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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erlischt«, antwortete der Mann und schloß seine Schützlinge ein.
    Stricker atmete tief auf. Das war wieder so eine blumige Rede – sie paßte in diese Umgebung, aber sie konnte auch eine Drohung sein. »Bis die Sonne erlischt …« Er schielte zu Veronika hinüber. Sie saß auf einer der Steinbänke, über die man Felle gelegt hatte und die offensichtlich Schlafstätten sein sollten. Löhres lief herum wie ein eingesperrter Hund, Heimbach hockte apathisch, völlig passiv und mit leeren Augen auf seiner Bank, die Hände zwischen den Knien gefaltet.
    »Ich habe die Goldschmiede gesehen«, sagte Veronika plötzlich. »Sie arbeiten mit den gleichen Instrumenten wie vor viertausend Jahren. Die Steinmetzen auch. Und für Bauten werden die Steine mittels Seilrollen an Schrägen hochgezurrt. Ein lebendes Bilderbuch des Altertums. Mitten unter uns. Jeder wird uns für übergeschnappt halten, wenn wir das später erzählen.«
    »Ich bin schon halb verrückt!« sagte Heimbach dumpf. »Ich ahne etwas.«
    »Er hat so etwas wie das Zweite Gesicht«, flüsterte Veronika dem Doktor zu. »Er hat auch den Überfall geahnt.«
    »Und was sehen Sie jetzt?« fragte Stricker.
    »Blut. Viel Blut.«
    »Dä Kääl is tatsächlich verdötscht!« rief Peter Löhres.
    Sein Kölner Humor half nichts mehr. Es hing eine gedrückte geladene Stimmung über ihnen, die auch nicht besser wurde, als zwei schweigsame Männer ihnen das Essen brachten. Einen Gemüsebrei, der – wie Löhres sagte – schon ›vorverdaut‹ aussah, aber trotzdem köstlich schmeckte. Dazu eine Kanne mit gesäuertem Wasser, das wunderbar erfrischte, und ein Stück Brot für jeden, das dem deutschen Vollkornbrot glich, aber nach Malz schmeckte.
    Am nächsten Morgen erschien ein Mann, der ein Bruder des lederschuppigen Anführers sein konnte. Er war wie dieser groß, schlank, mit einem schmalen, geradezu schönen Kopf und einer Hautfarbe zwischen Braun und Bronze. Statt der Lederuniform trug er ein wallendes Gewand, mit Goldfäden durchwirkt, und auf dem Kopf eine Art steifer Mütze, die wie eine umgestülpte Pyramide aussah. Die Vorderseite war mit Goldplättchen verziert, zwischen denen geschliffene Bergkristalle blitzten.
    »Dombono, my name«, sagte der Mann in einem harten Englisch. »Ich heiße Dombono. Wo kommen Sie her?«
    »Aus Deutschland.« Stricker war der einzige, der noch ruhig antworten konnte. Heimbach hatte die ganze Nacht von seinen ›Gesichtern‹ gefaselt, Löhres begann, den starken Mann zu spielen, und hämmerte seit zwei Stunden gegen die verschlossene dicke Bohlentür, und Veronika hatte begonnen, mangels Papier auf die Rückseite ihres ausgezogenen Unterhemds und mit einem Bleistift zu skizzieren, was sie gesehen hatte: das Tal, einen Überblick über die Stadt Urapa, die Pyramiden, die Tempel mit den riesigen Treppen, die Kleidung der Urapaner.
    Die Minikamera, die Löhres mitgebracht hatte, war eine Pleite. Er hatte nur noch drei Bilder drauf, und es war bei der Bewachung völlig unmöglich, sie hervorzuholen.
    »Deutschland? Wir haben schon etwas davon gehört.« Dombono nickte. »Folgen Sie mir. Die Königin und Göttin will Sie sehen!«
    Das war vor einer halben Stunde gewesen. Jetzt stiegen sie langsam die riesige Treppe zum Palast hinauf, kamen an einigen Wachen – alle in der Schuppenlederkleidung – vorbei: lauter Menschen mit braunbronzener Haut, aber ohne negroide Züge. Sie erreichten endlich keuchend den von Säulen getragenen Eingang.
    Löhres stützte sich auf Stricker, während sich Heimbach einfach auf die letzte Stufe setzte. »Zweihundert Stufen!« sagte er. »Mir zittern die Knie. Das ist Mord!«
    »Das ist nur der Anfang«, stammelte Löhres. »Warum begreift das keiner? Hier kommen wir doch nie wieder weg!«
    »Mit welchem Recht sollten sie uns hier festhalten?« sagte Stricker.
    »Recht! Glauben Sie noch an Recht, Doktor?« Heimbach tippte an seine Stirn. »Niemand weiß von dieser Stadt … und ausgerechnet uns soll man wieder freilassen, damit wir draußen allen davon erzählen! Das sind hier doch keine Selbstmörder, Doktor!«
    »Herr Heimbach hat recht«, sagte Veronika leise. »Sie haben uns in ein Geheimnis hineingeführt, und wir werden in diesem Geheimnis bleiben müssen.«
    Dombono, der mit einem Offizier der Palastwache gesprochen hatte, kam zurück und winkte.
    Sie betraten eine fast leere, riesige Halle, gingen durch Türen, die nur mit Vorhängen geschlossen werden konnten, und überall sahen sie an den Wänden

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