Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
Vom Netzwerk:
damit noch nicht fertig. Als Nächstes verkündete er ein Ende der Steuernachlässe. Die reichen Grundbesitzer waren außer sich. Sie schickten Abordnungen nach Paris und behaupteten, kein Geld zu haben. Julian betrachtete ihre schön gearbeiteten, glänzenden Wagen, ihre reinrassigen, übertrieben herausgeputzten Pferde und ihre teuren italienischen Kleider und schickte sie weg. Er sagte, er höre lieber auf die Kleinbauern, die ihre Ware auf dem Markt verkauften, und auf die städtischen Handwerker, die Bäcker, Korbmacher, Töpfer, Tuchwalker und Färber, die kein großes Vermögen besaßen und sich keinen Einfluss kaufen könnten, die ihre Steuer aber stets sofort bezahlten – Männer also, die Florentius niemals in seine Überlegungen einbeziehen, geschweige denn mit ihnen sprechen würde. Julian aber kannte sie. Es waren die Söhne jener Männer, die ihm im Heer dienten; es waren ihre Familien, die die Barbaren als Erstes überfallen würden, wenn man sie ins Land ließe.
    Diese Leute mochten den klugen jungen Cäsar, der sie vorden Barbaren bewahrt hatte und der sie jetzt vor dem Machtmissbrauch der reichen Landbesitzer verschonte. Sie zahlten ihre Steuern, schon bevor sie fällig waren. Die Einnahmen strömten.
    Florentius’ Beamte brachten bei all ihrer Kleinlichkeit doch so viel Anstand auf, dass sie Julian beglückwünschten und eingestanden, sie hätten sich geirrt. Seine Eroberungen hatten ihnen wenig bedeutet, doch dass dieser junge, stoppelbärtige Griechenzögling die Steuer halbierte und die Einnahmen damit erhöht hatte, war eine Großtat, die ihren Respekt verdiente.
    Florentius jedoch schwieg dazu. Kurz darauf reiste er nach Vienne ab, angeblich, um die Getreideauslieferung zu überwachen.
    An einem Spätnachmittag desselben Winters kam Marcellus in unsere Zimmer in der Zitadelle und sagte: »Rufus kam heute zu mir. Er möchte zu Nevittas Schwadron wechseln.«
    Ich blickte ihn überrascht an. Er saß auf der Bettkante und schnürte sich die Stiefel auf.
    »Was hast du dazu gesagt?«
    »Ich wollte wissen, warum zu Nevitta, aber er wollte nicht darüber reden. Er sagte nur, er wolle einen Wechsel, und ob ich ihn nun gehen ließe oder nicht. Also ließ ich ihn gehen. Wenn er es unbedingt möchte, hat es keinen Sinn, ihn zu halten.« Er zuckte die Achseln, dann fügte er hinzu: »Vielleicht nützt es ihm etwas.«
    Ich runzelte die Stirn. Seit seiner Gefangenschaft im germanischen Wald war Rufus mürrisch und grüblerisch geworden. Seine Augen strahlten nicht mehr. Es schien, als wäre ihm etwas Edles und Zartes, das behutsame Pflege benötigte, ausgerissen und zertrampelt worden.
    Marcellus, der ihn häufiger sah als ich, meinte, das Entsetzen über das Schicksal seiner Kameraden habe ihn verändert, und ich pflichtete bei, es müsse wohl so sein. Ich hatte nicht einmalihm erzählt, was ich außerdem wusste. Darüber Stillschweigen zu bewahren war wohl das Mindeste, worauf der Junge Anspruch hatte.
    Ein oder zwei Mal hatte ich ihn unter vier Augen darauf angesprochen. Er war höflich, aber distanziert und wortkarg gewesen und hatte nicht darüber reden wollen.
    Deshalb sagte ich jetzt nur: »Nevitta scheint mir eine sonderbare Wahl zu sein, wenn du mich fragst.«
    »Das dachte ich auch.«
    Keiner von uns konnte ihn leiden. Er war barbarischer Abstammung und hatte sich bei Straßburg hervorgetan. Julian mochte ihn wegen seiner Unverblümtheit und hatte ihn gefördert. Seitdem fand Nevitta immer einen Anlass, um in Julians Nähe zu sein, und hatte zu allem etwas zu sagen, ob er sich damit auskannte oder nicht. Er war tüchtig, doch trotz seines lauten, poltrigen Auftretens besaß er eine argwöhnische, verschleiernde Art, sodass ich ihm nicht traute. Er erinnerte mich an einen flüchtigen Sträfling.
    Doch das größere Übel verdeckt das geringere, und wir mussten uns bald über ganz andere Dinge Gedanken machen. An einem klaren Januarmorgen, als Marcellus und ich uns im Stallhof des Kastells zu einem Ritt entlang der Seine bereit machten, kam ein Kurier durch das Tor geprescht. Sein Pferd dampfte in der kalten Winterluft.
    »Was gibt es Neues?«, rief jemand gut gelaunt.
    »Nichts Erfreuliches!«, rief der Kurier zurück. Er sprang aus dem Sattel und zog die Depesche aus der Satteltasche. »Es gibt Schwierigkeiten in Britannien. Verheerende Schwierigkeiten, heißt es. Julian wird damit alle Hände voll zu tun haben.«
    Er reichte sein verschnürtes Päckchen einem Laufburschen, der es in die

Weitere Kostenlose Bücher