Robert Jordan. »Hast du viele solche Ideen?«
 »Nicht viele«, sagte Maria. »Aber es ist eine gute Idee. Schau, das hat mir Pilar gegeben, und sie hat mir gezeigt, wie man es anwendet...« Sie öffnete die Brusttasche ihres Hemdes, holte ein Lederfutteral hervor, in dem man Taschenkämme verwahrt, entfernte ein breites Gummiband, das über beide Enden lief, und zog

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