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Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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mitzubringen. Chris mochte die betonierte Unterwelt der U-Bahnhöfe nicht. Die Luft roch dort immer so metallisch und schal. Sie war froh gewesen, hinauf ins Sonnenlicht der Domplatte zu steigen.
    Susanne wirkte sehr angespannt. »Ich glaube nicht, dass Hatheyer der Mörder ist. Er ist nur das Opferlamm. So hat er es gestern selber ausgedrückt. Sie opfern ihn, um die wahren Hintergründe zu verschleiern.«
    Chris nahm sie in den Arm und streichelte ihre Schultern, die sich sehr hart anfühlten. »He, versuch deine Schultermuskeln zu lockern«, sagte sie leise.
    »Die stecken alle unter einer Decke. Die Dom-Pfaffen. Herkenrath. Der Polizeipräsident. Vielleicht sogar Antweiler. Verdammt, ich würde jetzt gerne eine rauchen. Aber der Marder lässt mich nicht. »
    Chris musste lachen. »Dazu ist er da«, sagte sie. »Entspann dich. Wenn du dich verkrampfst, kannst du nicht klar denken, und deine Intuition dringt auch nicht durch. Vielleicht sind die Dinge gar nicht so, wie du glaubst. Vielleicht ist alles ganz anders.«
    »Und Roland Vandenberg? Was hast du für einen Eindruck von dem?«
    Chris zögerte. »Bisschen seltsam. Erst total unfreundlich, später wie ausgewechselt. Entweder hat er mir was vorgespielt oder seine Nerven sind ziemlich angeknackst.«
    »Lass uns in den Dom gehen«, sagte Susanne. »Vielleicht kommen wir ja drinnen auf eine Idee.«
    Wenn sie die Kathedrale betrat, kam es Chris so vor, als würde sie in den Schatten eines kühlen, dunklen Waldes treten. Der Dom war einer der wenigen Orte, wo sie sich in dieser Riesenstadt einigermaßen wohl fühlte.
    Susanne rieb sich die Schultern. »Ich mag ihn nicht«, sagte sie. »Er ist irgendwie gruftig.«
    »Aber er ist doch ganz hübsch«, widersprach Chris. »Mir scheint, dass diese alten Baumeister versucht haben Formen aus der Natur nachzuahmen. Das gefällt mir. Es hat mehr Seele als die modernen Gebäude. Und dann diese bunten Fenster. Schau dir das Licht an!«
    Susanne schien für die Schönheit des Gebäudes keinen Blick zu haben. Sie steuerte auf den Chorumgang zu, Chris folgte ihr, ließ aber dabei immer wieder den Blick schweifen. Wollten seine Baumeister wirklich nur die Natur nachahmen oder sie übertreffen? Waren diese endlos emporsteigenden Säulen nicht doch Ausdruck eines himmelstürmenden Größenwahns? Nun, dachte Chris, immerhin ein ästhetisch sehr erfreulicher Größenwahn. Jedenfalls waren ihr gotische Kathedralen sympathischer als moderne Wolkenkratzer. Bei diesen Gedanken war sie stehen geblieben und hatte den Kopf in den Nacken gelegt. Jetzt schaute sie wieder nach vorn und bemerkte, dass sie Susanne verloren hatte. Sie fand sie im Chorumgang wieder, wo sie vor der Tür zur Sakramentskapelle wartete. »Dort drin habe ich ihn gestern gesehen«, sagte sie. Sie warfen einen Blick hinein, doch die Kapelle war, bis auf zwei alte, melancholisch in die Kerzen blickende Frauen, leer.
    »Scheiße«, flüsterte Susanne ziemlich unheilig. »Ich bin sicher, dass er nicht der Mörder ist, ich weiß es einfach. Er hat mir gestern die Wahrheit gesagt. Du rätst mir doch immer, dass ich meiner Intuition vertrauen soll.«
    Als sie wieder hinausgingen und unschlüssig vor dem Gerokreuz standen, wurde gerade eine riesige Truppe japanischer Touristen in den Chor geführt, wo ihnen eine Führerin auf Englisch die Besonderheiten der mittelalterlichen Fenster erläuterte. Chris stellte befriedigt fest, dass sie immer noch alles verstehen konnte, obwohl sie seit ihrer Rückkehr aus Kanada etwas außer Übung war, was die englische Sprache anging. Sie schaute Susanne an und fragte: »Und was machen wir jetzt?«
    Susanne hob die Schultern. »Lass uns wieder raus in die Sonne gehen, okay?«
    »Zeigst du mir die Stelle, wo Karla ...?« Der Gedanke an den Tod der kleinen Frau bereitete Chris Unbehagen. Chris war überzeugt, dass Karla das zweite Gesicht besessen hatte. Sie fragte sich, was Karla so magisch in den Dom gezogen hatte.
    In diesem Moment spürte sie eine Vibration unter ihren Füßen, ein fernes, kaum merkliches Beben im Untergrund, als sei tief unten ein Zug vorübergefahren, und da war ein unangenehmes Ziehen in der Magengegend. Chris legte unwillkürlich die Hand auf den Bauch. »Da war gerade so ein... Zittern«, flüsterte sie. »Hast du nichts gespürt?«
    Susanne schaute sie verwundert an und schüttelte den Kopf. »Nein. Komm, ich zeig dir die Stelle.«
    Sie gingen durch das Chor und, vorbei an der goldenen Pracht des Dreikönigsschreines.

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