Wen die Sehnsucht besiegt
genau wie dein Vater. « Entgeistert schaute Axia ihre Kusine an. »Alles verändert sich«, flüsterte sie. »Du bist ein anderer Mensch geworden. Ebenso wie Tode. «
»Ja. « Frances’ Lächeln erlosch, und sie schaute zu Tode hinüber, der Berengaria half, ihren Rock abzuwischen. Mit gesenkter Stimme sprach sie weiter. »Er hat sich vor Oliver erniedrigt und die vulgärsten Witze über sein häßliches Gesicht gemacht. Oh, es war so schrecklich, ihm zuzuhören. « Sie holte tief Atem, als müßte sie ihre Nerven beruhigen. »Das tat er für mich. Immer dachte ich, er würde mich hassen oder sich zumindest nichts aus mir machen. Aber… « Hastig verstummte sie, weil sie seinem Blick begegnete.
»Auch er ist verändert. Woran es liegt, weiß ich nicht. Was ist mit euch beiden geschehen? «
»Axia«, flüsterte Frances beschwörend und packte sie am Arm, »ich muß dir etwas erzählen, bevor… «
Doch sie konnte den Satz nicht beenden, denn in diesem Augenblick rannte Joby herüber. Jamie hatte Hufschläge gehört und seine kleine Schwester beauftragt, herauszufinden, wer die Reiter waren, in der Hoffnung, seine reichen Verwandten würden eintreffen.
»Maidenhall! « Jubelnd schwenkte Joby ihre Arme hoch. »Er kommt, um seine Tochter zu holen. «
Weder Frances noch Axia fanden Zeit, um nachzudenken. Sie hielten sich an den Händen und starrten in die Richtung, in die Joby zeigte. Zwischen den Bäumen trat ein Mann hervor, den sie niemals gesehen hatten, aber gut kannten. Jahrelang hatte Axia jeden Besucher gefragt, wie ihr Vater aussah, und nach den Beschreibungen viele Porträts gezeichnet. Sogar einige Ölgemälde waren entstanden.
Es gab keinen Zweifel - dieser kleine, dürre Mann im schäbigen schwarzen Wollumhang, mit langem, strähnigem grauem Haar war Perkin Maidenhall, der reichste Mann von England. Unbeirrt ging er auf Axia zu. »Meine Tochter, was hast du mir zu sagen? « Sein Blick war kühl, seine Stimme verriet mühsam beherrschten Zorn.
29
Da weder Axia noch Frances ein Wort hervorbrachten, wandte Maidenhall sich ab und befahl: »Folge mir, meine Tochter! « Mit schnellen Schritten ging er zu seinen Männern, die den kleinen Lagerplatz umringten.
»Ich glaube, Ihr irrt Euch«, bemerkte Jamie amüsiert und legte einen Arm um die Schultern seiner Frau. »Das ist nicht Eure Tochter. «
Mit eisigen schwarzen Augen schaute Maidenhall ihn an, als würde er ihn erst jetzt zur Kenntnis nehmen, und Jamie verstand, warum die Geschäftstüchtigkeit dieses Mannes unschlagbar war. »Behauptet Ihr, ich würde meine eigene Tochter nicht kennen? «
Jamies Arm umfaßte Axia noch fester. »Diese Frau ist meine Gemahlin. «
Da warf Maidenhall den Kopf in den Nacken und brach in lautes Gelächter aus, das irgendwo rostig klang. Vermutlich lachte er nur selten. »Und nun bildet Ihr Euch ein, Ihr wärt rechtmäßig mit meiner Erbin verheiratet? Ihr, der bettelarme James Montgomery. Eigentlich müßtet Ihr James ohne Land heißen, so wie seinerzeit König John. « Instinktiv bückte sich Jamie zu seinem Stiefelschaft hinab, um den Dolch hervorzuziehen. Doch dann sah er, daß die dreihundert Mann ringsum, die teilweise noch in den Sätteln saßen, ihre Schwerter zückten.
»Bitte! « flehte Axia und schüttelte seinen Arm ab. »Ich muß mit meinem Vater reden. «
»Mit deinem… « begann Jamie. Plötzlich verschloß sich seine Miene. »Oh, ich verstehe. Das war also dein großes Geheimnis. Hast du mir deinen Reichtum verschwiegen, weil du dachtest, wenn ich Bescheid wüßte, würde ich dich nur wegen deines Geldes lieben? «
Ehe sie antworten konnte, fragte Maidenhall: »Ihr wolltet doch das Erbe in Euren Besitz bringen, nicht wahr? Erst habt Ihr die arme Frances umworben und später Eure Aufmerksamkeit meiner Tochter geschenkt. « Zu Axia ge wandt, fügte er hinzu: »Hast du dir nie überlegt, warum? Wieso sollte er eine schöne Frau wie Frances verschmähen und sich für ein unscheinbares kleines Ding wie dich interessieren? « Offenbar konnte er Gedanken lesen, denn genau diese Frage hatte sie sich gestellt.
»Ich weiß nicht, was Ihr andeuten wollt… «, begann Jamie, aber Maidenhall unterbrach ihn.
»Nun, Ihr fandet heraus, welches Spiel die beiden albernen Mädchen trieben«, erwiderte er spöttisch. »Und deshalb fingt Ihr an, meine Erbin zu hofieren. «
»Nein, ich… « Jamies Stimme erstarb, und er las in Axias Augen, daß sie ihrem Vater glaubte. Zumindest schien sie gewisse Zweifel zu hegen,
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