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Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Titel: Wen liebst du, wenn ich tot bin? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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ich ihr etwas zu essen herzaubern.«
    »Hab mit meinem eigenen Kram genug zu tun«, sagte Dad und ging ins Haus.
    »Gefühlloser Mensch«, sagte Nan und murmelte noch etwas, das ich nicht verstand. Sie trat einen Schritt zurück, dann überlegte sie es sich anders. Ihr Blick wurde wieder sanfter.
    »Sagen Sie«, rief sie in die Küche, »kann man das Wasser aus dem Bach trinken?«
    Dad kam an die Tür zurück. Er lachte prustend. »Da fallen Schafe rein. Kadaver treiben im Wasser … aber machen Sie, was Sie wollen«, sagte er kopfschüttelnd.
    »Ich danke Ihnen vielmals!«, antwortete Nan nicht gerade freundlich.
    Aber ich fand, sie sah würdevoll aus, wie sie davonging, den Rücken gerade wie ein Bügelbrett und mit dem in die Decke gewickelten Kind.
    Dad füllte den Wasserkessel geräuschvoll nach und wich mir aus.
    Vom Wohnzimmer aus sah ich zu, wie Nan den längeren Weg um unseren Garten herum nahm, um wieder auf die Koppel zu gelangen.
    »Tja, wenigstens nimmt sie zur Kenntnis, dass dies Privatbesitz ist!«, rief Dad. »Verdammtes Weibsstück.«
    Ich ging in die Küche.
    »Kein Wort«, sagte Dad, ehe ich den Mund aufmachen konnte. »Wer geht morgens weg und lässt vier Kinder ohne Wasser zurück?«
    »Vielleicht hat er es nicht gemerkt.«
    »Iris.«
    Sein Bart war buschig geworden, an den Ecken kräuselte sich das Haar, und das machte ihn älter, als er eigentlich war. Ich wünschte, er würde sich den Bart abrasieren.
    »Ich meine es ernst, keine Widerrede. Es ist nicht meine Schuld, wenn ihr Mann ein Schwachkopf ist, der sich um nichts kümmert. Außerdem glaube ich ihr kein Wort.«
    »Weshalb sollte sie lügen?«
    In Dads Blick lag Erstaunen, als er mich ansah. Meine Wangen fingen an zu glühen.
    »Du glaubst wirklich alles, was man dir sagt, was?«
    »Tue ich nicht«, sagte ich etwas zu schnell, und da waren sie wieder, die kleinen Dolche, die hinter meinen Augen blitzten. Ich blinzelte sie weg.
    »Du bist zu mitfühlend, Iris. Du musst etwas härter werden, sonst nutzt man dich nach Strich und Faden aus. Wenn die wirklich kein Wasser mehr haben, dann bin ich …« Er verstummte und sah sich in der Küche um auf der Suche nach einem passenden Vergleich.
    Fiasco hob die Schnauze von ihrem Ball und grinste uns an, ihre rosa Zunge hing seitlich aus dem Maul und war voller Sabber.
    »Dann bin ich Fiascos Mutter«, schloss er.
    Ich konnte über seinen Witz nicht lachen.
    »Das sagst du jetzt nur, um dein Verhalten zu rechtfertigen.«
    »Wie? Heißt das, ich bin nicht Fiascos Mutter?«
    Ich wollte etwas darauf sagen, aber er war mit seiner Geduld am Ende. »Du irrst dich, Iris. Ich will mich nicht wieder mit dir streiten, also lassen wir das Thema, ja?«
    Die Worte klangen scharf und es war auch keine echte Frage; ich starrte ihn wütend an, aber ich hielt den Mund. Später am Nachmittag mussten Dad und Austin Holzspäne und Zement holen, und weil sie den Platz in dem Pick-up brauchten, durfte ich zu Hause bleiben. Sobald sie weg waren, rannte ich nach oben, um Tricks Familie zu beobachten. Der Wagen des Vaters stand nicht auf der Koppel. Die Männer arbeiteten die ganze Woche über. Tricks Mum war im Wohnwagen, aber drei der kleinen Mädchen schlugen im Freien Rad und machten Handstand. Patsy lag wahrscheinlich im Bett. Ich stellte mir vor, dass Mum irgendwo alleine auf sich gestellt war und Wasser brauchte.
    Meine Arme taten weh, als ich mit einem randvoll gefüllten Wassereimer über das untere Feld ging. Der Eimer wurde mit jedem Schritt schwerer und auf halbem Weg musste ich stehen bleiben und mich ausruhen. Ich stolperte über einen Stein und verschüttete ein bisschen Wasser, aber ich kehrte nicht um. Seit Ankunft der Wohnwagenleute war ich nicht mehr auf der Koppel gewesen.
    Nach Mums Abreise hatte Dad sich nicht mehr die Mühe gemacht, das Gras zu mähen. Es fühlte sich weich und federnd unter meinen Füßen an. Gänseblümchen, Löwenzahn und Sauerampfer standen büschelweise zwischen Wiesenkerbel und Bärenklau. Ich musste ziemlich aufpassen, damit ich mich nicht in ihnen verfing oder das Wasser ausschüttete.
    Als ich wieder aufblickte, saßen zwei von den Kleinen auf den Stufen des Wohnwagens. Über ihnen flatterte die Wäsche auf einer Leine. Es roch hier wie Trick. Sie starrten mich an, dann fassten sie sich an den Händen, liefen die Stufen hinauf und riefen nach ihrer Mutter.
    Als Nan herauskam, stand ich schon an der Feuerstelle.
    Sie sah mich ausdruckslos an und ich überlegte, was sie wohl

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