Wen liebst du wirklich?
trostlos vor ihr aus. Denn sie begriff in diesem Moment unwiederbringlich, dass sie Cassian liebte.
Sie hatte immer davon geträumt, sich so zu verlieben. Aber in ihren Träumen hatte der Mann ihre Liebe erwidert und ihr einen Heiratsantrag gemacht. Und sie hatte sich ausgemalt, wie sie bis zu ihrem Ende glücklich und zufrieden leben würden. Aber das Leben war kein Märchen. Es konnte sehr grausam sein und einen gerade dann niederwerfen, wenn man es geschafft hatte, wieder aufzustehen.
Cassian hatte ihre unterdrückten Gefühle freigesetzt: Er hatte sie geängstigt, ihre Wut und ihren Trotz geweckt. Nachdem die Schleusen einmal geöffnet waren, hatte sie ihre Sehnsucht nach Liebe auf Cassian gerichtet. Doch wenn man sich zu weit vorwagte, bestand immer auch die Gefahr, verletzt zu werden.
Mit dem Rücken zum Wagen, kämpfte sie mit den Tränen. Für sie würde es nie einen anderen Mann geben, der Cassian das Wasser reichen konnte. Sie liebte ihn. Begehrte ihn. Und wusste doch ganz genau, wie hoffnungslos ihre Sehnsucht war.
8. Kapitel
Wieder auf Thrushton Hall, tauschte Laura ihre feinen neuen Sachen gegen ihre übliche Kleidung. Und nachdem sie gegessen hatten und Adam im Bett war, verbrachte Laura den Abend damit, im Wohnzimmer zu sitzen und so zu tun, als würde sie lesen, während Cassian schweigsam und nachdenklich in der anderen Ecke saß und vorgab, an seinem Laptop zu arbeiten.
"Du vergräbst dich jetzt schon seit Stunden in deinen Gedanken", bemerkte Cassian schließlich ruhig. "Inzwischen hast du doch sicher eine Entscheidung getroffen."
Sie wich seinem prüfenden Blick aus, damit er ihre wahren Gefühle nicht erahnte. "Noch nicht. Wahrscheinlich wird es entweder die Stelle als Anwaltssekretärin oder die an der Rezeption des Krankenhauses", antwortete sie zögernd. Tatsächlich hatte sie bislang kaum einen Gedanken daran verschwendet.
"Du musst einen außerordentlich guten Eindruck hinterlassen haben", meinte Cassian anerkennend. "Glaubst du mir jetzt, wenn ich dir sage, dass du alles erreichen kannst, was du willst, wenn du es nur willst?"
Laura fühlte einen Funken Hoffnung aufkeimen. Wenn sie wollte, dass er sie genauso wahrnahm und respektierte, wie es diese potenziellen Arbeitgeber getan hatten – und sie wünschte es sich mehr als irgendetwas anderes –, dann brauchte sie Zeit. Die hatte sie aber nicht, es sei denn, sie machte sich sehr schnell für ihn unentbehrlich.
Cassian würde sie nie lieben. Das musste sie akzeptieren. Konnte sie sich mit Freundschaft zufrieden geben? Adam würde sehr von Cassians Kraft und Stärke profitieren. Für sie würde es dagegen eine Qual sein, mit dem Mann unter einem Dach zu leben, den sie liebte, und ihre wahren Gefühle vor ihm verbergen zu müssen. Aber es war immer noch besser, als ihn nie wiederzusehen … und schon allein Adam zuliebe musste sie alles tun, ihren Verbleib auf Thrushton Hall zu sichern.
Sie beobachtete Cassian verstohlen. Allein sein Anblick ließ ihr Herz schneller schlagen. Sie musste es geschickt anfangen, ihn mit köstlichen Mahlzeiten verwöhnen und ihm das Leben auf Thrushton Hall so angenehm machen, dass er sie nicht mehr würde gehen lassen wollen … egal, wie gut er in der Lage war, allein zurechtzukommen. Wie alle Männer würde es auch ihm gefallen, sich verwöhnen zu lassen, vorausgesetzt, sie ging vorsichtig vor und engte ihn nicht ein.
"Du siehst so ernst und nachdenklich aus", bemerkte sie sanft. "Denkst du wieder an Jai?"
Er warf ihr einen Blick zu und wich ihrem dann mit unbewegter Miene aus. "Nein, an etwas anderes."
Sie konnte sich gerade noch zurückhalten weiter nachzufragen. Er hätte es ihr gesagt, wenn er es gewollt hätte. Sieh mich an! Rede mit mir! Vertrau dich mir an! hätte sie ihn am liebsten angeschrien. Aber eine offene Zurückweisung hätte sie nicht ertragen. Es war auch so schon nicht zu übersehen, dass er sie nicht brauchte.
Es wird nicht funktionieren, dachte sie mutlos, und ihr zartes Selbstvertrauen schwand. Sie würde sich nie beherrschen können, weil sie ihn zu sehr liebte. Die Vernunft riet ihr, sich ihren Gefühlen zu verschließen und die Sache pragmatisch zu handhaben.
Trotzig presste sie die Lippen fest zusammen. Sie wollte alles: das Haus, den Job, Cassian. Unmöglich! Tränen traten ihr in die Augen.
Glücklicherweise klingelte Cassians Handy, so dass er abgelenkt wurde.
"Cassian Baldwin", meldete er sich. Im nächsten Moment hellte sich sein Gesicht auf. "Sheila!"
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