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Wen der Rabe ruft (German Edition)

Wen der Rabe ruft (German Edition)

Titel: Wen der Rabe ruft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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drin.« Die Art, wie sie sich dabei einen Finger gleich unterhalb ihres Kiefers auf den Puls drückte, verriet Blue jedoch, dass ihre Mutter nicht ihre Stimmen meinte. Sondern etwas, das sie nur in ihrem Kopf hören konnte. Auch Persephone hatte das Gesicht verzogen.
    »Soll ich lieber gehen?«, bot Blue an, obwohl das das Letzte war, was sie wollte.
    Gansey verstand es falsch und fragte: »Warum solltest du gehen?«
    »Sie macht die Dinge lauter für uns«, erklärte Maura und sah jeden im Raum stirnrunzelnd an, als versuchte sie, einen Sinn in das Ganze zu bringen. »Und ihr drei seid so schon … sehr laut.«
    Blues Haut fühlte sich warm an. Sie schien sich aufzuheizen, wie eine Stromleitung, die die Funken aller anderen im Raum weitertrug. Was verbargen diese drei Raven Boys unter ihrer Haut, das so eine ohrenbetäubende Wirkung auf ihre Mutter hatte? Waren sie es alle gemeinsam oder war es Gansey allein, dessen Energie den Countdown für seinen Tod herausschrie?
    »Wie meinen Sie das, sehr laut?«, fragte Gansey. Er war, dachte Blue, ganz klar der Anführer dieses kleinen Rudels. Die anderen sahen immer wieder zu ihm hin, auf der Suche nach Hinweisen, wie sie die Situation zu interpretieren hatten.
    »Ich meine, dass eure jeweiligen Energien etwas an sich haben, das sehr …« Maura brach ab, offenbar nicht mehr interessiert an ihrer eigenen Erklärung. Sie wandte sich Persephone zu. Blue erkannte den Blick, den die beiden wechselten. Er besagte: Was geht hier vor sich? »Wie sollen wir das angehen?«
    Als sie den Tonfall ihrer Mutter hörte, so abwesend und vage, zog Blues Magen sich nervös zusammen. Maura schien komplett aus dem Konzept gebracht. Schon wieder schien eine Sitzung sie zu etwas zu drängen, das ihr Unbehagen bereitete.
    »Einen nach dem anderen?«, schlug Persephone mit kaum hörbarer Stimme vor.
    Calla sagte: »Einzelkarten. Es geht nicht anders – oder zwei von ihnen müssen gehen. Sie sind einfach zu laut.«
    Adam und Gansey sahen sich an. Ronan zupfte an den Lederbändchen um sein Handgelenk. »Was heißt das?«, erkundigte sich Gansey. »Was ist der Unterschied zu einer normalen Sitzung?«
    Calla sprach weiter mit Maura, als hätte er gar nichts gesagt. »Es spielt keine Rolle, was sie wollen. So ist es nun mal. Entweder machen wir es auf diese Weise oder gar nicht.«
    Maura presste sich noch immer den Finger unter den Kiefer. Sie erklärte Gansey: »Das bedeutet, jeder von euch zieht nur eine einzige Karte aus dem Tarotsatz und wir interpretieren sie.«
    Gansey und Adam führten eine vertrauliche Unterredung allein mit den Augen. So etwas kannte Blue bislang nur von ihrer Mutter und Persephone oder Calla und sie hatte nicht geglaubt, dass irgendjemand anderes überhaupt dazu fähig wäre. Irgendwie machte es sie seltsam eifersüchtig; sie wollte auch so etwas, eine so starke Verbindung mit jemandem, dass Worte unnötig waren.
    Adam nickte knapp als Antwort auf Ganseys unausgesprochene Frage und Gansey sagte: »Wenn Sie sich damit am wohlsten fühlen.«
    Persephone und Maura überlegten einen Augenblick, auch wenn es nicht schien, als fühlten sie sich gerade überhaupt mit irgendetwas wohl.
    »Warte«, sagte Persephone, als Maura ihre Karten hervorholte. »Lass Blue sie austeilen.«
    Es war nicht das erste Mal, dass Blue darum gebeten wurde. Manchmal, bei schwierigen oder besonders wichtigen Sitzungen, wollten die Frauen, dass Blue den Kartensatz als Erste berührte, um die Botschaften zu verstärken, die er enthalten mochte. Dieses Mal war ihr die Aufmerksamkeit der Jungen überdeutlich bewusst, als sie die Karten von ihrer Mutter entgegennahm. Um die drei in die richtige Stimmung zu versetzen, mischte sie den Satz auf recht dramatische Art und Weise. Was Kartentricks anging, war sie ziemlich gut, solange dafür kein hellseherisches Talent vonnöten war. Während die Jungs beeindruckt zusahen, wie sie die Karten hin- und herschnellen ließ, dachte Blue bei sich, dass sie eine hervorragende Wahrsager-Betrügerin abgeben würde.
    Niemand meldete sich freiwillig, um anzufangen, also hielt sie die Karten als Erstes Adam hin. Er sah ihr in die Augen und hielt den Blickkontakt für einen Moment. Sein Verhalten hatte etwas Forsches, Eindringliches an sich und ließ ihn angriffslustiger wirken als an dem Abend, als er sie angesprochen hatte.
    Adam wählte eine Karte und zeigte sie Maura.
    »›Die Zwei der Schwerter‹«, sagte sie und Blue vernahm deutlich den Henrietta-Akzent ihrer Mutter,

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