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Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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Chris fand, dass er viel zu protzig war, um etwas wirklich Heiliges enthalten zu können. Susanne blieb an einer durch ein niedriges Gitter aus gekreuzten Eisenstäben abgesperrten Treppe stehen.
    »Sie führt hinunter in die Bischofskrypta. Karla ist die Treppe hinuntergefallen. Schädeltrauma mit tödlicher Hirnblutung.«
    Chris verzog schmerzvoll das Gesicht.
    »Warte mal«, sagte Susanne, »den Typen, der da vorne ankommt, kenne ich.« Sie fasste Chris bei der Schulter. »Komm, wir setzen uns schnell drüben in die Bank, damit er uns nicht sieht!«
    Ein kleiner, rundlicher Mann, in dessen Gesicht sich tiefe Besorgnis spiegelte, steuerte zielstrebig auf die Treppe zu, die hinunter zur Bischofskrypta führte. Susanne und Chris duckten sich in die Holzbank, doch er bemerkte sie ohnehin nicht. Er klappte das Absperrgitter auf und schloss es wieder hinter sich. Dann stieg er die Treppe hinab und verschwand aus dem Blickfeld.
    »Das ist Scharenbroich, der Domdechant. Ich will wissen, wo er hingeht«, zischte Susanne. »Los, wir folgen ihm!«
    Das wurde ja richtig spannend. »Du hast mir noch keinen Hilfssheriffstern an die Brust geheftet«, sagte Chris.
    Susanne grinste. An der Absperrung schaute sie sich um, wohl um sich zu vergewissern, dass keiner dieser streng aussehenden rot gekleideten Aufpasser herschaute, dann stieg sie elegant und geschmeidig wie eine Katze über das Gitter. Chris folgte ihr und fühlte sich dabei im Vergleich zu Susanne ziemlich plump und unbeholfen. Ihre Jeans spannte und bei dieser Gelegenheit wurde ihr wieder einmal bewusst, wie schwerfällig sie durch ihre zunehmende Leibesfülle inzwischen geworden war.
    Am Fuß der Treppe versperrte eine hohe Gittertür den Weg. Susanne drückte auf die Klinke. »Mist«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Er hat von innen abgeschlossen.«
    Nun tauchte tatsächlich eine rot gekleidete Gestalt oben an der Treppe auf. »Wat machen Sie denn da unten?«, fragte er streng. »Da is für Besucher kein Zutritt.«
    Susanne zwinkerte Chris zu. »Meine Freundin muss mal austreten, wir dachten, da sind die Toiletten.«
    Der Domschweizer entgegnete sichtlich gekränkt: »Im Dom gibt's keine Toiletten! Die sind draußen am Roncalliplatz!« Dann ging er kopfschüttelnd weiter.
    Als sie wieder über das Gitter gestiegen waren, Susanne leichtfüßig, Chris mit einem leisen Schnaufen, sagte Susanne: »Hör zu, ich warte hier auf Scharenbroich. Irgendwann muss er ja zurückkommen. Dann werde ich ihn ein bisschen ausquetschen. Ich hoffe, das Warten ist dir nicht zu langweilig.« Chris schüttelte den Kopf.
    Es verging vielleicht eine Viertelstunde, während der Chris ihren Blick durch das Gewölbe des Doms schweifen ließ. Auf der anderen Rheinseite, am Drachenfels bei Königswinter, war im Mittelalter eine halbe Bergflanke weggemeißelt worden, um die Hunderttausende von Steinen zu gewinnen, die hier verbaut waren - alles in schwerer, mühseliger Handarbeit. Indianer wären niemals auf die Idee gekommen Gott ein derartiges Haus zu bauen; sie beteten unter freiem Himmel.
    Chris sah Susannes nervös auf und ab wippenden Fuß und hörte einer Domführerin zu, die gerade zu ihrer Gruppe sagte: »Im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert gab es in der Amtskirche die Tendenz, den Kampf gegen die im Volksglauben nur allzu lebendigen Naturgeister aufzugeben ... «
    Naturgeister? Chris spitzte neugierig die Ohren. »... Da die Kirche die heidnischen Kräfte nicht besiegen konnte, wurden sie von ihr kurzerhand vereinnahmt. Das zeigt sich in der Gotik sehr deutlich. Im Dom räumte man diesen Geistern und vermeintlich dämonischen Kräften bewusst ihren Platz ein, und zwar an mit Bedacht ausgewählten Stellen: im Außenbereich, auf Kapitellen hier im Innenbereich und sogar im Hochchor, dem zentralen Heiligtum. Es finden sich Greifen, Drachen und andere Tiere, Feen, Waldschrate und Hexen und Darstellungen diverser Zauberriten, insbesondere an dem aus dem vierzehnten Jahrhundert stammenden hölzernen Chorgestühl. Es gibt sonderbare Zwitterwesen, halb Mensch, halb Tier, und Geschöpfe, die Engel und Dämon zugleich sind, etwa an den Pfeilern das Langschiffs. Und die von den vorchristlichen, germanischen und keltischen Kulten als heilig verehrte Natur hat hier im Dom überall Einzug gehalten: Es gibt an den Säulen zahlreiche naturgetreue Laubkapitelle. Und es gibt viele Laubmasken; das sind von Laub umgebene Menschen- oder Dämonengesichter - symbolische

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