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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vernünftig, hob mit einer Geste der Hilflosigkeit die Arme. »Ich weiß, ich habe mich unmöglich benommen. Aber die Angst, ich will doch nicht sterben, ich habe einfach durchgedreht.«
    Huber löste sich aus Veronikas Armen. Sie preßte das Gesicht an seine Brust und weinte hemmungslos. Hinter Stricker, Heimbach und Löhres stand noch ein anderer Mann im Zimmer. Bleich, mit einem eingefallenen, ausgezehrten Gesicht und hohlen Augen. Ein blonder Bart überwucherte Kinn und Wangen.
    »Ach ja«, sagte Stricker. »Der Fünfte im Bunde: Bret Philipps. Unser Reiseleiter. In der Steppe hat ihn ein akuter Malariaanfall umgeworfen. Die Priester von Urapa haben ihn gerettet. Mir wäre er an dem hohen Fieber zerplatzt. Ich hatte ja nichts bei mir. Wer denkt denn bei einer harmlosen Safari an solche Komplikationen?«
    Bret Philipps trat aus dem Hintergrund. Er streckte Huber die Hand hin und drückte sie. »Danke«, sagte er knapp. Mehr nicht. Wer in Afrika als Sohn britischer Farmer geboren ist, den kann nichts mehr erschüttern. Aber dieses kurze ›Danke‹ umschloß alles, was zu sagen war. Und das war eine ganze Menge.
    »Die Kerle verfügen in ihrer Apotheke tatsächlich über erstaunliche Mittel«, sagte Stricker. »Sie haben Philipps in zwei Tagen völlig fieberfrei gemacht und dann hochgepäppelt. Und das alles mit Pflanzensäften, die blumige Namen tragen. Balsam des Mondes, Blut der Sonne, Flüssiger Schatten der Nacht. Man sollte das auch bei uns einführen. Der Pharmazie-Umsatz würde sich verdoppeln bei unserer romantischen Welle …«
    Der alte Sarkastiker, es schien Stricker sehr gut zu gehen. Was man ihm nicht ansah, war der leise Kummer, der über seinem Herzen lag. Veronikas demonstrierte Liebe zu Alex Huber zerstörte eine kleine, heimlich genährte Hoffnung in ihm. In den Tagen der Not war Veronika für Paul Stricker etwas mehr geworden als nur eine zufällige Reisebekanntschaft. Jetzt war er froh, nie darüber gesprochen zu haben, auch nicht andeutungsweise. Er erkannte, daß er nie eine wirkliche Chance besessen hatte.
    »Operieren Sie?« fragte Stricker. Die Spannung ließ seine Stimme beben.
    »Vielleicht!« Alex streichelte Veronikas zuckenden Kopf und legte beide Arme um sie. Sie kroch in seine Umarmung wie ein kleines ängstliches Mädchen. Aller Mut, alle Kraft, die sie bisher gezeigt hatte, diese ungeheure Stärke, die sie in dem furchtbaren Käfig hatte ausharren lassen, zerfloß in diesem Weinen.
    »Was heißt vielleicht?« Stricker starrte ihn betroffen an. »Ist Sikinophis inoperabel?«
    »Das glaube ich nicht, obgleich das Osteom ein ziemlicher Brocken ist und man das wahre Ausmaß der Wucherungen erst nach der Eröffnung feststellen kann. Wir haben ja kein Röntgen mehr.«
    »Was also hält Sie ab, Kollege?«
    »Die äußeren Umstände. Ich muß erst sehen, ob ich völlig steril operieren kann.«
    »Das kann ich Ihnen versichern. Wir leben hier zwar etliche Jahrtausende vor Christi Geburt, aber Dombono und seine Priester-Ärzte haben eine verblüffend moderne Operations-Abteilung.«
    »Ich werde sie mir ansehen.«
    »Kollege Huber!« Stricker wurde sehr ernst. »Auch wenn Sie keinen OP vorfinden wie in Ihrer Uni-Klinik. Sie müssen operieren!«
    »Ich weiß. Aber es ist Ihnen doch klar, daß wir so lange festgehalten werden, bis dieser Sohn der Sonne wieder laufen kann! Die Operation allein ist nicht so wichtig. Die Nachbehandlung macht mir Sorge. Angenommen, er bekommt eine Sepsis.«
    »Um Gottes willen, denken Sie nicht an so etwas!«
    »Oder ich muß das Bein amputieren, weil es kein Osteom, sondern ein Osteosarkom ist! Machen Sie das mal einer sogenannten Göttin klar, daß ihr Sohn verloren ist, trotz aller ärztlichen Kunst. Normale Mütter glauben das schon nicht, geschweige denn diese heilige Sikinika! Vor allem Dombono wartet darauf.«
    »Er ist die Schlüsselfigur, das stimmt.« Stricker setzte sich auf den einzigen im Zimmer vorhandenen Stuhl.
    »Es kommt mir so vor, als wolle er gar nicht die Heilung, sondern wartete auf den Tod des Jungen.«
    »Haben Sie ihn gesehen, Stricker?«
    »Ich habe ihn doch untersucht!«
    »Aber er hatte den goldenen Schleier über dem Gesicht?«
    »Natürlich.«
    »Ich habe ihn heruntergerissen!«
    »Sind Sie verrückt?«
    »Seine Mutter war dabei.«
    »Verdammt! Ihren Mut möchte ich haben!«
    »Er hat eine fast weiße Haut, blonde Locken und hellblaue, schöne Augen. Ein Engelskopf! Und das in Urapa! Die Göttin muß vor fünfzehn Jahren einen

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