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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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wir mit den anderen die lange Hauptstraße des Lagers hinunter, um uns Wein zu beschaffen und auf unseren Abschied zu trinken.
    Der nächste Bote aus dem Osten brachte die Nachricht, dass Julians Freundin bei Hofe, die Kaiserin Eusebia, gestorben war.
    Das traf Julian tief. Da er seine Trauer nicht öffentlich zeigen wollte, blieb er an dem Tag in seinen Gemächern und befasste sich mit den Büchern, die sie ihm jüngst geschickt hatte. Wie Eutherius zu mir sagte, waren es nicht nur ihre Büchergeschenke, die er vermissen würde. Allein Eusebia war am Hof für ihn eingetreten; nun gab es niemanden mehr, der den heimtückischen Machenschaften des Oberkämmerers entgegenwirkte.
    Eutherius erzählte mir von der Zeit, da Julian das erste Mal von Athen an den Hof beordert worden war. Wochenlang wurde er im Palast wie ein Gefangener gehalten, während die Höflinge erörterten, ob er zum Cäsar erhoben oder hingerichtet werden sollte, da er für den Kaiser eine Gefahr darstelle. Der Kaiser konnte sich nicht entscheiden. Der Oberkämmerer hatte für die Hinrichtung gestimmt. Es war die Kaiserin gewesen, die zu Julians Gunsten eingriff und ihm, wie Julian selbst glaubte, das Leben rettete.
    Nun, da es ihren mildernden Einfluss nicht mehr gab, wurde Constantius nur noch von Speichelleckern beraten, angeführt vom Oberkämmerer, der darüber bestimmte, wer zum Kaiser vorgelassen wurde.
    Eutherius nahm meinen Arm, als wir durch den Garten gingen, und bemerkte mit einem seiner trocknen, belustigten Blicke: »Am Hof heißt es, dass Constantius einen gewissen Einfluss auf seinen Oberkämmerer besitzt.«
    Er verdrehte die Augen und wartete, dass ich den Witz begriff.
    Inzwischen ging der Streit mit Florentius weiter. Angeblich hatten die Kläger ihre Anschuldigungen zurückgezogen. Julian schwieg dazu. Dann gab Florentius bekannt, er wolle von den Bürgern Galliens eine außerordentliche Steuer erheben, da die Einnahmen in diesem Jahr nicht ausreichten.
    Er machte sich nicht die Mühe, Julian persönlich davon zu unterrichten, sondern schickte einen Untergebenen. Vermutlich hätte er nicht einmal das getan, wäre nicht die Unterschrift des Cäsars nötig gewesen, da es eine außerordentliche Steuer war.
    Julian sprach mit dem Beamten im Audienzsaal der Zitadelle unter dem hallenden Tonnengewölbe mit seinen gedrungenen Säulen und den verblassten Wandteppichen. Gewöhnlich zog er sein Arbeitszimmer vor, doch an diesem Tag entschied er sich mit Absicht für den kalten, schlecht beleuchteten Saal,da er wusste, dass hinter Säulen und Wandteppichen Lauscher standen, die nur darauf warteten, ihren Zahlmeistern jedes Wort berichten zu können.
    »Bitte den Präfekten, das zu überdenken«, sagte Julian behutsam – und laut. »Die Bürger der Provinz können sich kaum noch selbst ernähren. Ich habe die letzten drei Jahre damit verbracht, die Grenzen zu sichern und zu befestigen. Gib dem Präfekten zu bedenken, dass ein kluger Bauer nicht erntet, bevor das Korn reif ist. Sag ihm, er möge persönlich zu mir kommen, dann sprechen wir vertraulich darüber.«
    Aber Florentius kam nicht. Eines Morgens, ein paar Tage später, legte er den Befehl zur Unterschrift vor, diesmal persönlich, aber in Begleitung einer Schar seiner eifrigen Beamten. Es war ein sehr förmliches Dokument, das von Schreibern vorbereitet und für die Archivakten bestimmt war.
    »Was ist das?«, fragte Julian.
    In seiner gewohnt hochfahrenden Art antwortete Florentius, es sei die Vollmacht zur Steuererhebung, wie dem Cäsar bereits mitgeteilt worden sei.
    Bis zu diesem Augenblick hatte Julian den Präfekten stets mit kühler Höflichkeit behandelt. Doch nun war seine Geduld am Ende. Mit einem zornigen Aufschrei riss er dem Beamten das Dokument aus der Hand und warf es auf den Boden.
    »Hältst du mich für einen Narren?«, schrie er. »Die Bürger klagen dich der Erpressung im Amt an, und du antwortest darauf mit neuen Abgaben. Sie können sie nicht zahlen, sag ich dir!«
    Florentius’ Miene wurde steinern. Gefährliche rote Flecke bildeten sich auf seinen blassen Wangen. Bei all seinen Intrigen und Nadelstichen kam dieser Ausbruch überraschend für ihn. Auf solche Weise angesprochen zu werden, noch dazu vor den eigenen Beamten, war ein Skandal, der über seinen mittelmäßigen Verstand ging.
    »Die Erhebung«, erwiderte er leise und mit frostiger Stimme,»ist eine Angelegenheit für sich. Und ich darf den Cäsar daran erinnern, dass die Klage, die man gegen mich

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