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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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wenigstens.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Denn sobald wir uns nähern, werden die Germanen in den Wald verschwinden und die Gefangenen mitnehmen oder sie vorher umbringen. Sie werden Cella nicht den Gefallen tun und ihm die Schlacht liefern, die er sich wünscht. Das ist nicht ihre Kampfesweise.«
    »Was dann, Durano?«, fragte ich ein wenig verärgert. »Wie sollen wir sie anders finden?«
    »Überzeuge Julian, mich heute Nacht nach ihnen suchen zu lassen. Mich und noch drei Mann. Mehr brauche ich nicht.«
    Nach kurzem Nachdenken sah ich ein, dass sein Vorschlag vernünftig war. Ich blickte ihm fest in die Augen und sagte: »Und ich komme mit.«
    Er musterte mich prüfend. »Du wirst vielleicht den Tod finden«, gab er zu bedenken.
    »Glaubst du, das kümmert mich? Sie haben Marcellus, oder er ist vielleicht schon tot.«
    Er nickte bedächtig. »Dann sprich mit Julian. Er vertraut dir. Mich kennt er gar nicht. Überzeuge ihn. Aber beeil dich. Es dämmert bereits.«
    Und so kam es, dass wir uns bei Einbruch der Dunkelheitauf den Weg machten – Durano mit seinen drei Männern, einer der alemannischen Kundschafter und ich.
    Auf Duranos Beharren hatten wir die schwere Rüstung und das Schwert im Lager gelassen und trugen nur unsere lederne Tunika und den Dolch. Schwere Ausrüstung hätte uns nur gebremst, und worauf es jetzt ankam, waren Schnelligkeit und das Überraschungsmoment.
    Die grauen Wolken, die seit unserer Rheinüberquerung über dem Wald gehangen hatten, waren aufgerissen und wurden von einem frischen Ostwind davongetrieben. Der Kundschafter, der ein schlichtes, fehlerhaftes Latein sprach, sagte, er habe unweit der Stelle, wo Severus gefallen war, ein Rinnsal gesehen. Wenn wir dem folgten, würden wir zu einem Bach gelangen und an seinem weiteren Verlauf vermutlich eine Siedlung finden.
    Wir zogen weiter, bewegten uns vorsichtig und schauten wachsam nach allen Seiten. Irgendwann blieb der Kundschafter stehen und gab uns ein Zeichen, still zu sein. Schweigend spähte er über den dunklen Boden, wie ein Hund an einer Fährte Witterung aufnimmt. Dann nickte er und führte uns von der eingeschlagenen Richtung weg eine Böschung hinauf. Bald kamen wir zu einer farnbewachsenen Felsnase. Der Kundschafter blieb stehen; dann kletterte er zur Spitze hinauf, schob die Farne auseinander und deutete auf die sprudelnde Quelle darunter.
    Eine halbe Meile weit liefen wir an dem Wasserlauf entlang bis zu einer Stelle, wo er in einen flachen, steinigen Bach mündete. Diesem folgten wir am Grund einer Schlucht nach Osten.
    Ich kannte Duranos Männer nicht, und bei unserem eiligen Aufbruch hatten wir uns nur flüchtig bekannt machen können. Sie waren eng miteinander verbunden, Gereon, Pallas und Phormio, und hatten schon viele gemeinsame Kämpfe hinter sich. Ich war der Fremde; sie betrachteten mich misstrauisch und akzeptierten mich nur, weil Durano mir vertraute. Ichkonnte das gut verstehen. In solch einer Lage, wo das Leben vom Verhalten des nächsten Kameraden abhängt, hält ein Soldat sich an die, die er kennt. Unter anderen Umständen hätte ich mich von ihnen zurückgezogen und sie ihren Auftrag ausführen lassen. Doch mich hatte eine Wut gepackt und trieb mich voran, oder es war ein Gott. Wie auch immer, ich war nicht in der Stimmung, darüber nachzudenken. Ich wusste nur, dass ich mich nicht verscheuchen lassen wollte.
    Die Nachtstunden vergingen. Der Mond zog über den Himmel und sandte kalte blaue Lichtstrahlen durch die Lücken im Blätterdach.
    Der Wasserlauf, dem wir folgten, wurde von Rinnsalen gespeist und verbreiterte sich allmählich. Nach einiger Zeit veränderte sich das Terrain, und wir sahen die ersten Anzeichen menschlichen Tuns – Sägespuren an einem Baumstumpf, einen Pfad mit Maultierspuren und dann voraus auf einem Hügel zwischen Bäumen ein Getreidefeld.
    Wir gingen bis an den Rand der Bäume und duckten uns in den Schatten der Stämme. Der Kundschafter flüsterte Gereon in seiner Muttersprache etwas zu.
    »Was ist?«, fragte Durano von hinten.
    »Holzrauch«, antwortete Gereon. »Man riecht Holzrauch.«
    Ich schnupperte. Zuerst roch ich nichts außer Leder und Schweiß. Aber dann regte sich der Wind, und ich nahm den beißenden Geruch wahr. Eine Eule schrie. Irgendwo schlug ein Hund an und heulte in die Nacht hinaus. Wir horchten erschrocken. Durano flüsterte: »Das gilt nicht uns. Wir nähern uns gegen den Wind. Vermutlich hat er einen Fuchs gewittert. Bewegt euch jetzt vorsichtig. Die

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