Wendekreis des Krebses
ça!»
Trotzdem hielt ich es für meine Pflicht, es zu erwähnen. Sie wurde hysterisch und begann zu heulen wie ein Walroß, dann goß sie erneut Wein in die Gläser. Ein paar Augenblicke später lachte sie lärmend. Sie lachte bei dem Gedanken, wie sie beim Zubettgehen immer miteinander gerungen hatten. «Er mochte es gerne, wenn ich mich mit ihm herumbalgte», sagte sie. «Er war brutal!»
Als wir uns zum Essen hinsetzten, erschien eine Freundin von ihr, ein Hürchen, das am Ende des Flurs wohnte. Ginette schickte mich sofort hinunter, um mehr Wein zu holen. Als ich zurückkam, hatten die beiden sich offenbar angeregt unterhalten. Ihre Freundin – Yvette – war für die Polizei tätig. Als eine Art Lockvogel, soweit ich verstand. Jedenfalls wollte sie, daß ich das glaubte. Es war ganz offensichtlich, daß sie bloß eine kleine Hure war. Aber sie hatte eine Leidenschaft für die Polizei und ihr Tun und Treiben. Während des ganzen Essens bestürmten sie mich, sie zu einem Bal musette zu begleiten. Sie wollten sich einen lustigen Abend machen – es sei so einsam für Ginette ohne ihren Jo-Jo, der im Krankenhaus lag. Ich sagte ihnen, ich hätte zu arbeiten, aber an meinem dienstfreien Abend würde ich wiederkommen und sie ausführen. Ich machte ihnen auch klar, daß ich kein Geld für sie ausgeben konnte. Ginette, die ehrlich aus allen Wolken fiel, als sie das hörte, gab vor, das mache nicht das geringste aus. Um zu zeigen, was für eine gute Kameradin sie war, bestand sie tatsächlich darauf, mich in einem Taxi zur Arbeit zu bringen. Sie mache das, weil ich ein Freund von Jo-Jo sei. Und deshalb sei ich auch ihr Freund. ‹Und somit›, dachte ich bei mir, ‹kommst du, wenn etwas mit deinem Jo-Jo schiefgeht, im Handumdrehen zu mir. Dann wirst du sehen, was für ein Freund ich sein kann!› Ich war so nett zu ihr wie nur möglich. Ich ließ mich sogar von den beiden überreden, als wir vor dem Büro aus dem Wagen stiegen, gemeinsam einen letzten Pernod zu trinken. Yvette wollte wissen, ob sie mich nicht nach der Arbeit abholen könne. Sie hätte mir eine Menge vertraulich zu erzählen, fügte sie hinzu. Aber es gelang mir, das abzulehnen, ohne sie zu verletzen. Leider war ich schwach genug, ihr meine Adresse zu geben. Leider , sage ich. In Wirklichkeit bin ich recht froh darüber, wenn ich daran zurückdenke. Denn gleich am folgenden Tag begannen sich allerhand Dinge abzuspielen. Am nächsten Tag, ehe ich auch nur aus dem Bett gestiegen war, suchten mich die beiden auf. Jo-Jo war aus dem Krankenhaus weggebracht worden, man hatte ihn in ein kleines Château auf dem Lande, nur ein paar Meilen von Paris entfernt, verlegt. Das Château wurde es genannt. Nur eine höfliche Bezeichnung für ‹Irrenhaus›. Sie wollten, daß ich mich sofort anziehen und mit ihnen gehen sollte. Sie waren in heller Aufregung.
Allein wäre ich vielleicht hingegangen, aber ich konnte mich ganz einfach nicht entschließen, mit diesen beiden hinzugehen. Ich bat sie, unten auf mich zu warten, bis ich mich angezogen hatte, mit dem Hintergedanken, Zeit zum Erfinden einer Ausrede zu gewinnen, warum ich nicht mitging. Aber sie wollten das Zimmer nicht verlassen. Sie saßen da und sahen mir beim Anziehen und Waschen zu, als sei das die alltäglichste Sache von der Welt. Mittendrin platzte Carl herein. Ich erklärte ihm kurz auf englisch die Situation, und dann heckten wir eine Entschuldigung aus, wonach ich eine wichtige Arbeit zu erledigen hätte. Um jedoch keine Verstimmung aufkommen zu lassen, holten wir Wein und begannen, sie damit zu unterhalten, daß wir ihnen ein Buch mit schmutzigen Zeichnungen zeigten. Yvette hatte schon alle Lust verloren, zu dem Château zu gehen. Sie und Carl verstanden sich famos. Als es Zeit zum Aufbruch war, beschloß Carl, die beiden zum Château zu begleiten. Er dachte, es müßte komisch sein, Fillmore mit einem Haufen Geisteskranker herummarschieren zu sehen. Er wollte gerne sehen, wie es im Irrenhaus zuging. Sie brachen also auf, etwas benebelt und in bester Laune.
Während der ganzen Zeit, die Fillmore im Château war, ging ich nicht ein einziges Mal hin, um ihn aufzusuchen. Es war nicht nötig, denn Ginette besuchte ihn regelmäßig und berichtete mir alle Neuigkeiten. Man hoffte, ihn in ein paar Monaten wiederherzustellen, sagte sie. Man hielt es für eine Alkoholvergiftung, nichts weiter. Er hatte allerdings einen Tripper, aber das war nicht schwer zu heilen. Soweit man feststellen konnte, hatte er
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