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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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doch nun, da sie erfolgt sei, werde es zur Meuterei kommen, wenn er sich vom Titel des Augustus distanzieren wollte, nachdem die Soldaten ihm diesen aufgezwungen hätten. Sollte er es trotzdem versuchen, werde wahrscheinlich ein anderer ausgerufen, der dem Kaiser weniger genehm sei, denn die Männer seien in der entsprechenden Stimmung.
    Darum bat er Constantius, anzuerkennen, was geschehen war, und ihm zu glauben, dass er keinen Krieg zwischen ihnen wünsche. Seine Sorge sei einzig die Sicherheit Galliens, die noch immer gefährdet sei. Wenn er jetzt die besten Männer seiner Truppen abkommandierte, wäre dies das Zeichen für die germanischen Stämme, dass Rom eine ernsthafte Verteidigung Galliens nicht im Sinn hätte, und würde eine neuerliche Invasion provozieren. Doch um seinen guten Willen zu beweisen, werde er Reiterei aus Spanien und Söldnereinheiten zur Verstärkung schicken, die er gefahrlos entbehren könne. Schließlich forderte er den Kaiser auf, einen neuen Präfekten zu ernennen, um Florentius zu ersetzen. Doch was die übrigen Beamten angehe, werde er Männer auswählen, mit denen er am besten zusammenarbeiten könne.
    »Während ich das alles vorgetragen habe«, sagte Eutherius, »saß Constantius wie versteinert da. Florentius flüsterte ihm ununterbrochen ins Ohr, und die Höflinge feixten und verdrehten die Augen.«
    »Und Pentatius? Was hat der gesagt?«
    »Er bestätigte alles – was ihm zur Ehre gereicht, denn da waren die Gefahrenzeichen schon für jeden offensichtlich: die Wangen unter der Puderschicht errötet, die Finger eisern umdie Armlehnen geklammert, der paillettenbesetzte Pantoffel ungeduldig tippend.«
    »Und dann?«, fragte ich.
    Eutherius seufzte. »Dann schien er den Verstand zu verlieren. Er brüllte. Er drohte. Er zeigte mit dem Finger und spuckte. Er war kaum zu verstehen – Verräter, Dreckskerl, undankbarer Flegel –, doch am Ende gelang es dieser hinterhältigen Schlange von einem Oberkämmerer, den Kaiser ein wenig zu beruhigen, und als eine Verständigung wieder möglich war, wurden wir seiner Gegenwart verwiesen.«
    Er stöhnte laut auf, da der Masseur seine Schultern zu kneten begann. Ich saß still da und tippte gedankenverloren auf meine alte Messerstichnarbe am Oberschenkel. Schließlich erzählte ich ihm, was Alypius vermutete, nämlich dass Constantius Julians Versprechungen nicht trauen würde.
    »Ganz sicher nicht«, bekräftigte Eutherius. »Wie immer seine Entscheidung ausfallen wird, auf Vertrauen wird sie nicht gegründet sein. Dieses Wort hat für ihn keine Bedeutung. Nein, unsere einzige Hoffnung besteht darin, dass die Perser sich bereits an der Ostgrenze sammeln, denn so wird Constantius vielleicht klug genug sein, Julian in Frieden zu lassen, und ihm erlauben, das zu behalten, was er hat … Das genügt fürs Erste, Sophron.«
    Er streckte die Hand aus und ließ sich von dem Sklaven hochziehen.
    »Ah, ich fühle mich schon viel besser«, sagte er und reckte sich. »Und nun erzähl mir, was deine Soldatenfreunde sagen, Drusus.«
    Ich zuckte die Achseln. »Sie rechnen mit Krieg. Manche wollen ihn sogar.« Kurz zuvor war eine Schar von Nevittas Freunden an mir vorbeigelaufen. Sie sprachen von nichts anderem.
    »Nun, in den Hades gelangt man leicht«, meinte Eutherius seufzend. »Es sind die alten Männer wie ich, die den Frieden wählen.«
    »Müssen wir denn nicht kämpfen?«
    »Germanische Barbaren sind eine Sache, eine ganz andere ist es, gegen Constantius’ gepanzerte Reiter und die disziplinierten Heere des Ostens zu bestehen.« Sein Blick wanderte über meinen nackten Körper und blieb an der Narbe am Oberschenkel hängen. »Macht sie dir noch Ärger?«, fragte er.
    Achselzuckend nahm ich die Hand weg und war plötzlich befangen. »Manchmal zwickt sie … Aber die Wunde war nicht tief. Es gibt viele Männer, die es schlimmer erwischt hat.«
    »Und hältst du dich in der Schlacht ihretwegen zurück?«
    Ich blickte scharf auf, um zu erwidern, dass ein solches Verhalten wohl schändlich sei. Doch ich sah ihm an, dass er mich nur zum Nachdenken anregen wollte.
    Ich nickte. »Die Zenturionen sagen, dass die Zaghaften als Erste fallen.«
    »Ebenso die Leichtsinnigen.« Er lächelte. »Zu welchen gehören wir, was meinst du? Oder gibt es eine dritte Gruppe? Das ist es, was wir entscheiden müssen. Denn der Weise betrügt sich nicht selbst.«
    Als er meinen verwirrten Gesichtsausdruck sah, lachte er freundlich und ließ sich von der Steinbank gleiten.

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