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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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Siedlung muss sehr nah sein.«
    Langsam rückten wir vor. Hinter dem Kamm ging es steil hinunter in eine Senke voller Haselbüsche. An ihrem Grund befand sich ein Darrofen, der gemächlich vor sich hin rauchte; daneben stand eine Wachhütte.
    »Bleibt geduckt!«, flüsterte Durano. Er winkte Pallas undPhormio weiterzugehen und den Platz auszukundschaften, und so stiegen sie außerhalb des Blickwinkels der Hüttentür den Hang hinunter. Unten angekommen verharrten sie kurz, zogen ihre Dolche und schlichen sich von hinten an. Jeder bog an einer anderen Seite um die Hütte, bis sie hineinschauen konnten. Dann drehte Phormio sich um und hob den Arm, um uns heranzuwinken. Die Hütte war leer.
    Als ich den Hang hinunterstieg, trat ich auf irgendetwas und bückte mich danach. Es war ein Apfelgehäuse, das braun geworden war, aber noch nicht faulte. »Komm weiter«, sagte Durano nach einem Blick darauf; dann schaute er unruhig zum Sternenhimmel.
    Wir gingen an der gegenüberliegenden Seite der Senke den Pfad hinauf und folgten ihm an einem bewaldeten Kamm entlang. Irgendwo unten zwischen den Bäumen hörte ich einen Bach fließen. Der Pfad beschrieb eine Kehre und verlief bergab, und wir gelangten wieder an den Bach. An dieser Stelle war er breiter; doch es gab eine Reihe Trittsteine, die ans andere Ufer führten.
    Gereon berührte Durano an der Schulter und wies mit ausgestrecktem Arm. »Schau!«
    Ein Stück voraus zeichnete sich ein Weiler aus strohgedeckten Lehmhäusern dunkel gegen den Himmel ab. Dazwischen standen grob gezimmerte Tierpferche. Am Ende, ein Stück abseits der anderen, stand ein größeres Haus, das die römische Bauweise auf plumpe Weise nachahmte.
    »Das Haus des Häuptlings«, sagte Durano, nachdem er eine Zeit lang hinübergespäht hatte. »Haltet euch davon fern. Dort werden die Krieger sein.«
    Der Mond war untergegangen. Die Venus leuchtete am Osthimmel, und die ersten Vögel regten sich bereits. »Hier entlang«, sagte Durano. »Es ist Zeit, vom Pfad zu verschwinden.«
    Wir schwenkten in Gebüsch und hohes Gras ab, das auf dem nassen Boden zwischen dem Wald und der Siedlung wuchs.Pallas, ein schlanker, zierlicher Grieche aus Südgallien, ging ein Stück voraus, um den Weg zu erkunden. »Und?«, flüsterte Durano, als er zurückkam.
    »Siehst du die einzelne Tanne dort drüben? Da ist ein Mann an den Stamm gefesselt.«
    »Was ist mit Wächtern?«
    »Habe keine gesehen.«
    Wir rückten durch das hohe Gras vor und hielten uns rechts neben den Häusern, stiegen dann eine niedrige Böschung hinauf und gelangten auf einen festgetretenen freien Platz zwischen Tierpferchen, möglicherweise der Dorfplatz. Dort war jemand an den Stamm der Tanne gebunden, wie Pallas gesagt hatte. Er saß vornübergesunken und reglos am Boden. Ich konnte nicht erkennen, ob er schlief oder tot war.
    Wir huschten geduckt zwischen den Pferchen hindurch über den Platz, geradewegs auf den Gefesselten zu. Unterwegs hielt ich inne und ging in die Hocke.
    Neben mir hinter einem Weidengatter schnarchte eine große Sau; ihre nackten rosa Ferkel lagen in einer Reihe an ihren Zitzen. Durano trat neben mich, gefolgt von Gereon und den anderen. Gerade als wir weiterschlichen, riss der Gefesselte erschrocken die Augen auf. Ich hörte, wie er Luft holte, um loszuschreien, doch ehe er einen Laut von sich geben konnte, sprang ich auf ihn zu, schlug ihm die Hand über den Mund und bedeutete ihm, still zu sein. Er starrte mir ins Gesicht. Es war nicht Marcellus, so viel hatte ich vorher schon gewusst. Aber ich kannte ihn. Es war der junge Rufus.
    »Bist du der Einzige?«, fragte ich.
    Rufus schaute mich benommen und verständnislos an. Er war übel geschlagen worden.
    »Wir waren zu fünft«, murmelte er dann mit aufgeplatzten Lippen. »Die anderen haben sie in den Wald geschleift und umgebracht, einen nach dem anderen. Ich hörte sie schreien.«
    Ich hielt ihm meine Flasche an die Lippen. Er trank in großen Schlucken; einiges floss auf seine blutige Tunika. Ich wischte ihm das Kinn ab und wollte ihn fragen, wieso er als Einziger verschont geblieben war, doch in diesem Moment fiel mein Blick auf den zerrissenen Saum seiner Tunika und die blutigen Kratzer an seinen Oberschenkeln. Und da begriff ich, wozu sie ihn aufgespart und was sie mit ihm gemacht hatten.
    Er sah mich mit flehendem Blick an, voller Scham und Schmerz. Stumm nickte ich und versuchte zu lächeln, während mir Tränen der Wut in die Augen stiegen.
    Ich ließ ihn trinken und zog

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