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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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der Hand.
    »Ich werde euch sagen, was ich glaube«, entgegnete er schließlich und stellte den Pokal neben sich auf das dreibeinige Tischchen. »Constantius wird Julian zermalmen, wenn er es für möglich hält, und seine Ratgeber werden ihn dazu ermutigen, besonders dieser unausstehliche Oberkämmerer. Doch wenn Julian sich in eine stärkere Position bringen kann, könnte das Glück sich zu seinen Gunsten neigen.«
    Später beim Nachtisch, einem Früchtekuchen, der mit mauretanischen Feigen in süßem Wein serviert wurde, erzählte Alypius, wie er Julian zum ersten Mal begegnet war, in einem Sommer in Nikomedia, wo er seine Philosophenfreunde besuchte. Alypius saß damals unter den ausladenden Zweigen einer Platane vor dem Tempel der Demeter und plauderte mit seinen Freunden, als ihm ein stiller, gleichmütig wirkender Knabe auffiel, der in der Kolonnade stand. Er hätte keinen weiteren Gedanken an ihn verschwendet, hätte der Knabe sich nicht kurz darauf genähert und sich auf eine Stufe gesetzt, wo er das Gespräch verfolgen konnte.
    »Als ich ihn dort sah, forderte ich ihn auf, zu uns zu kommen und zuzuhören; wir hätten nichts zu verheimlichen. Und das tat er dann auch, bis sein Erzieher, ein Christenpriester, aufgeregt herbeigelaufen kam und ihn scheltend wegführte.«
    Er dachte lächelnd daran zurück und fuhr fort: »Jahre später trafen wir uns wieder, und ich rief ihm unsere erste Begegnung ins Gedächtnis. Darüber wurden wir Freunde. Damals war er wie ein Hungerleider, der durch glückliche Umstände an den Tisch eines Reichen geraten ist, so groß war sein Appetit aufWissen … So vieles hatten sie ihm vorenthalten«, fügte er kopfschüttelnd hinzu.
    Ich stellte fest, dass ich Alypius mochte. Nach seiner Heimatstadt Antiochia gefragt, beschrieb er mit Wehmut in den Augen die schattigen Lorbeeralleen, die Weinterrassen an den Berghängen, die Bibliotheken und Badehäuser und das ständige Vergnügen gebildeter Gesellschaft.
    »Wie gern würde ich die Stadt eines Tages wiedersehen«, sagte er.
    »Dann solltest du dich beeilen, denn die Christen werden bald alle Freuden beseitigen, die Antiochia zu bieten hat: die Universität, die Bibliotheken, das Theater. Das alles verabscheuen sie. Und jedes Jahr werden sie mehr und die guten Männer weniger. Sie werden erst zufrieden sein, wenn Antiochia so trostlos ist wie eine Maultierstation in der Wüste.«
    So wandte sich unser Gespräch den Christen zu. Marcellus erzählte, wir hätten die neue Kathedrale des Bischofs gesehen, oben auf dem Hügel des alten Tempels der Diana, den er hatte abreißen lassen. »Lauter nackte Ziegel und Baugerüste. Ich hatte erwartet, dass sie inzwischen fertig ist; er baut lange genug daran.«
    »Ach, der Bischof«, sagte Alypius mit einer müden Geste. »Er hat Glück, dass sein hässlicher Bau überhaupt steht. Hätte ich meine Garde nicht eingreifen lassen, der Pöbel hätte ihn geschleift.«
    »Dabei hat er immer behauptet, die gemeinen Leute seien seine größten Freunde«, bemerkte ich trocken.
    »Das behaupten solche Männer immer. Doch die Unterstützung des Pöbels ist so unberechenbar wie die Liebe einer Kurtisane – und genauso käuflich. Das hat er selbst feststellen müssen, nachdem ihm die Mittel ausgegangen sind. Nun geben sie ihm die Schuld an ihrem Elend. Er hat seiner Sache sehr geschadet.«
    »Der Pöbel sollte sich selbst die Schuld geben«, sagte Marcellus bitter.
    »Ganz recht. Doch ist es nicht die Art der gemeinen Leute, die eigene Torheit einzugestehen. Stattdessen behaupten sie, der Bischof habe sie übers Ohr gehauen. Als er sie nicht mehr beköstigen konnte, gingen sie zu den Ratsherren, die sie einst aus der Stadt vertrieben hatten, und baten um ihre Rückkehr. Nun schmollt der Bischof in seinem unvollendeten Palast und wartet auf das Ende der Welt. In der Zwischenzeit beten die Leute still die alten Götter an, und die Provinz blüht auf.«
    Er aß die letzte Feige aus dem Schälchen, stellte es ab und klingelte nach dem Diener. »So sind nun mal die Dummen; sie ändern sich nicht. Marcellus, dein Becher ist leer.«
    Am nächsten Morgen, es war ein klarer, heller Frühlingstag, ritten wir zu Marcellus’ Villa auf dem Land westlich von London und freuten uns, nach so widerwärtiger Arbeit wieder allein zu sein. Ringsumher blühten die Wiesen; ein frischer, sauberer Wind wehte uns ins Gesicht.
    Bis wir die alte Umfassungsmauer erreichten, versank die Sonne in einer leuchtend roten Wolkenbank.

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