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Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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sagte sie, was, wie sie fand, nicht sehr originell war.
    Ehe sie aufstehen konnte, stellte Roland Vandenberg seine Teetasse mit einem Ruck ab und schaute sie durchdringend an. »Hör gut zu«, sagte er mit der Autorität eines wohlhabenden, einflussreichen Mannes, der sich seiner Macht voll bewusst war, »ich halte nicht viel von Leuten wie dir, aber Heike hat dich ins Herz geschlossen. Ich liebe meine Frau sehr. Sollte ich feststellen, dass du ihre Gutmütigkeit ausnützt und dich bei uns einnistest, um dich durchfüttern zu lassen, werfe ich dich achtkantig hinaus!« Alles Jungenhafte war verschwunden. Er erhob sich und verließ wortlos das Zimmer.
    Missmutig lehnte Barnstett am Kotflügel seines orangegelben Dienstwagens und beobachtete, wie die drei auf schweren Lastwagen montierten Bohrgeräte, deren lange Röhren wie Raketenwerfer aussahen, auf dem Klostergelände die Arbeit aufnahmen. Die Nebengebäude des Klosters waren bereits abgerissen, das Hauptgebäude hatte man seines Daches beraubt. Die Sprengung der Klosterkirche hatte die Glosowski auf sechzehn Uhr angesetzt.
    Barnstett gingen die betenden Ordensschwestern nicht aus dem Kopf. Er hatte das Gefühl, dass die Worte des Psalms immer noch in der Luft hingen. Historische Gebäude waren für ihn wie lebendige Wesen. Sie atmeten den Geist all der Menschen, die im Lauf der Jahrhunderte in ihnen gehaust hatten. Barnstett liebte den Geruch, den alte Mauern ausströmten, und strich gern mit der Hand über Mobiliar und Balken. Baudenkmäler bewahrten die Kultur, die Seele eines Volkes.
    Seine undankbare Aufgabe hier in Bischofsweiler bestand darin, den Fortgang der Abrissarbeiten zu überwachen und aktiv zu werden, wenn historische Fundstücke auftauchten, die es zu bergen und zu sichern galt. Oder wenn nicht in den Plänen eingezeichnete Gebäudeteile entdeckt wurden, die möglicherweise solche historischen Fundstücke bargen. In diesem Fall war er befugt, die Unterbrechung der Arbeiten anzuordnen, damit eine Bergung der Funde erfolgen konnte. Und er war fest entschlossen aufzupassen wie ein Luchs und keine Gelegenheit zur Verzögerung des Abrisses auszulassen - schon allein um den Anblick des vor Wut geröteten Gesichts der Ingenieurin Glosowski genießen zu können. Wenn er das barbarische Abschlachten dieses geschichtsträchtigen Ortes nur für zwei oder drei Stunden stoppen konnte, bedeutete das wenigstens eine kleine Genugtuung, einen kleinen Sieg der denkmalpflegerischen Vernunft. Bislang war nichts zu Tage getreten, was ihn zum Einschreiten berechtigt hätte. Aber er würde weiter wachsam bleiben.
    Die Glosowski stapfte in ihren gelben Gummistiefeln heran, stellte sich neben ihn, zündete sich eine Zigarette an und betrachtete mit sichtlichem Wohlgefallen ihr Werk. »Wir kommen gut voran«, sagte sie. »Ich hoffe, ihr Denkmalschützer kommt mir nicht noch in die Quere.«
    Barnstett musste sich zwingen höflich zu bleiben. »Wenn wir Ihnen in die Quere kommen, wie Sie sagen, tun wir nur unsere Pflicht und bewahren alte Kulturgüter vor der Zerstörung.«
    Sie grinste. »Wenn Sie könnten, würden Sie mich und meine ganze Abrisstruppe am liebsten auf den Mond schießen - stimmt's, Herr Barnstett?«
    »Dort wären Sie ja völlig unnütz«, sagte der Denkmalschützer mit grimmiger Miene über den Lärm hinweg, den eine weitere einstürzende Klostermauer verursachte. »Auf dem Mond gibt es keine Braunkohle.«
    Was dann geschah, hatte Barnstett noch nie erlebt, und die Glosowski ließ vor Schreck ihre Zigarette fallen. Das Bohrfahrzeug, das der Klosterkirche am nächsten stand, begann zu vibrieren. Erst erfasste diese Vibration nur die lange, schlanke Röhre des eigentlichen Bohrgeräts, dann übertrug sie sich auf den gesamten Lkw. Er vibrierte so schnell und heftig, dass er vor Barnstetts Augen regelrecht zu verschwimmen schien. Der Fahrer, der gerade im Führerhaus Kaffeepause gemacht hatte, schrie und geriet in Panik. Statt herauszuspringen, legte er den Gang ein und gab Gas, völlig kopflos, offenbar, um der Gefahrenzone so schnell wie möglich zu entkommen. Der Mann, der hinten den Bohrer bedient hatte, fiel von seinem Sitz, und das Bohrgestänge zerlegte sich unter lautem Kreischen und Klirren in seine Einzelteile. Die in der Nähe stehenden Arbeiter gingen in Deckung oder ließen sich flach auf den Boden fallen. Gestängeteile schwirrten durch die Luft, schlugen krachend gegen Hauswände und Baufahrzeuge. Entsetzt sah Barnstett, wie eine Bohrstange den

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