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Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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und stand gleich neben einer schönen kleinen Kirche aus dem neunzehnten Jahrhundert. Seit fünf Jahren betreute Pater Sparn hier seine »Gemeinde«, wie er es nannte.
    In der Zuflucht wurde jeder aufgenommen, bekam ein Bett und drei einfache Mahlzeiten am Tag, aber es gab vier Gebote, die alle beachten mussten. Wer eines davon missachtete flog hinaus, auf der Stelle: kein Alkohol und keine Drogen, Mithilfe in Haus und Garten und bei Reparaturarbeiten, nicht Klauen und jeden Tag dreimal mit den Patern nebenan in der Kirche beten.
    In den ehemaligen Klassenräumen standen jeweils acht Betten und zu jedem Bett gehörte ein Schrank. Es gab zwei Aufenthaltsräume, einen mit, einen ohne Fernseher, und einen großen Garten, um den sich die Berber selbst kümmern mussten. Frauen und Männer schliefen getrennt. Die Aufenthaltsdauer war auf sechs Wochen beschränkt. Danach mussten sie wieder hinaus auf die Straße. Aber die wenigsten blieben so lange. Denen, die sesshaft werden wollten, halfen die Patres eine Wohnung oder einen Dauerplatz in einem Wohnheim zu finden. Oder einen Therapieplatz, von denen es allerdings viel zu wenige gab. Pater Sparn war ein kleiner, dürrer, weißhaariger Mann irgendwo zwischen sechzig und siebzig. Vielen seiner Gäste reichte er nur bis zur Brust, aber alle hatten sie vor ihm einen Heidenrespekt, der Heiko immer wieder erstaunte. Was Sparn sagte, wurde befolgt. Wenn er einen Berber hinauswarf, weil der gegen eines der vier Gebote verstoßen hatte, packte der Betreffende seine Sachen zusammen und ging, ohne zu murren. Nach sechs Wochen durften Hinausgeworfene aber wiederkommen, denn »Gott vergibt immer«, wie Sparn sagte. Gab es Streit, was vor allem bei den Männern des Öfteren vorkam, brauchte nur Pater Sparn in der Tür zu erscheinen und es wurde mucksmäuschenstill im Raum. Als Heiko den Pater einmal fragte, wie er es denn anstelle, dass diese rauen Typen einen solchen Respekt vor ihm hatten, lächelte Sparn nur und antwortete: »Das ist der Heilige Geist. Die Kraft des Gebets. Ich habe Gottes Feuer im Herzen. Davor haben die Menschen Respekt.«
    Heiko war überzeugter Atheist. Das hatte er Pater Sparn seinerzeit beim Bewerbungsgespräch auch offen gesagt, was diesen aber nicht davon abgehalten hatte, Heiko einzustellen. Heiko wusste nicht recht, was er mit Spams Antwort anfangen sollte. Sie verunsicherte ihn. Der zweite Pater, Spams rechte Hand, wirkte äußerlich weitaus Respekt einflößender. Pater Michl war ein großer, gewichtiger Bayer mit mächtigen Oberarmen. Michl erzählte nie etwas von sich, aber Heiko hegte den Verdacht, dass der Bayer selbst jahrelang auf der Straße gelebt hatte. Mit seinem Rauschebart und seinem Lederoutfit sah er aus wie diese in Ehren ergrauten Harley-Davidson-Freaks in Kalifornien. Auf seine Arme waren Kreuze und Jesusbilder tätowiert. In seiner knapp bemessenen Freizeit brauste Michl auf einer »Gummikuh«, einem alten BMW-Motorrad, durch die Gegend. Michl zeigte den Zivis Nahkampftricks. »Ihr seid's nicht so stark im Glauben wie der Pater Sparn«, sagte er dazu. »Da kann's hilfreich sein, wenn's euch Selbstsicherheit verschafft, dadurch dass ihr ein paar Kniffe für Notfälle kennt.«
    Einmal in der Woche kam die Polizei ins Haus und überprüfte die Personalien der Leute. Mit einem der Polizisten, einem Kripo-Kommissar namens Tönsdorf, war Sparn besonders gut befreundet. Sie stammten aus dem gleichen Kölner Viertel. »Tönsdorf hat ein riesengroßes Herz. Weich wie Butter«, sagte Sparn über ihn. »Er ist ein Engel auf zwei Beinen, und ist sich dessen gar nicht bewusst. Er lebt selbst ganz nah am Abgrund und weiß, wie leicht manche Leute da hineinstürzen.« Mit dem »Abgrund« meinte Sparn immer Alkohol oder Drogen. Tönsdorf kam häufig auf einen Kaffee vorbei, um mit Sparn und Michl ein Schwätzchen zu halten.
    Und er brachte ihnen menschliches Strandgut, das er irgendwo in der Stadt aufgelesen hatte. Vor drei Tagen hatte er ihnen Karla gebracht. »Gebt ein bisschen auf sie Acht«, hatte Tönsdorf gesagt. »Sie ist ziemlich durch den Wind und sie hat gerade ihren Beschützer verloren. Ich schaue wieder nach ihr.«
    Heiko versuchte immer mit den »Flüchtlingen«, wie Michl ihre Hausgäste nannte, ins Gespräch zu kommen und etwas über ihr Leben in Erfahrung zu bringen. Manche schwadronierten lauthals drauflos und erzählten Geschichten, bei denen man das Gefühl hatte, sie übertrieben maßlos oder logen, dass sich die Balken bogen. Manche

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