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Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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Landschaft, die sich bei jedem Menschen anders darbot, in immer neuen faszinierenden Formen und Farben, und dort wären ihr dann Heikes Krafttier begegnet, oder aber die Hindernisse, die Heike von ihrer Kraft trennten und die es zunächst zu beseitigen galt, ehe das Krafttier zurückgebracht werden konnte. Wenn es dann so weit war, hätte Chris das Krafttier in die Anne genommen und durch den Tunnel zurückgebracht, sich aufgesetzt, die Hände auf Heikes Brust gelegt und das Krafttier in Heikes Körper geblasen. Anschließend hätte sie die Hände über Heikes Hinterkopf gelegt und auch dort, an Heikes Fontanelle, noch einmal kräftig hineingeblasen. Dann hätte Heike aufstehen und ihr Krafttier tanzen müssen.
    Nun aber lag Chris einfach nur untätig da und fragte sich, wie lange sie Heike wohl eine Trance vorgaukeln musste, damit es halbwegs überzeugend wirkte. Fünf Minuten? Dummerweise befand sich keine Uhr in ihrem Blickfeld. Bei einer echten Trancereise spielte diese Frage keine Rolle. Man tauchte zur rechten Zeit in die Geisterwelt ein und zur rechten Zeit wieder aus ihr auf, im perfekten natürlichen Rhythmus.
    Chris starrte zur Decke und wünschte sich, sie hätte diese unangenehme Sache schon hinter sich. Wenn sie ehrlich mit sich war, musste sie zugeben, dass ihr die Frau, neben der sie hier lag, völlig gleichgültig war. Sie dachte an Jonas. Sie hätte so gerne Sex mit ihm gehabt und stellte sich für einen Moment vor, dass er plötzlich in der Schlafzimmertür stand und sie sich gegenseitig die Kleider vom Leib rissen und hungrig übereinander herfielen. Dann überlegte sie, was sie zu Abend essen sollte. Da war noch eine Fertigpizza in der Tiefkühltruhe, sogar eine aus dem Bioladen, mit ökologischen Zutaten. Sie schloss die Augen und sah plötzlich das Gesicht des Landrates vor sich, der ihr den Job gekündigt hatte und ihr nun spöttisch grinsend dabei zusah, wie sie zum dröhnenden Klang der Schamanentrommel auf dem Wohnzimmerteppich lag und einer gutgläubigen Frau Theater vorspielte. »Alles nur fauler Zauber«, sagte er höhnisch. »Habe ich doch immer gewusst!«
    Sie sah Jonas, der mit traurigem Gesicht noch einmal zu ihr zurückblickte, ehe er ins Auto stieg und davonfuhr. Plötzlich wurde ihr schlecht. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Das musste an dem vielen Kuchen hegen. Ihr brach der Schweiß aus, kalter Schweiß, der ihr regelrecht aus allen Poren schoss. Ihr Herz schien für einen Moment auszusetzen, dann begann es zu jagen und hämmerte im Rhythmus der Trommel gegen Chris' Rippen. Sie stöhnte und setzte sich abrupt auf. Sie bekam keine Luft. Etwas wie eine riesige Faust hatte ihre Lungen gepackt und presste sie zusammen. O mein Gott, dachte sie, ich ersticke! Ihre Hände krampften sich über der Brust zusammen. Für einen Moment wurde ihr schwarz vor Augen. Statt durch den Tunnel zu gleiten, der in die Geisterwelt führte, wo freundliche Helfer warteten, versank sie in einem eisig kalten Ozean. Dann waren das dunkle Zimmer, die flackernde Kerze wieder da, Chris starrte in Heikes erschrocken aufgerissene Augen. Ein Ruck lief durch Chris' Körper, der Krampf in ihrer Brust löste sich. Sie sprang auf, stolperte ins Bad, bückte sich über die Kloschüssel und erbrach sich laut würgend.
    Die sieben standen im Hunnenpfad bei den Motorrädern und rauchten. Die Mädels saßen in der Bischof- Melchers-Straße, von wo der Platz vor dem Priesterseminar gut einsehbar war, im Auto und beobachteten, wer dort ein und aus ging. Sie würden über Handy melden, wenn der schwule Priester das Seminar verließ.
    Der Anführer hatte eine klare Vorstellung davon, was er mit dem Kerl anstellen würde. Er hasste Schwule. Was diese Schweine taten war pervers. Unzufrieden war er nur damit, dass er den Schwulen nicht ernsthaft verletzen durfte. Aber in dieser Hinsicht verstand ihr Geldgeber keinen Spaß. Er legte Wert darauf, dass seine Befehle exakt und korrekt ausgeführt wurden. Also kam es darauf an, Schmerzen zuzufügen, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen. Der Anführer musste den Anschein erwecken, dass er dem Schwulen alle Knochen brechen und die Nase abschneiden wollte, bis der als wimmerndes Häufchen Scheiße am Boden lag. Dann würde er sich zu ihm hinunterbeugen und ihm die Botschaft ins Ohr flüstern, kalt zischend wie eine Kobra. Diese Botschaft war sonderbar. Aber wenn ihr Geldgeber sagte »Keine Fragen!«, dann hieß das »Keine Fragen!« Trotzdem hätte der Anführer gerne gewusst, wieso

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