Wen küss ich und wenn ja, wie viele? - Lilias Tagebuch
Benny nahm ich den Duft einsamer Cowboys im Abendrot wahr. Haben die eigentlich alle dasselbe Aftershave? Oder riechen gerade alle Duftwässerchen für Männer so?
Ich betrachtete Bennys Mund und überlegte, wie es wäre, ihnzu küssen. Ob die Bartpünktchen wohl piksen würden? Keine unangenehme Vorstellung eigentlich.
»Was gibt’s denn da zu sehen?«, fragten Bennys Lippen plötzlich.
»Ich überlege, ob du immer noch goldene Zähne hast«, sagte ich, sehr glücklich über diesen Einfall.
Benny lächelte und entblößte dabei strahlend weiße Schneidezähne. »Nein, die trage ich nur, wenn’s gar nicht anders geht.«
»Und wann geht es nicht anders?«
»Zum Beispiel wenn du dein Schreibheft interessanter findest als mich.«
»Dann brauchst du sie jetzt nicht«, sagte ich und schlug die Augen nieder wie ein scheues Reh. Boah, war das zu dick aufgetragen? Von wegen! Benny straffte seinen Rücken und nahm die nächste Drehung mit noch mehr Drive.
»Mensch, habt ihr heute alle Schwung«, sagte Constanze, unsere Tanzlehrerin, und klatschte begeistert in die Hände. »Wenn ich da an letzte Woche denke, da hattet ihr eine Körperspannung wie Gummibärchen in der Sonne! Aber heute! Das nenne ich einen Walzer! Na, dann klappt heute vielleicht auch die Samba besser!« Sie legte südamerikanische Klänge auf und zeigte uns noch einmal den Grundschritt. »Vor hopphopp, rück hopphopp, vor hopphopp, rück hopphopp. So, und jetzt kommt etwas Neues, das sogenannte Bouncen. Die Schritte bleiben gleich, aber jetzt bitte alle gut aufpassen, was meine Hüfte macht.«
Wir starrten gebannt auf ihre Rückansicht.
»Pao«, rief Constanze und kickte mit ihrem Hinterteil einen imaginären Ball in die Luft. »Pao und Pao und Pao.« Ihre Hüfte wippte bei jedem Schritt und ihr »P« ploppte bei jedem Pao. Sie klatschte wieder in die Hände. »Los Leute! Jetzt alle. Pao. Pao. Pao. Ohne Pao sind eure Bounces keine Bounces.«
Das konnten wir natürlich nicht wollen. Wir konzentrierten uns auf unsere Hinterteile und bouncten, was die Schwarte hergab. Als ich mich aber umsah, musste ich kichern. Eine Samba sollte das sein? Der gesamte Kurs hüpfte, als hätte jemand eine Herdplatte unter uns angedreht und versprochen, denjenigen zum Millionär zu machen, der es am längsten darauf aushielt.
Nein, nicht der gesamte Kurs. Dana und Flocke, die hatten es drauf. Sie bouncten, als wären sie in Rio aufgewachsen.
»Stopp, stopp, stopp«, schrie Constanze und drehte die Musik ab. »Dana und Florian, ihr macht das echt super, aber ihr anderen, ihr habt’s noch nicht. Kommt doch mal in die Mitte, ihr zwei, damit euch alle sehen können. Und für die anderen gilt: Nicht hopsen wie ein Storch mit Gipsbein. Das muss eine fließende Bewegung sein. Erst mal der Grundschritt. Vor hopphopp, rück hopphopp, vor hopphopp, rück hopphopp. Und jetzt mit Bounce. Vor, Paohopp, rück, Paohopp.« Constanze drehte die Musik wieder auf und wir hüpften erneut. Über Bennys Schulter konnte ich kurz einen Blick auf Vicky und Jakob werfen. Hihi, klasse! Er machte das ja gar nicht schlecht, aber mal ehrlich, Vicky sah aus, als hätte sie einen Juckreiz an einer sehr unangenehmen Stelle und würde sich nicht trauen, zu kratzen. Und dann wurde es noch schöner: Constanze ging auf die beiden zu, unterbrach sie, schickte Jakob an den Rand der Tanzfläche und übte mit Vicky noch mal in Zeitlupe den Grundschritt. Klar, dass ich mich in diesem Moment ganz besonders anstrengte, damit meine Hüften sexy kreisten.
»Sehr gut, Lilia und Benjamin«, rief Constanze uns zu. Vicky aber sah immer noch aus wie ein Huhn mit Milben.
Hähä! 1:0 für mich!
Und nach dem Kurs dann das 2:0: Wir standen an der Garderobe herum und verstauten unsere Tanzschuhe in unseren Rucksäcken, da fragte Dana, ob wir nicht alle noch meinen Geburtstag mit einem Eis nachfeiern wollten. Aber plötzlich fiel ihr ein, dass sie dann den letzten Bus verpassen würde. Flocke war ganz begeistert von der Idee und bot ihr an, sie und Maiken im Auto mitzunehmen und anschließend nach Hause zu fahren. Benny, Jakob und Tom waren mit dem Fahrrad da und verkündeten, sie wären mit von der Partie.
Als Vicky das checkte, wollte sie mich natürlich auch plötzlich feiern. Sie schenkte dem Flokati einen schmelzenden Blick und fragte mit Babystimme, ob er sie vielleicht auch heimfahren könne.
»Ohmeingottwieschaaaade!!!!!«, quiekte ich da ganz schnell, Vickys Tonfall nachahmend. »Unser Auto hat leider
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