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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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durchhalten, dachte er. Peter Löhres hat seinen geradezu entnervenden rheinischen Galgenhumor wiedergefunden, Veronika ist die tapferste Frau, die es auf dieser Welt geben mag, ich selbst verberge meine Angst hinter einem billigen Sarkasmus und spiele den Zyniker, um meine Schwachheit zu tarnen. Heimbach aber, der Lebensmittelhändler aus Hannover, den nur seine Stammtischwette nach Afrika gebracht hat, der ein normaler feiger Mensch ist wie Millionen von uns – er wird das erste Opfer sein. Ich werde ihn, wenn ich zurückkomme, belügen müssen, wie man einen unheilbaren Kranken belügt: »Alles in Ordnung. Nur Geduld, es wird schon werden. Die Nerven, mein Lieber, diese dummen Nerven. Seien Sie ganz unbesorgt, das kriegen wir schon hin.«
    Hundertemal am Krankenbett gesprochen und hundertemal geglaubt. Auch Albert Heimbach würde es glauben.
    »Wenn Sie mit maßgebenden Leuten von Urapa zusammenkommen«, sagte Veronika plötzlich, »könnten Sie ihnen einen Wink geben. Ich habe einen Vorschlag, wie man weniger mühsam bauen könnte.« Sie lächelte etwas verlegen. »Ich bin nicht ganz so schlecht als Architektin … ich sehe vielleicht nicht danach aus …«
    »Sie sehen wunderbar aus, Veronika«, sagte Stricker heiser. »Und ich werde Ihre Idee anbringen, das verspreche ich Ihnen.«
    »Vor allem der Transport, total bekloppt!« sagte Peter Löhres. »Sajen se den Leuten, dat isch au'n Idee habe. P. Löhres, Nah- und Ferntransporte, Köln.« Er schluckte plötzlich, drehte sich schroff um und nahm schnell einen Schluck Tee.
    Ihre letzte Hoffnung, dachte Stricker. Sie bieten sich an. Sie vertrauen auf die Vernunft. Der letzte morsche, armselige Strohhalm.
    »Ich werde alles versuchen«, sagte er bedrückt. »Alles.«
    »Auch operieren!« schrie Heimbach gellend.
    »Vielleicht auch das …«
    »Danke, Paul«, sagte Veronika leise.
    Stricker, der schon auf der obersten Leitersprosse stand, hob ruckartig den Kopf. »Ich werde tun, was menschenmöglich ist, Veronika«, sagte er stockend. »Glauben Sie mir. Ich … ich hänge genauso am Leben wie Sie …«
    Unten am Fuß der Mauer erwartete ihn wieder Dombono. Er sah den fremden Arzt mit einem feindseligen Blick an und zeigte auf einen geschlossenen Holzkarren, vor den zwei langhörnige Ochsen gespannt waren. »Steigen Sie ein.«
    Stricker lächelte. »Die Grüne Minna von Urapa?«
    »Was ist eine Grüne Minna?«
    »Ich erkläre es Ihnen später, Dombono.« Er stieg in den Holzkasten, der geräumiger war, als er vermutet hatte. Zwei Personen fanden darin bequem Platz. Dombono setzte sich ihm gegenüber auf die mit Leder gepolsterte Bank. In einer Grünen Minna gab es weniger Luxus.
    »Wie geht es unserem Patienten?« fragte Stricker.
    »Wir haben ihn noch einmal gründlich untersucht. Zehn Ärzte. Sie haben recht: Es ist eine Geschwulst am Hüftknochen.«
    »Damit hätte ich den Zweikampf gewonnen, Dombono!«
    »Die Göttin befiehlt, daß Sie Sikinophis heilen!«
    »Ich weiß. Wir hatten darüber gestern eine Auseinandersetzung.« Stricker lehnte sich zurück. Plötzlich kam er sich sehr sicher vor – weit davon entfernt, auf dem Altar des Regengottes geopfert zu werden. »Ich brauche dafür die Hilfe ihrer Götter. Ein komplettes chirurgisches Besteck für eine Osteom-Exzision, Aderklemmen, Narkosemöglichkeiten, Medikamente zur Kreislaufstütze, Infusionsflaschen. Man kann mit einem Taschenmesser einen Blinddarm herausnehmen – das haben mir Kollegen in russischer Gefangenschaft vorgemacht –, aber ein Osteom ist doch etwas anderes. Bitte, flehen Sie Ihren Gott an, der für den technischen Dienst zuständig ist!«
    »Man sollte Sie töten!« sagte Dombono dumpf. Seine dunklen Augen glühten vor Haß.
    »Woher haben Sie eigentlich Ihr gutes Englisch?« fragte Stricker unbeeindruckt. »Durften Sie Urapa verlassen?«
    »Nein! Aber ein Engländer verirrte sich einmal zu uns. Vor zwanzig Wintern. Ich wurde ausgewählt, seine Sprache zu erlernen. Es dauerte vier Jahre, dann sprach ich sie.«
    »Und dann?«
    »Es regnete sechs Monate nicht –« Dombono grinste böse. »Hinterher regnete es drei Wochen, und unsere Felder blühten wieder.«
    »Nach vier Jahren!« sagte Stricker entsetzt.
    »Was sind vier Winter? Wir denken in anderer Größenordnung«, sagte Dombono hart. »Auch Sie leben nicht ewig, Doktor Stricker.«
    Das Krankenhaus von Urapa erwies sich als weiträumiger Steinbau, angelehnt an den heiligen Tempelbezirk, weil die Priester ja auch Ärzte waren. In Urapa

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