Wen liebst du wirklich?
Sein erfreuter Ton ließ Laura eifersüchtig zusammenzucken. "Wie steht's bei dir?"
Dann lauschte er eine Weile schweigsam, wobei seine Miene immer besorgter wurde. Laura stand auf und zog sich taktvoll in die Küche zurück. Wer mochte diese Frau sein, an der er solchen Anteil nahm?
Unverbesserliche Närrin! schalt sie sich ärgerlich, während sie den Frühstückstisch für den nächsten Morgen deckte. Diese Sheila war bestimmt eine atemberaubende Schönheit, weit gereist und besaß einen Doktortitel in Astrophysik. Wie hatte sie sich nur einbilden können, Cassian könne sich auch nur freundschaftlich für sie interessieren?
Die kleine graue Maus, die sich vor ihrem eigenen Schatten fürchtete, lebte auf einem ganz anderen Planeten als er … Und wieder kämpfte sie mit den Tränen.
"Ich gehe jetzt ins Bett."
Cassian kam nicht in die Küche, sondern blieb in der Eingangshalle stehen. Laura warf ihm durch die offene Tür einen raschen Blick zu und erschrak, wie niedergeschlagen er aussah. Was immer diese Sheila ihm gesagt haben mochte, es hatte ihn tief getroffen. Lara schluckte. Warum war sie nicht in der Lage, ihn derart zu berühren?
"Gute Nacht", flüsterte sie, hoffte aber, er würde bleiben und ihr von seinem Kummer erzählen.
Er rührte sich nicht, wirkte wie am Boden zerstört. Am liebsten wäre Laura zu ihm gegangen, hätte ihn in den Arm genommen und getröstet.
"Ich muss morgen wieder nach Harrogate", sagte er ausdruckslos. "Soll ich dich mitnehmen?"
Er wollte sich ihr also nicht anvertrauen. Traurig stellte Laura die Marmelade auf den Tisch. "Nein. Morgen kaufe ich für Mr. Walker ein."
"Wie bitte?"
Ihr war klar, dass er ihr kaum zuhörte. Lustlos verteilte sie das Besteck, wobei sie trotzig hinzufügte: "Ich habe dir doch von ihm erzählt. Der alte Mann, für den ich die Einläufe erledige." Als Cassian immer noch verständnislos ins Leere blickte, platzte ihr der Kragen. "Er ist alt und übellaunig und jammert mir die Ohren voll. Ich gehe zu Fuß die zwei Meilen nach Grassington, kaufe ein, was er braucht, schleppe die Tüten die zwei Meilen zurück und räume ihm alles in die Schränke, während er nur herummäkelt. Dann mache ich ihm eine Tasse Tee, helfe ihm in seinen Lehnstuhl, und wir sehen eine Stunde zusammen fern. So sieht der Höhepunkt der Woche für mich aus!" Sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten und begann zu schluchzen. "Toll, nicht wahr? Ich weiß, wie man lebt, oder? Kein Wunder, dass du ganz gefesselt von mir bist!"
"Laura!" Cassian sah sie erschrocken an. "Was hat dich so aufgebracht?"
"Unwichtig!" entgegnete sie schroff und wandte sich ab.
Er drehte sie zu sich herum und nahm sie seufzend in die Arme. "Es ist wichtig."
"Nur für mich", meinte sie trotzig.
Cassian drückte sie an sich. "Die letzten Tage waren sehr aufwühlend für dich. Es wäre eher ein Wunder, wenn dich das nicht aus dem Gleichgewicht gebracht hätte." Er streichelte ihr sacht das Haar. Für Laura war es ein wundervolles Gefühl, und sie schmiegte sich entspannt an ihn. Doch zu ihrem Leid ewesen wich er zurück.
"Ich … habe das über Mr. Walker nicht ernst gemeint", flüsterte sie. "Ich mag ihn und kümmere mich gern um ihn. Es muss schrecklich für ihn sein, immer ans Haus gefesselt zu sein."
"Wie lange tust du das schon für ihn?" erkundigte sich Cassian.
"Keine Ahnung … seit dem Tod seiner Frau. Ich habe ihr immer die Haare gemacht, weil sie schwere Arthritis in den Händen hatte."
Cassian schwieg einen Moment, wobei er gedankenverloren mit einer Locke ihres Haares spielte. "Wie wild bist du eigentlich auf einen der Jobs, die man dir jetzt angeboten hat, Laura?" fragte er schließlich zögernd.
Sie blickte zu ihm auf. "Sehr. Du weißt doch, dass ich unbedingt eine Arbeit brauche, um mit Adam überleben zu können. Wie soll ich mir sonst den täglichen Champagner leisten?" fügte sie trocken hinzu.
Er lächelte über ihren Galgenhumor und reichte ihr ein Taschentuch. "Nun, es gäbe da noch einen anderen Job, an dem du vielleicht interessiert sein könntest." Cassian rückte ihr einen Stuhl zurecht und setzte sich dann neben sie. "Ich habe eine Freundin … eine sehr gute Freundin", begann er.
"Sheila?" Was für eine "gute Freundin" mochte sie sein? Gut genug fürs Bett?
Er nickte. "Ja. Sie leitet eine Wohltätigkeitsstiftung, entscheidet über den sinnvollen Einsatz der vorhandenen Gelder."
"Ich beneide sie", warf Laura ehrlich ein. Sheila war nicht nur Cassians Freundin,
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