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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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nicht einmal mehr nach meinem Dolch greifen. Der Mann hielt mich mit seiner massigen Gestalt unter Wasser gedrückt, sodass ich keine Luft bekam. Ich fühlte, wie er sich bewegte, und sah durch das Wasser, wie er zum tödlichen Schlag ausholte.
    Mit letzter Kraft trat ich zu und drehte mich. Mein Gegner schien zu zögern. Ich brach mit dem Kopf durch die Wasseroberfläche und saugte Luft in die Lungen. Dabei sah ich, warum der Mann gezögert hatte. Marcellus saß auf seinem Rücken und hielt ihn umklammert wie ein Kind ein buckelndes Pferd, während der Barbar brüllend mit dem Dolch nach ihm hieb. Ich griff an meinen Gürtel, doch mein Messer war verschwunden. Ich musste es beim Sturz verloren haben. Hastig tastete ich neben mir in dem Bachbett über die Steine, bekam aber nur Kiesel und Sand zwischen die Finger. Doch als ich den Kopf drehte, sah ich zwei Schritte entfernt die Klinge bläulich silbern im aufgewühlten Wasser blinken, knapp außerhalb meiner Reichweite.
    Mit einem Ruck reckte ich den Oberkörper zur Seite. Für einen Moment fühlte ich nur weichen Sand und konnte nicht näher heranreichen. Aber endlich berührten meine Fingerspitzen den kordelumwundenen Griff. Ich bekam ihn zu fassen. Brüllend fuhr ich mit dem Oberkörper hoch und versenkte die Klinge in dem nassen Fell über mir. Marcellus fiel ins Wasser; dann waren Gereon und Durano bei uns. Ich stach erneut zu. Mein Angreifer fuhr schreiend herum. Einen Moment lang begegneten sich unsere Blicke; dann taumelte er, kippte vornüber in das blutverschleierte Wasser und bewegte sich nicht mehr.
    Ich kam auf die Beine und rang nach Luft, die Hände auf die Knie gestützt. Mein Bein blutete, aber der Schnitt war nichttief. Neben mir versetzte Durano dem Toten fluchend einen Tritt. Ich sah, dass Marcellus sich die Seite hielt.
    »Ist nur ein Kratzer …«, sagte er, als er meinen Blick auffing. Doch sein Gesicht verriet ihn. Und dann quoll auch schon das Blut zwischen seinen Fingern hindurch, strömte über seine Tunika und tropfte wie große rote Tränen ins Wasser.
    Ich rannte zu ihm. »Sei nicht dumm, lass mich sehen.« Ich zerrte seine Hand weg, zog sein Hemd hoch und sah eine klaffende Wunde in der Seite, ungefähr auf Höhe der Rippen. Bei jedem Atemzug quoll neues Blut hervor.
    Ich setzte ihn hin. »Du zitterst.«
    »Weil ich durchnässt bin. Das Wasser war kalt.« Er versuchte zu lächeln. Stattdessen keuchte und hustete er. Als er aufblickte, sah ich Blut zwischen seinen Lippen.
    Durano war derweil die Böschung hinaufgeklettert, um sich zu vergewissern, dass der Krieger allein gewesen war. Er kam zurück, während ich einen Streifen Tuch von meinem Unterhemd abriss, um Marcellus zu verbinden. Durano ging in die Hocke und besah sich die Wunde; dann half er mir, einen festen Verband anzulegen. »Wir müssen weiter«, sagte er besorgt. »Die Horde wird nicht mehr weit hinter uns sein.«
    Dem Verlauf des Baches folgend, eilten wir durch den Wald. Marcellus konnte zwar laufen, war aber aschfahl im Gesicht, und alle paar Schritte hörte ich ihn die Luft anhalten, obwohl er es zu überspielen versuchte. Allmählich wurde es hell, und Sonnenstrahlen stachen schräg durch das Blätterdach.
    Bald sah ich Gereon anhalten. Er war vorn bei dem germanischen Kundschafter, ungefähr einen Speerwurf weit entfernt. Der Kundschafter tippte ihm auf die Schulter und deutete in die Ferne. Ich folgte ihren Blicken. Zuerst konnte ich nichts entdecken; dann aber fiel mir jenseits eines Gebüschs im scheckigen Licht des Morgens eine Bewegung ins Auge. Dort stand auf einer hellen Lichtung ein Grauschimmel mit römischem Zaumzeug und graste.
    Marcellus sagte: »Das ist Plancus’ Pferd. Es ist davongaloppiert, als man uns gefangen nahm.«
    Er stieg die Uferböschung hinauf und näherte sich dem Tier. Da es ihn kannte, schüttelte es den Kopf und schmiegte die Schnauze in seine Hand.
    »Was ist mit Plancus passiert?«, fragte Gereon.
    »Sie haben ihn wie die anderen mit in den Wald genommen. Er hat nicht um sein Leben gefleht, aber ich habe gehört, wie sie ihn umbrachten. Er rief den Namen seines Vaters.«
    Gereon starrte finster zu Boden. Durano murmelte einen Fluch; dann sagte er: »Du bist verwundet, Marcellus. Kannst du dich im Sattel halten?«
    »Ich kann im Schlaf reiten«, sagte Marcellus leichthin.
    Gemeinsam hoben wir ihn aufs Pferd. Mittlerweile gelang es ihm nicht mehr, seine Schmerzen zu überspielen. Er atmete nur noch flach, und als er im Sattel saß, sah

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