Wendland & Adrian 02 - Die Krypta
Kopf eines Mannes nur um Haaresbreite verfehlte. Hätte er sich Sekundenbruchteile später geduckt, wäre ihm der Schädel zerschmettert worden.
Die Ingenieurin fluchte und rannte los. Barnstett folgte ihr. Der Bohrerführer, der von seinem Sitz heruntergefallen war, hatte sich glücklicherweise nur den Knöchel verstaucht. Und der unglückselige Fahrer war mit dem Schrecken davongekommen.
»Sie können sich Ihre Papiere abholen!«, schrie die Glosowski ihn mit hochrotem Kopf an.
»Alles hat plötzlich vibriert«, stammelte er. »Nicht nur der Wagen, auch der Boden darunter.«
»Unsinn! Da war einfach nur eine Störung am Bohrkopf. Wenn Sie Idiot nicht angefahren wären ... «
Der Bohrerführer rieb sich seinen Knöchel und sagte: »Irgendetwas hat den Bohrer plötzlich abgebremst. Ein ... Widerstand. Keine Ahnung, was das war.«
»Lenken Sie nicht ab!« Sie zeigte wütend auf die Trümmer des Bohrgerätes. »Sie haben beim Justieren einen Fehler gemacht! Kommen Sie mir also nicht mit irgendwelchen Widerständen im Untergrund. Worauf wollen Sie denn hier an dieser Stelle gestoßen sein, außer auf Grundwasser?«
Das beschädigte Bohrfahrzeug wurde weggefahren, und sofort trieb die Glosowski ihre Abrisstrupps wieder zur Arbeit an.
Chris und Heike tollten mit Ahriman im Park herum. Sie hielten einen Moment inne und Chris fragte: »Sag mal, deinem Mann ist es wohl nicht recht, dass ich hier bin?«
Heike machte ein betrübtes Gesicht. »Ich weiß nicht, was er hat«, sagte sie. »Wenn meine Freundinnen aus dem Kaffeekränzchen kommen, ist er viel netter.«
»Er befürchtet, dass ich dich ausnutze.«
»Das hat er gesagt?« Heike zuckte die Achseln. »Komisch. Ach, vielleicht hatte er einfach schlecht geschlafen.«
Chris verschwand kurz im Gästehaus, um für die Fahrt zum Dom Portmonee und Medizinbeutel an ihrem Gürtel zu befestigen. Als sie dann in Richtung Villa ging, kam ihr Heikes Mann entgegen. Sie verspürte den Impuls sich seitwärts ins Gebüsch zu schlagen, unterdrückte diesen Wunsch aber tapfer.
Zu ihrer Überraschung lächelte Roland Vandenberg sie freundlich an. Er streckte ihr die Hand hin. »Ich möchte mich bei dir entschuldigen, Chris«, sagte er. »Ich bin vorhin sehr schroff gewesen. Das hat sicherlich auch etwas mit dem beruflichen Stress zu tun, unter dem ich in letzter Zeit stehe. Vom Fenster aus habe ich gesehen, wie herzlich ihr beide miteinander umgegangen seid, als ihr im Park mit Ahriman herumgetobt habt. Wie es scheint, hat Heike in dir wirklich eine gute Freundin gefunden. Ich muss sie leider in letzter Zeit oft allein lassen.«
Das klang schon viel besser. Chris erwiderte das Lächeln. Rolands Händedruck fühlte sich warm und kräftig an. Er fügte noch hinzu: »Du bist hier bei uns willkommen und kannst gerne im Gästehaus wohnen, bis du eine andere Bleibe gefunden hast.«
Anschließend ging er zum Parkplatz und brauste in seinem roten Porsche davon, wobei er Chris aus dem
Wagen noch einmal zuwinkte. Jetzt fand sie ihn fast schon wieder eine Spur zu freundlich.
Chris kraulte Ahriman, der vor der Villa saß, den Kopf, und wieder weigerte sich der Hund mit hineinzukommen. Im Morgenlicht erschienen Chris die Fensterrosetten schöner denn je. Heike kam ihr strahlend entgegen. »Alles in Ordnung«, berichtete sie. »Als ich vorhin ins Haus ging, kam Roland zu mir und hat gesagt, wie Leid es ihm tut, dass er so unfreundlich war.«
»Er hat sich bei mir entschuldigt«, sagte Chris und fragte sich, ob die Entschuldigung ehrlich gemeint war oder ob er es nur seiner Frau zuliebe getan hatte.
»Das ist auch einer der Gründe, warum ich ihn so lieb habe: Er kann Irrtümer zugeben und sich entschuldigen. Übrigens kommt heute Onkel Harald zum Abendessen. Ich habe Roland erzählt, dass du dich mit einer Freundin triffst, und da hat er gesagt, dass du sie gerne zum Essen mitbringen kannst.«
Chris hob die Brauen. »Weiß er denn, dass sie die Kommissarin ist, die ihn kürzlich wegen des Hauseinsturzes befragt hat?«
Heike strich sich durchs Haar. »Das habe ich ihm nicht gesagt. Aber was macht das schon? Er hat ja nichts zu verbergen. Und die Untersuchung hat ergeben, dass es eine Gasexplosion war. Die Ermittlungen sind eingestellt worden.« Das hatte Susanne Chris am Telefon auch erzählt und war deswegen sehr empört gewesen.
»Was ist, wenn er denkt, dass ich für Susanne hier bei euch herumschnüffele?«
Heike legte den Arm um ihre Schulter. »Ach was. Bring Susanne ruhig mit.
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