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Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch

Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch

Titel: Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Andeck
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mit seiner Musik. Bis später!«
    Und schwupp war er weg.
    Egal. Ich kann genauso gut mit meiner Zimmerwand reden. Die bringt ähnlich interessante Diskussionsbeiträge.
    17.00 Uhr Habe mir im Internet ein paar Facts zum Thema Kuss angelesen. Hier sind sie:
    – Die Wissenschaft vom Küssen heißt Philematologie. Wäre das nicht ein toller Beruf, Philematologin? Obwohl, manche Dinge sollten vielleicht doch Hobby bleiben.
    – Auch Tiere küssen. Vögel schnäbeln, wenn sie zärtlich sind, Elefanten rüsseln, Maulwürfe, die sich in einem unterirdischen Gang treffen, maulwürfeln sich an. Bonobos tauschen sogar Zungenküsse aus.

    – Nur etwa die Hälfte der Menschen küsst gern, in den USA zumindest. (Mal sehen, ob ich zu dieser Hälfte gehöre. Habe ja noch keine Ahnung. Dieser eine einzige Kuss von Paul Adebar letzten Winter, den kann man ja höchstens halb zählen.Schließlich hab ich überhaupt nicht zurückgeküsst und eigentlich gehören zum Küssen doch zwei, oder?)
    – Zwei von drei Menschen neigen den Kopf beim Küssen nach rechts. Warum, das weiß niemand.
    – Ein Kuss verbraucht sechs bis fünfzehn Kalorien und ist hygienischer als Händeschütteln, erstens, weil Menschen mit den Händen Dinge anfassen, die sie mit dem Mund nie berühren würden, und zweitens, weil Speichel antibakterielle Wirkstoffe enthält.
    – Männer küssen feuchter als Frauen. Manche Philematologen vermuten, dass sie ihre Kusspartnerinnen dabei mit männlichen Hormonen im Speichel quasi überschwemmen wollen, um sie in Paarungsbereitschaft zu bringen.
    Gulp.
    Soll ich Benny wirklich küssen? Irgendwie ist mir gerade gar nicht danach.

Betreff: The Desert-and-empty-Song by Tom Barker
    Datum: 25.05., 16:37 Uhr
    Von: Tom Barker
    An: Felix von Winning
    He, Alter,
    ausgerechnet ich soll Ideen für deine Songtexte liefern??? Schon klar, dass die Lahmen und Fußkranken in deiner Reha lyrisch betrachtet wenig hergeben. Aber mein megafrustiges Leben ist echt nicht der Stoff, aus dem Lovesongs gemacht sind. Höchstens wenn du Depri-Balladen über verpeilte Loser schreiben willst, klar, dann kann ich aushelfen.
    Also, falls es das ist, was du willst, hier mal ein grobes Songkonzept: Schon das Intro muss ziemlich verzweifelt klingen. Aber mit Schlagzeug, damit es unter die Haut geht.
    In der ersten Strophe solltest du irgendwie hochpoetisch rumeiern, sodass keiner was versteht, aber alle schon mal spüren, dass der Typ, der das erzählt, voll fertig ist mit der Welt. Ich denk an Wörter wie «desert« und «empty« und so’n Zeug.
    Und jetzt kommt die eigentliche Story. Deine Stimme muss rauchig sein, vielleicht mehr so eine Art Sprechgesang, Marke lonesome Cowboy. Und hier ist der Inhalt: Der Typ in dem Song besucht das Mädchen, in das er schon seit Ewigkeiten verliebt ist. Er hat geduscht und sein coolstes Hemd angezogen und den Text, den er sagen will, hat er tausendmal geübt: Er will sie nämlich fragen, ob sie mit ihm auf den Abschlussball geht, Tanzstunde und so. Er also zu ihr hin, klingelt.
    Sie macht auf, lässt ihn rein und beide gehen auf ihr Zimmer. Und dann läuft sie noch mal runter in die Küche, um was zu trinken zu holen. Jetzt ein Schlagzeug-Solo. Die Musik wird lauter und hinter der Stimme ist ein bisschen mehr Power, damit der Stress rüberkommt, den der Typ jetzt fühlt. Da liegt nämlich auf dem Schreibtisch in ihrem Zimmer ihr Tagebuch und es ist aufgeschlagen. Er will es ja gar nicht, aber er geht hin. Seine Augen fallen auf die letzten Zeilen, die sie geschrieben hat, und da steht, dass sie total verschossen ist – in einen Anderen und dass sie den küssen will. Jetzt ein Gitarrensolo, das voll den Schmerz ausdrückt, den er plötzlich fühlt.
    Und dann kommt sie zurück, und er macht noch ein bisschen Small-Talk, und dann geht er. Und er wird sie nicht fragen, ob sie mit ihm auf den Ball geht. Und er wird auch nicht mehr mit ihr tanzen. Klar, er wird weiteratmen und weiter funktionieren, und man merkt ihm äußerlich nichts an. But he is hurt inside. Und jetzt Schlagzeug, und dann der Refrain, der den Riss in seinem Inneren rüberbringt.
    In deinen Konzerten wird das später die Stelle, an der die Leute ihre Feuerzeuge anknipsen und laut mitgrölen und dabei Tränen in den Augen haben.
    Alles klar, Mann?
    Stopp! Kein Mitleid.
    Muss jetzt los. Weiteratmen. Tanzstunde. Hoffe, dass ich dich inspirieren konnte mit dieser kleinen Story aus dem Leben des
    Tom B.
    P.S.: Benny

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