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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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Nachthimmel betrachtet hatten, wobei wir einander näher gekommen waren, war halb leer. Totes Laub schwamm auf dem brackigen Wasser. Marcellus’ Mutter wartete unbewegt, bis wir die Stufen hinaufgestiegen waren. Dann erst drehte sie den Kopf.
    Ihr langes Kleid wurde an der Schulter von einer alten goldenen Brosche gehalten, die das Licht des Sonnenuntergangs einfing. Ihr Gesicht war kaum gealtert. Doch ihre feinen Züge schienen eine neue Macht zu besitzen, und ich spürte eine Veränderung in ihr.
    »Du bist also gekommen«, stellte sie kühl fest, als Marcellus vor ihr stand. Meine Anwesenheit nahm sie mit einem Nicken zur Kenntnis. Sie war keine Frau, die ihre Empfindungen zur Schau stellte.
    »Ja, Mutter. Wie angekündigt.« Marcellus hatte ihr von Paris geschrieben. Ich wusste auch, dass er keine Antwort erhalten hatte, obwohl er kein Wort darüber verloren hatte. »Was ist hier passiert?«
    Sie trat an die Steinbalustrade und legte die Hand darauf.
    »Nachdem du verhaftet worden warst«, sagte sie und blickte über den Hof hinweg, »kamen Männer und vertrieben unsere Leute. Wir haben uns mit denen beholfen, die uns geblieben waren – Tyronius, diesen Knaben und den Frauen. Die Bewirtschaftung ist sehr geschrumpft, doch wir haben überlebt.«
    »Was für Männer?«, fragte Marcellus mit drängender Stimme.
    Sie zuckte die Achseln, als wäre es unwichtig.
    »Namenlose. Ein Haufen gekaufter Rohlinge, Feiglinge allesamt. Du weißt, wie so etwas gemacht wird. Der Bischof dachte, er könne sich bedienen, nachdem du fort und mein Vater tot war. Er schickte einen seiner Handlanger, den Diakon Faustus. Doch er hat nicht bedacht, wessen Tochter ich bin.«
    »Was hast du getan?«
    »Ich habe sie weggeschickt«, antwortete sie schlicht. »Ichsagte ihnen, dieses Land gehöre seit undenklichen Zeiten uns, und Generationen unserer Familie hätten es bebaut. Deshalb sei ich nicht willens, unser Erbe dem Sohn eines belgischen Badehausdieners zu überlassen, der glaubt, Autorität zu besitzen, nur weil er ein Amt innehat. Das Gut bleibe in der Familie, oder sie müssten mich auf der Schwelle meines Hauses ermorden.«
    Kurz fing Marcellus meinen Blick auf. Ich schaute weg und blieb ernst. Lächeln wäre nicht angebracht gewesen. Ja, dachte ich, sie ist wahrhaftig die Tochter ihres Vaters. Ich sah, wie sehr der Bischof sich in ihr getäuscht hatte. Eine Frau von zarter Gestalt, aber unnachgiebigem Wesen.
    »Wir waren bei Alypius, dem neuen Statthalter«, sagte Marcellus. »Er sagte, der Bischof habe stark an Einfluss verloren.«
    »Er ist ein gebrochener Mann. Ohne seine bezahlten Beifallklatscher ist er nichts, und die haben ihn verlassen. Es geht das Gerücht, dass er von Britannien wegziehen und nach Alexandria gehen möchte, wo seine Freunde schon wieder über eines ihrer Dogmen streiten. Und einer metzelt den anderen nieder, ist das zu fassen? Nun, soll er gehen; wir brauchen ihn hier nicht.«
    Sie drehte sich zum Haus um und ging langsam auf die hohe Flügeltür zu. Drinnen zündete ein Hausmädchen die Lampen an.
    »Und wo sind die Feldknechte?«, fragte Marcellus.
    »Sie kommen nach und nach zurück, sofern sie es noch können. Dies ist ihr Heim und das ihrer Väter. Bald werden wir wieder in der Lage sein, die Felder zu pflügen.«
    »Ich wusste gar nicht, dass du so viel von der Landwirtschaft verstehst«, sagte Marcellus und lächelte sie zum ersten Mal an.
    »Es gibt vieles, was du nicht weißt, Marcellus. Aber nun kommt ins Haus, ihr zwei.« Und zu dem Hausmädchen gewandt: »Wenn du damit fertig bist, Livia, darfst du das Speisezimmer herrichten. Wir werden heute Abend zu dritt sein. Sag das dem Koch.«
    Wir aßen ein einfaches bäuerliches Gericht aus Bohnen und Ziegenfleisch von alten Silbertellern. Die Zimmer waren nie üppig möbliert gewesen, da Aquinus feine, gut gearbeitete Schlichtheit vorgezogen hatte. Die kleinen Bronzestatuen fehlten; die Christen hatten sie bei der Plünderung mitgenommen. Aber die Intarsientische waren noch da, ebenso die alten Liegen mit den verblassten Bezügen.
    »Wir sind auf weniges beschränkt«, sagte Marcellus’ Mutter, als sie meinen Blick bemerkte.
    »Das tut mir leid.«
    »Nicht doch. Dazu besteht kein Grund. Wir sind nicht Sklaven unserer Besitztümer, und es wird uns bald wieder besser gehen.«
    Später fragte Marcellus, ob sie seinen Brief aus Paris erhalten habe. »Ja«, antwortete sie nur. Doch als wir die Mahlzeit beendet hatten, bat sie ihn, die Lampe zu nehmen, und

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