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Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Wen liebst du, wenn ich tot bin?

Titel: Wen liebst du, wenn ich tot bin? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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herum und gibt mit seinem blauen Auge an. Merkst du überhaupt, was hier vor sich geht?«
    Die Fritten brannten auf meiner Brust, und ich merkte, dass ich sie zerdrückte. Ich merkte, dass ich den Kopf schüttelte.
    »Jesus, Iris! Wie strohdumm kann man denn sein?«
    »Ich bin nicht dumm! Du hast überhaupt keine Ahnung, du bist doch derjenige, der –«
    »Ja?«, schrie er so heftig, dass ich zusammenfuhr. »Ich bin derjenige, der was?« Seine blitzenden Augen forderten mich heraus, meinen Satz zu beenden.
    Mein Herz klopfte zum Zerspringen. Ich schluckte. Ich wusste nicht, womit ich anfangen sollte.
    »Er hat nichts Unrechtes getan.«
    »Ach, und das weißt du so genau?«
    Ich nickte.
    »Weil er es dir gesagt hat?«
    Ich war nicht so verrückt, ein zweites Mal zu nicken.
    »Du weißt alles, was? Dabei bist du noch nicht einmal vierzehn!«
    Ich blickte vor mich hin, starrte auf das Gänsefingerkraut, das aus einem Spalt zwischen den Pflastersteinen wuchs. Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen, hörte das Missfallen in seiner Stimme, und ich wünschte mir, ich wäre so klein wie diese kleine gelbe Blüte vor meinen Füßen.
    »In fünfzehn Jahren ist mir nicht mal eine Packung Nägel abhanden gekommen. Dann taucht dieses Pack auf, und schon nach wenigen Wochen wird eingebrochen. Und du willst mir erzählen, das sei Zufall? Sie kommen hierher, machen alles kaputt und klauen, was nicht niet- und nagelfest ist, und danach muss irgendein Idiot alles wieder in Ordnung bringen. Aber nicht mit mir. Ich lass mich nicht noch einmal zum Narren halten. Damit ist ein für alle Mal Schluss. Ich weiß nicht, was dieser Kerl dir in den Kopf gesetzt hat, aber an deiner Stelle würde ich ihm kein Wort glauben.«
    »Was hast du vor?« Ich versuchte, erwachsen zu klingen, so als wäre es mir ziemlich egal, aber es hörte sich an wie ein Winseln. Und dann wiederholte ich die Frage mit weinerlicher Stimme, ich konnte einfach nicht anders.
    »Was hast du vor?«
    Dad nahm die Hände aus den Hosentaschen und fuchtelte vor meiner Nase herum. »Was ich vorhabe? Das geht dich verdammt noch mal nichts an. Ich werde tun, was mein Recht ist. Was ich schon längst hätte tun sollen.«
    Er rieb sich übers Gesicht, strich das Haar aus der Stirn und ging zur Küche.
    An der Tür drehte er sich um und sah mich an.
    »Eines muss man deiner Bande lassen. Sie haben etwas, was in dieser Familie schmerzlich fehlt. Zusammenhalt.«

Fünfzehn
    A m nächsten Morgen musste ich Dad zur Arbeit begleiten. Er garte Eier und röstete Gebäck und wir aßen schweigend. Sam lag noch im Bett. Ohne jeden Widerstand stieg ich in den Pick-up. Austin nahm an, dass es mir nicht gut ginge, und ließ mich eine Radiostation aussuchen. Kaum hatte ich eine gefunden, schaltete Dad das Autoradio aus.
    Sie waren dabei, ihre Arbeit im Hügelland zu beenden und die letzten absterbenden Ulmen zu fällen. Sobald wir angekommen waren, sprang ich aus dem Lieferwagen und erklärte, dass ich einen Spaziergang machen würde.
    Dad schien mich zurückhalten zu wollen. Ich funkelte ihn zornig an und meine ganze Haltung schrie geradezu: Und mit wem, glaubst du, werde ich mich hier draußen treffen?
    Austin lud die Kettensägen ab und schien von alldem nichts mitzukriegen. Nach einer Weile machte Dad eine knappe Handbewegung, als wäre in dieser Sache jedes Wort zu viel. Er entriegelte die hintere Bordwand des Pick-up und ließ sie achtlos aufklappen. Das metallische Krachen hallte zwischen den Hügeln besonders laut.
    »Zum Essen bist du aber zurück«, bellte er mir nach. »Halb zwölf, spätestens.«
    Ich stapfte in meinen Wanderschuhen durch das vertrocknete Gras und trampelte die hübschen Sumpfblumen nieder, bei denen ich sonst stehen geblieben wäre, um sie zu bestimmen.
    Er hatte überhaupt kein Vertrauen zu mir.
    Früher gingen wir hier jeden Samstag spazieren. Bei richtig schönem Wetter kamen sogar Mum und Sam mit, aber meist gingen sie lieber einkaufen. Unterwegs fragte Dad mich die Namen der Bäume ab und ich wollte ihn mit meinem Wissen beeindrucken.
    »Zerr-Eiche, ganz klar.«
    »Nö, Stein-Eiche.«
    »Zerr-Eiche. Die Blätter sind viel zu spitz für eine Stein-Eiche!«
    »Könnte eine Kreuzung sein«, sagte er dann und beließ es dabei.
    Danach machten wir einen Abstecher in den Pub, blätterten in seinen Bestimmungsbüchern über Wildblumen und Insekten und sprachen über das, was wir beobachtet hatten. Zum Essen durfte ich einen Viertelliter Limo mit Bier trinken.
    Vielleicht

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