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Wen der Rabe ruft (German Edition)

Wen der Rabe ruft (German Edition)

Titel: Wen der Rabe ruft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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her. Sie ist auf seinen Namen eingetragen.«
    »Trotzdem kann man sie doch bestimmt irgendwie loswerden. Vergrab sie.«
    »Damit irgendein Kind sie findet?«
    »Hier will ich sie jedenfalls nicht haben.«
    »Ich lasse mir was einfallen«, hatte Adam versprochen. »Aber bei ihm kann ich sie nicht lassen. Nicht im Moment.«
    Adam wollte sie heute Nacht nicht mitnehmen, nein.
    Aber er wusste auch nicht, welche Opfer er würde bringen müssen.
    Er überprüfte, ob der Abzug gesichert war, und steckte sie in seine Tasche. Dann stand er auf, drehte sich zur Tür um und konnte im letzten Moment einen erschrockenen Ausruf unterdrücken. Direkt vor ihm stand Noah, die hohlen Augen auf einer Höhe mit Adams, die eingeschlagene Wange auf einer Höhe mit Adams zerstörtem Ohr, seine Lippen, über die kein Atemhauch kam, Zentimeter von Adams entfernt, der die Luft anhielt.
    Ohne Blue, die ihn stärker machte, ohne Gansey, der ihn menschlicher machte, ohne Ronan, der machte, dass er dazugehörte, war Noah ein beängstigendes Wesen.
    »Wirf es nicht weg«, flüsterte Noah.
    »Ich gebe mir Mühe«, antwortete Adam und griff nach seiner Umhängetasche. Die Pistole darin verlieh der Tasche ein ungewohntes Gewicht. Ich habe nachgesehen, ob der Abzug gesichert ist, oder? Ja, habe ich. Ich weiß, dass ich das habe.
    Als er sich wieder aufrichtete, war Noah verschwunden. Adam ging durch die schwarze, eisige Luft an der Stelle, wo er kurz zuvor noch gestanden hatte, und öffnete die Tür. Dort lag Gansey, zusammengerollt auf seinem Bett, Kopfhörer in den Ohren, die Augen geschlossen. Selbst auf einem Ohr konnte Adam die blecherne Musik hören, die Gansey Gesellschaft geleistet, ihn in den Schlaf gewiegt hatte.
    »Das ist kein Verrat«, dachte Adam. »Wir machen das immer noch zusammen. Aber wenn ich zurückkomme, sind wir endlich auf Augenhöhe.«
    Sein Freund regte sich nicht, als er aus der Tür schlüpfte. Er ging und das einzige Geräusch, das er hörte, war das Flüstern des Nachtwinds in den Bäumen von Henrietta.

42
    A ls Gansey in der Nacht erwachte, schien ihm der Vollmond ins Gesicht.
    Dann, als er die Augen abermals öffnete und richtig wach wurde, wurde ihm klar, dass da gar kein Mond war – die wenigen Lichter Henriettas wurden in matten Lilatönen von einer niedrigen Wolkendecke reflektiert und an den Fenstern hingen Regentropfen.
    Der Mond schien nicht, aber irgendein Licht hatte ihn geweckt. In der Ferne glaubte er, Noahs Stimme zu hören. Die Härchen auf seinen Armen stellten sich langsam auf.
    »Ich kann dich nicht verstehen«, flüsterte er. »Tut mir leid. Kannst du das noch mal lauter sagen, Noah?«
    Nun hob sich auch der Flaum in seinem Nacken. Eine weiße Atemwolke hing in der plötzlich erkalteten Luft vor seinem Mund.
    Noahs Stimme sagte: »Adam.«
    Gansey sprang aus dem Bett, aber er kam zu spät. Adam war nicht in Noahs altem Zimmer. Seine Sachen waren überall verstreut. Er hatte gepackt, er war fort. Nein, halt – seine Kleider waren noch da. Er hatte nicht für immer verschwinden wollen.
    »Ronan, steh auf«, sagte Gansey und stieß Ronans Tür auf. Ohne eine Reaktion abzuwarten, öffnete er die Wohnungstür und lehnte sich ins Treppenhaus, um aus dem zerbrochenen Fenster zu spähen, das auf den Parkplatz hinausging. Draußen regnete es noch immer, ein feines Nieseln, das die Beleuchtung der weiter entfernten Häuser mit Lichthöfen umgab.
    In gewisser Weise hatte er bereits gewusst, was er sehen würde, aber die Realität war trotzdem ein Schock: Der Camaro stand nicht mehr auf dem Parkplatz. Wahrscheinlich war er für Adam leichter kurzzuschließen gewesen als Ronans BMW. Vermutlich war es das Röhren des Motors gewesen, das Gansey geweckt hatte, und das Mondlicht nur eine Erinnerung an das letzte Mal, als er mitten in der Nacht aufgewacht war.
    »Mann, Gansey, was ist denn?«, schimpfte Ronan. Er stand in der Wohnungstür und rieb sich den Hinterkopf.
    Gansey wollte es nicht sagen. Wenn er es laut aussprach, wurde es Realität, dann war es wirklich passiert. Dann hatte Adam es wirklich getan. Wenn es Ronan gewesen wäre, hätte es nicht so geschmerzt, von ihm hätte er so etwas erwartet. Aber nicht von Adam. Adam.
    Ich habe es ihm doch gesagt. Ich habe gesagt, wir müssen warten. Das muss er doch verstanden haben.
    Gansey versuchte, die Situation aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten, aber keiner davon verringerte den Schmerz. Irgendetwas in ihm zerbrach immer weiter.
    »Was ist los?« Ronans Ton

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