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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nur ein Chirurg helfen – ich aber bin Internist.« Stricker ließ die Hände sinken. »Wann werden Sie mich töten lassen?«

8
    Lähmende Stille lag in dem goldenen Zimmer. Dombono trat an die Wand und schlug mit der flachen Hand dagegen. Die Verkleidung öffnete sich, vier Männer mit verhüllten Gesichtern kamen herein und schoben das Bett aus dem Raum. Als er durch die Tür rollte, hob der Junge den Kopf. Der goldene Schleier rutschte von seinem Gesicht, und Stricker blickte in zwei große, ängstliche, flehende Kinderaugen.
    Hilf mir, schrie dieser Blick. Hilf mir! Warum stehst du da mit hängenden Armen und läßt mich wieder wegrollen? Ich habe Vertrauen zu dir. Du allein kannst mich heilen. Hilf mir …
    Die Wandverkleidung schloß sich wieder. Das Gold der Wände strahlte. Dombono nestelte unruhig an seinem mit bunten Steinen besetzten Priestergewand.
    »Sikinophis muß aufgeschnitten werden?« sagte er dumpf.
    »Ja.«
    »Unmöglich! Man schneidet keinen Gott auf!«
    »Dann wird das Gewächs an seinen Knochen größer und größer werden, er wird überhaupt nicht mehr gehen können und vor Schmerzen schreien. Dombono, Sie haben mich zu einem medizinischen Zweikampf herausgefordert, es geht um meinen Kopf und um das Leben meiner Freunde. Sie hängen in ihren Käfigen an der Mauer, und sie werden wahnsinnig werden vor Angst! Das Duell ist entschieden! Ich habe Ihnen die Krankheit genannt.«
    »Wer sagt, daß es die richtige ist? Und können Sie helfen?«
    »Davon war nicht die Rede! Es ging um die Diagnose. Wenn Sie Sikinophis operieren, werden Sie sehen, daß ich recht hatte. Sie haben doch Krankenhäuser hier. Bret Philipps liegt in einem und ist geheilt, haben Sie mir gesagt. Sie operieren doch auch! Auch wenn ich das alles nicht begreife, was ich hier sehe: Ihre Kollegen vor viertausend Jahren im Niltal haben Schädeltrepanationen gemacht, Amputationen, Blasensteinschnitte, Krebsoperationen. Ich kenne Ihre Krankenhäuser nicht. Ich kenne nicht Ihre Möglichkeiten, aber hier hilft nur eine Operation.«
    »Ich werde Ihnen alles zeigen.« Dombono verneigte sich tief vor der starren Königin. Es war alles so unwirklich, so phantastisch, so märchenhaft, daß Stricker sich zum wiederholten Male sagte, er müsse eines Tages aufwachen und sich gestehen, das alles sei nur geträumt gewesen. »Du hast es gehört, Göttin«, sagte Dombono demütig. »Auch er kann nicht helfen.«
    Sikinika winkte. Ihre kleine Hand fuhr hoch, als wolle sie Dombono schlagen. Aber es war nur ein energisches Zeichen. Der Priester senkte erneut den Kopf. In der Wand öffnete sich wieder eine Tür, und er verließ rückwärtsgehend den Raum.
    Kaum hatte sich die Wand geschlossen, fiel die Erstarrung von Sikinika ab. Sie seufzte laut. Plötzlich kam sie auf Stricker zu. Endlich durfte sie eine Mutter wie alle Mütter sein.
    »Sie müssen doch etwas tun!« rief sie. »Sie wissen doch mehr als meine Ärzte! Soll diese Geschwulst ihn denn auffressen?«
    »Wissen allein genügt nicht.« Stricker zögerte einen Augenblick, dann umfaßte er ihre Schultern und zog sie nahe zu sich heran. Ihr Kopf schnellte hoch, ihre Blicke hieben auf ihn ein. Es war das erstemal, daß jemand wagte, sie anzurühren. »Hier kapituliert die Innere Medizin. Die Heilung kann nur das Messer übernehmen.«
    »Dann tun Sie es!« schrie sie. »Ich befehle es!«
    »Sie können befehlen, daß man mich auf dem Altar ihres Regengottes opfert, aber Sie können mir nicht befehlen, eine Arbeit zu tun, von der ich nichts verstehe. Ich bin Arzt und kenne genau die Grenze meiner Möglichkeit. Sikinophis muß sofort Urapa verlassen und in ein Krankenhaus gebracht werden. Eine solche Operation kann man nur in Kampala vornehmen.«
    »Kein Mensch von Urapa verläßt die Stadt, und kein Fremder kommt hinein. Das ist seit Jahrtausenden so. Das ist das Testament der Könige, nach dem wir alle leben! Glücklich leben, Doktor Stricker! Wir kennen keinen Haß und keinen Neid, keinen Diebstahl und keinen Mord, keinen Ehebruch und keinen Betrug. Wir sind die glücklichsten Menschen auf dieser Welt.«
    »Und opfert einem Regengott jedes Jahr ein paar Jungfrauen, bringt jeden um, der sich eurem geheimnisvollen Felsenkessel nähert, und die Gottkönigin spricht sogar Französisch. Urapa ist der leibhaftige Wahnsinn!«
    »Ihr werdet es nie begreifen!«
    »Das ist mit Sicherheit das einzige, was ich versprechen kann«, sagte Stricker sarkastisch.
    »Retten Sie mein Kind … und Sie werden die

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