Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Titel: Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
gegangen.«
    Kincaid wartete noch auf den Tag, an dem ein Leichenfund Kate Ling aus der Fassung bringen würde. Sie sparte sich ihr Mitgefühl für die Lebenden auf, und er erinnerte sich an ihren liebenswürdigen und taktvollen Beistand, als Gemma ihr Baby verloren hatte. »Kann man wohl sagen«, antwortete er. »Dieser arme Kerl war immerhin in zwei Morde verwickelt.«
    »Halten Sie ihn für den Täter?«, fragte Kate, während das Blitzlicht der Kamera durch den Raum zuckte.
    »Es würde das hier erklären.« Doch Kincaid war sich keineswegs sicher, ob er an dieseVersion glaubte. Es hatte Skrupellosigkeit und eine hohe Risikobereitschaft erfordert, Kristin Cahill und Harry Pevensey zu ermorden, und er war sich nicht sicher, ob diese beiden Eigenschaften mit dem Entschluss vereinbar waren, sich das Leben zu nehmen, sei es ausVerzweiflung,Angst oder Schuldbewusstsein.
    »Haben Sie alles im Kasten, Joe?«, fragte Kate den Fotografen.
    »Noch ein paar, Doc.« Der Fotograf schoss noch einige Aufnahmen
aus verschiedenen Blickwinkeln und nickte dann. »So, jetzt gehört er Ihnen.«
    »Okay, dann wollen wir ihn mal runterholen«, rief Kate den Mitarbeitern des Leichenschauhauses zu, die mit ihr gekommen waren. Dann schlüpfte sie in ihren Overall.
    Die Assistenten trugen bereits ihre Schutzkleidung, und sie hatten eine Klappleiter mitgebracht – Kincaid fand, dass sie wie Anstreicher aussahen. Und wie Anstreicher breiteten sie zunächst mit geübten Bewegungen eine Folie auf dem Boden aus, ehe sie sich an die Arbeit machten.
    Kincaid beneidete sie nicht um ihren Job. Der eine stieg auf die Leiter, und während Kate und der andere Helfer Dom Scotts Leichnam ein Stück anhoben, um die Spannung von dem selbst gebastelten Strick zu nehmen, band er ihn vom Deckenbalken los. Dann betteten Kate und ihr Partner den Toten behutsam auf die Folie.
    »Gut aussehender Bursche«, meinte sie, während sie das von angestautem Blut aufgequollene Gesicht studierte. »Und einen guten Krawattengeschmack hatte er auch.« Sie berührte das Seidengewebe mit einer behandschuhten Fingerspitze. »Hermès. Für eine von denen würden Sie ein komplettes Monatsgehalt hinlegen.«
    Kincaid hob fragend eine Braue, ebenso erstaunt über ihre Beschlagenheit in Sachen Herrenmoden wie über ihre Einschätzung seines Monatseinkommens, doch sie zuckte nur leicht mit dem Mundwinkel. Er wusste nichts über ihr Privatleben, nur dass sie nicht verheiratet war – oder wenn, dann trug sie jedenfalls keinen Ring.
    Sein Blick fiel wieder auf die Krawatten, und er fragte sich, ob ihre Zweckentfremdung Dom Scotts letzten Akt der Rebellion gegen seine Mutter darstellte: Sie hatte ihren Sohn aufgefordert, sich fertig zu machen, ob es ihm passte oder nicht, als wäre er ein trotziges Kind, und er hatte mit der endgültigen Verweigerung reagiert.

    »Er hat gekämpft«, sagte Kate, indem sie Doms Hände anhob und die Fingerspitzen inspizierte. »Das machen sie meistens, wenn sie sich erdrosseln, anstatt das Genick zu brechen. Sehen Sie, hier sind kleinere Verletzungen zu erkennen und eingerissene Fingernägel, und hier« – sie berührte die Seidenkrawatte an seinem Hals – »sind ein paar kleine Risse im Stoff.«
    Kincaid verzog unwillkürlich das Gesicht, und Kate warf ihm einen fragenden Blick zu. »Hatten Sie denn vor dieser Sache schon einmal mit ihm zu tun?«
    »Ja.Wir haben ihn zweimal vernommen.«
    »Das macht es immer schwerer«, meinte sie. »Zum Glück habe ich dieses Problem eher selten.Wenigstens scheinen keine autoerotischen Praktiken im Spiel gewesen zu sein. Er hat die Hose anbehalten. Aber ich habe auf jeden Fall schon entschlossenere Selbstmörder gesehen.« Sie blickte auf. »Das war kein besonders guter Knoten. Und auch kein sehr tiefer Fall. Und das mit den Krawatten war recht einfallsreich, aber wenn er wirklich fest entschlossen gewesen wäre, hätte er ein Kabel genommen, etwa von einer Lampe.Wenn Sie meine Meinung als Expertin wissen wollen – ich würde sagen, es hat einige Minuten gedauert, bis er tot war.«
    »Seine Mutter war hier im Haus. Er hatte vielleicht die vage Hoffnung, dass sie ihn finden würde.«
    »Tja, die Spekulationen sind Ihr Job«, erwiderte Kate. »Wir wollen mal sehen, was ich Ihnen mit Sicherheit sagen kann.« Sie schob die offenen Manschetten von Doms Hemd hoch und drehte seine Unterarme um. »Ah. Sehen sie sich das mal an.« Sie fuhr mit dem Finger die schwachen weißen Striche nach, die sich über die blasse, glatte

Weitere Kostenlose Bücher