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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Straße hin, jetzt kein Wunderwerk mehr, sondern ein Höllenpfad in seinen Augen. Eine Straße, die nicht aufzuhören schien und die mit satanischer Lockung ihn immer weitertrieb. Einmal ist sie zu Ende, dachte er und riß den Mund weit auf, um tief durchzuatmen. Aber in seiner Brust setzte ein so wahnsinniges Stechen ein, daß er schließlich nur in ganz kleinen Stößen durchzuatmen wagte.
    Am Ende dieser Straße werde ich Veronika sehen und das Geheimnis dieser Menschen kennenlernen.
    Er sollte es früher kennenlernen. Nach einer sanften Biegung sah er plötzlich einen Menschen in der Lederschuppen-Uniform, wie die Soldaten sie trugen, die an ihm vorbeimarschiert waren. Er war allein, saß mit dem Rücken zu ihm auf der Erde und kaute an einem Stück kalten Bratens. Über ihm hing, in einem Gestell aus Bambus, ein großer, bronzener Gong. Die Sonne warf ihre Strahlen darauf, er glänzte wie eine zweite Sonne – ein stummes Spiel des Lichts, ein unhörbarer Klang der Strahlenbündel auf dem blitzenden Metall.
    Drei Meter, dachte Alex Huber. Drei Meter und nicht denken! Bloß nicht denken!
    Er sprang vor, der Arm zuckte hoch, mit der Handkante traf er den Mann, der nicht schnell genug war und sich zu spät zur Seite warf. Es gab einen dumpfen Laut, und der Körper rollte unter das Gestell des Gongs.
    Huber, vom Sprung mitgerissen, fiel über den Mann und schlug mit dem Kopf hart auf den Boden. Das letzte, was er dachte, war: Ich bin ein miserabler Einzelkämpfer! Dann wurde er bewußtlos … und es blieb abzuwarten, wer nun zuerst wieder erwachte.

9
    Alex Huber hatte inzwischen das Wettrennen mit der Zeit gewonnen. Die Betäubung durch den Sturz war harmloser als die Wirkung des Handkantenschlages auf den fremden Wächter.
    Ringsum erwachte jetzt auch das Mondgebirge. Zahllose Tierstimmen schwirrten durch die dünne Luft, der Wind pfiff um die Felsen, der große Gong, an Ketten hängend, pendelte lautlos hin und her. Unter ihm lag der dicke Schläger: ein aus Elfenbein geschnitzter Stiel, mit einem Knäuel aus roter Wolle am Ende.
    Huber richtete sich auf und starrte auf den betäubten Soldaten. Die Arzttasche lag etwas abseits, beim Sprung hatte er sie von seiner Schulter geschleudert.
    Wo ein Wächter ist, ist auch ein Eingang, dachte Huber. Wir sind dem Ziel nahe. Irgendwo am Ende der Straße wird das große gefährliche Abenteuer beginnen. Was bisher geschehen ist, war praktisch nur ein Vorspiel.
    Er kroch auf Händen und Füßen zu dem betäubten Soldaten, drehte ihn auf den Rücken und betrachtete sein Gesicht. Wieder war er erstaunt über die auffallend europäischen Gesichtszüge und die braune Haut. Er war mehrmals in Afrika gewesen, hatte bei den verschiedensten Stämmen übernachtet und kannte die Unterschiede in den Rassen. Als junger Arzt in einer Missionsstation hatte er die afrikanischen Völker kennengelernt. Hier jedoch lag ein Mensch vor ihm, der zwar die Hautfarbe eines Farbigen hatte, an dem aber sonst nichts auf eine negroide Abstammung hinwies.
    »Es tut mir leid, mein Junge«, sagte Alex Huber, als sich der Soldat zu bewegen begann. »Aber du mußt weiterschlafen.« Er entnahm seiner Arzttasche ein Fläschchen, schüttelte etwas Äther auf einen Wattebausch und drückte ihn dem Mann gegen die Nase. Nach ein paar krampfhaften Atemzügen streckte dieser sich wieder und fiel erneut in eine tiefe Bewußtlosigkeit.
    »Wenn du aufwachst, wirst du gotterbärmlich kotzen«, sagte Huber und warf den Wattebausch weit von sich. »Ich kann Äther nicht riechen.« Danach begann er, den Soldaten auszuziehen. Er hat ungefähr meine Größe, dachte er dabei. Die Uniform könnte mir passen. Eine verrückte Idee, nicht wahr, mein Junge? In deiner Uniform kackfidel in euer Lager marschieren. Wir wollen hoffen, daß nicht alles so zackig ist wie euer Marsch; wenn irgend jemand nach guter alter Tradition brüllt »Parole!« – so kann ich nur antworten: »Leck mich am Arsch!« Damit werden sie mich zwar kaum durchlassen. Aber ich habe keine Wahl, das mußt du einsehen. Ihr habt Veronika entführt, und keiner weiß, warum. Vielleicht lebt sie sogar nicht mehr, dann werde ich …
    Alex Huber stockte. Er hatte bereits die Uniformhose aus Schuppenleder anprobiert – sie paßte wie für ihn gemacht.
    Ja, was werde ich tun, wenn sie Veronika umgebracht haben, dachte er. Sein Atem ging schwer. Rache nehmen? Ein Einzelner gegen ein unbekanntes, militärisch anscheinend gut gerüstetes Volk? Absurd! Zurückkehren

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