Wen die Sehnsucht besiegt
seine Schafherde wird sich auf wundersame Weise vermehren. «
»Ja, ich verstehe. « Durch den abendlichen Wald schaute sie zu den anderen hinüber, die sie beobachteten. Wie konnte Jamies blinde Schwester ohne Mitgift heiraten? Und Joby, die zu bedauern schien, daß sie nicht als Mann auf die Welt gekommen war? Um jemanden zu finden, der sie heiraten würde, müßte man sehr viel Geld bezahlen. Und Tode und Frances? Tode sprach gerade mit Jamie, der ihr den Rücken kehrte, und Frances starrte unglücklich vor sich hin. Die Entscheidung ihrer Kusine würde auch ihr eigenes Leben betreffen.
Da erkannte Axia, daß sie keine Wahl hatte. Wenn sie zu Jamie zurückkehrte, würde der Vater ihn ruinieren. »Ich will mich nur verabschieden«, flüsterte sie.
»Und ihm von deinem edlen Opfer erzählen? « höhnte Maidenhall. »Wird er seinen Dolch schwingen, um dich zu schützen, und sich von meinen Männern erstechen lassen? «
Natürlich durfte sie Jamie nicht die Wahrheit gestehen. Wieder einmal mußte sie ihn belügen. »Wußte er, daß ich die Maidenhall-Erbin bin? «
»Das fand er in Lachlan Tevershams Haus heraus. Dort lebt jetzt ein Mann, der auf meinem Landsitz arbeitete, als du noch jünger warst. Du hast ihn nicht erkannt. « Fragend hob er die Brauen. »In diesem Schloß fing Montgomery doch an, dich zu umwerben? «
»Offensichtlich bist du lückenlos informiert«, entgegnete sie tonlos.
»Wissen ist Macht - und Geld. Übrigens, die Entführung der Maidenhall-Erbin wurde von deinen teuflischen Schwägerinnen geplant. Zuvor hatten sie den Dorfbewohnern die letzten Habseligkeiten entlockt, um deinen Liebhaber mit einer opulenten Garderobe auszustatten, die meine Erbin beeindrucken sollte. « Als er ihr ansah, daß sie dies alles zum erstenmal hörte, verengten sich seine Augen. »Montgomerys Schwestern veranlaßten Oliver, dich zu entführen. «
»Mich? « Axia lächelte selbstgefällig. »Ausnahmsweise bist du falsch informiert. Oliver hat die vermeintliche Erbin in seine Gewalt gebracht. «
»Nein, er wurde beauftragt, dich aus dem Schloß zu holen, weil Montgomery mit Frances allein Zurückbleiben sollte. In den Briefen, die dein Jamie nach Hause schrieb, erwähnte er dich, und seine Schwestern fürchteten, du würdest ihn von der Erbin ablenken. « Da sie ihm immer noch nicht zu glauben schien, fragte er: »Die beiden empfingen dich nicht besonders warmherzig, oder? «
Statt zu antworten starrte sie Jamies Rücken an. Einen Fuß hatte er auf den umgestürzten Baumstamm gestellt, und sie brauchte seine Hände nicht zu sehen, um zu wissen, daß er mit dem kleinen Dolch spielte - wie immer, wenn er nachdichte. Obwohl er sie hintergangen hatte, nahm sie ihm nichts übel. Er liebte seine Schwestern und seine Mutter, und sie brauchten ihn. Pflichtbewußt hatte er beschlossen, Frances zu heiraten, und dann erfahren, Axia wäre die Erbin…
Ohne ein weiteres Wort an ihren Vater zu richten, ging sie über den weichen Fichtennadelteppich zu Jamie. Alle Blicke folgten ihr.
Hatten seine Schwestern Oliver wirklich beauftragt, die Erbin zu entführen? Waren sie naiv genug, um zu glauben, dies wäre ein harmloser Streich? Frances hätte verletzt, sogar getötet werden können. Und man hatte Jamie gnadenlos ausgepeitscht.
Nur dem Geld zuliebe, dachte sie. Und dem Stolz. Die Montgomerys konnten sich an ihre reichen Verwandten wenden. Aber statt ihren Stolz zu verletzen, gefährdeten sie lieber das Leben einer Frau, um das Maidenhall-Gold zu erringen.
Und Jamie war mit allem einverstanden gewesen.
Er hörte ihre Schritte, drehte sich aber nicht um. Und auch als sie vor ihn hintrat, schaute er sie nicht an.
»Nun, hast du dich zur Genüge über mich lustig gemacht? « fragte er und starrte ins Leere. »Der arme dumme Jamie! Wie müßt ihr über mich gelacht haben, du und Frances! Von dem Tag an, wo ich sie für die Erbin hielt, und später, als ich erklärte, du dürftest uns nicht begleiten. Jetzt verstehe ich alles. Nutze den Tag! Diesen Leitspruch brauchst du, wenn du, die schwerreiche kleine Erbin, ihren fast so reichen Verlobten heiratet. « Endlich sah er sie an, noch kälter als ihr Vater. »Tode verriet mir, du würdest einen impotenten Mann heiraten. Wolltest du dein Bestes tun, um ihm einen Erben zu schenken? «
Trotz dieser verletzenden Worte hätte sie ihn am liebsten umarmt und versichert, sie würde ihn lieben und seine Handlungsweise verstehen. Aber wenn er ihr glaubte und ihr verzieh? Wenn er sich
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