Wen das Feuer verbrennt (German Edition)
ihre Beine im Sitzen genau zwischen die beiden Kutschwände
passten. So war es tatsächlich um einiges bequemer und sie würde
beim nächsten Schlagloch nicht vom Sitz fallen.
Ravenna hatte sich im
Vorfeld der Reise viele Gedanken darüber gemacht, wie sie es zehn
Stunden lang auf engstem Raum mit dem Duke nur aushalten sollte. Mit
Bauchschmerzen dachte sie an das bevorstehende Abenteuer.
Als ob Johann ihr
Unbehagen gespürt hätte, erzählte er ihr von sich aus, dass der
Duke meistens versuchte die Reise zu verschlafen, um einigermaßen
ausgeruht in London anzukommen, wo er sich oftmals schon am ersten
Abend mit Geschäftspartnern traf. Ravenna täte gut daran, seinem
Beispiel zu folgen, riet er ihr.
Guten Mutes war Ravenna
zum Duke in die Kutsche gestiegen und dieser verhielt sich genauso
wie Johann es vorausgesagt hatte. Das einzige was er verschwiegen
hatte war, dass der Duke einen Degen und eine Steinschloßpistole
griffbereit neben sich liegen hatte.
Ravenna griff automatisch
in die Innentasche ihres Rockes und suchte nach dem kühlen Griff
ihres kleinen Dolches, den sie immer bei sich trug. Sie wußte sehr
gut damit umzugehen. Ihr Vater hatte dafür gesorgt, dass sie sowohl
mit einem Messer als auch mit einem Degen umgehen konnte.
Immer wieder döste
Ravenna während der Fahrt ein. Die Schlaglöcher ließen sie jedoch
nicht richtig in den Schlaf kommen. Der Duke hingegen lag entspannt
auf seiner Pritsche. Er hatte sich seinen Dreispitz übers Gesicht
gelegt und schnarchte bisweilen laut und durchdringend.
Eine braungebrannte Hand
ruhte auf seiner weißen Hemdbrust. Selbst seine Hände sind schön,
dachte Ravenna. Er hatte lange, sehnige Finger mit wohlgeformten,
sauber geschnittenen Fingernägeln. Es waren Hände die fest zupacken
- aber sicher auch zärtlich streicheln konnten.....
Die lange Kutschfahrt
wurde nur zweimal unterbrochen, als sie an Raststationen etwas aßen
und danach gleich wieder weiter fuhren.
Der Duke verdöste auch
die zweite Hälfte der Fahrt, während Ravenna vor Langeweile fast
starb. Als sie sich endlich London näherten war sie so müde und
kaputt, dass sie kaum mehr die Augen offen halten konnte. Ganz im
Gegenteil zum Duke, der kurz vor London frisch und ausgeruht seine
Stiefel anzog. Ravenna beugte sich steif nach vorne und versuchte
ihre Schuhe anzuziehen ohne dabei zu ächzen. Doch der Duke hatte ein
sehr feines Gehör.
„Gut geschlafen?“
fragte er leicht amüsiert.
Ravenna war sauer. Er
hatte sie zehn Stunden lang nicht beachtet! Kaum ein Wort mit ihr
gewechselt. Sie fühlte sich müde und elend.
Sie ließ sich dennoch
nichts anmerken, folgte ihm schließlich in das große Haus, wo er
mehrere Öllampen im Flur und im kleinen Salon anzündete. Ravenna
schaute sich interessiert um. Auch dieses Haus war wie Manor Garden
nur mit den feinsten Möbeln ausgestattet. Der Duke zog seinen Rock
aus, warf ihn achtlos auf einen mit Brokat überzogenen Sessel. Er
zündete im Kamin ein Feuer an. Erst jetzt bemerkte Ravenna, wie kühl
es im Haus war.
Sie hörte wie Webbster
und William mit den Gepäckstücken die Treppen hoch polterten. Sie
kam sich nutzlos vor.
„Kann ich irgendetwas
tun?“ fragte sie höflich.
Der Duke schüttelte den
Kopf.
„Geht und ruht Euch
aus. Ich brauche Euch heute Abend nicht mehr. Der Tag morgen wird
sehr anstrengend werden. Wir haben jede Menge Dinge zu erledigen!“
In den nächsten Tagen
hatte Ravenna kaum Zeit zum Nachdenken. Ihre Suche nach den richtigen
Anlaufstellen für Fachleute und Materialien für das zu bauende
Wasserklosett von Alexander Cummings führte sie kreuz und quer durch
London. Die Funktionsweise des Klosetts war klar, nicht aber die
Materialien. Es mussten langlebige und gleichzeitig kostengünstige
Baumaterialien sein, damit sich das Wasserklosett auf dem Markt
durchsetzen konnte. Auch das Design war dem Duke ein großes
Anliegen. Es begann ein wahrer Suchmarathon nach den richtigen
Fachleuten, Baumeistern, Künstlern, Manufakturen, Fabriken und
Handwerkshöfen. Material musste gesichtet, erklärt und auf
Tauglichkeit geprüft werden. Das schlimmste jedoch war der
Papierkrieg für die Patentierung. Ravenna hatte irgendwann aufgehört
die vielen Schreiben und Anträge zu zählen, die der Duke ihr
diktierte.
Insgesamt mussten sieben
verschiedene königliche Ämter hierfür beauftragt und bezahlt
werden. Die Patentierung für ganz England kostete ein Vermögen. Für
die schnellere Bearbeitung legte der Duke noch einiges
Weitere Kostenlose Bücher