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Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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Gewissermaßen als Wiedergutmachung.«
    »Gut«, sagte sie. »Ich werde da sein.«
    Vermutlich war es ein Fehler , ihn gehen zu lassen. Aber er hatte Recht. Sie hätte ihn nicht schlagen dürfen. Vielleicht bin ich wirklich besessen, dachte sie, während sie Hatheyer nachschaute, der langsam in Richtung Dom davonging. Eine Jagdhündin, die nicht mehr zu stoppen ist, wenn sie einmal von der Kette gelassen wurde. Und während sie immer noch ihre Hand massierte, merkte sie, wie ihr Verstand schon wieder dabei war, aus Hatheyers Worten die brauchbaren Informationen herauszufiltern.
    Scharenbroich fühlte sich alles andere als wohl in seiner Haut. Er hatte sich vom Pförtner den Universalschlüssel geben lassen und stand nun zögernd vor Martins Wohnungstür. Martin war bis morgen nach Aachen gefahren. Er konnte die Wohnung also in aller Ruhe nach dem Buch und dem Schlüssel durchsuchen. Josef hätte gewiss genauso gehandelt, versicherte sich Scharenbroich immer wieder. Schließlich stand eine Menge auf dem Spiel. Scharenbroich trug jetzt die Verantwortung, die er nie herbeigesehnt hatte. Und der Mensch, dem er vertraut und den er immer um Rat gefragt hatte, war tot. Martin hatte das Buch und den Schlüssel gestohlen, da war er sicher. Er schloss auf und betrat Martins kleines Wohnzimmer zum ersten Mal. Es schien seit Wochen nicht mehr aufgeräumt worden zu sein. Auf dem kleinen Sofa, dem alten, verschlissenen Sessel und dem Couchtisch stapelten sich Bücher. Bei den Papierstößen, die daneben auf dem Boden lagen, handelte es sich offenbar um Arbeiten von Martins Priesterschülern. Scharenbroich stöhnte. In diesem Durcheinander irgendetwas zu finden, würde Stunden dauern, selbst wenn Martin sich keine besondere Mühe gegeben hatte es zu verstecken. Die Bücher stammten fast alle aus der Seminarbibliothek und enthielten, so weit Scharenbroich es auf die Schnelle sah, jene theologischen Höhenflüge, für die Josef und Martin sich so hatten begeistern können. Titel wie Die Vollendung der göttlichen Liebe oder Der kosmische Christus und die Erdmutter. Scharenbroich schüttelte den Kopf. Mit mystischen Schriften konnte er nichts anfangen, nicht das Geringste. Nacheinander öffnete er die Schranktüren und die Schubladen darunter, warf vorsichtige Blicke hinein. Dann die Schreibtischschubladen.
    Vielleicht hatte Stuer Recht und unter dem Dom war nichts von Bedeutung, oder das, was sich dort in der Tiefe befand, taugte lediglich als touristische Attraktion. Vielleicht hatte Stuer Recht über seine Ängstlichkeit zu spotten. Doch wer beging einer bloßen Touristenattraktion wegen zwei Morde?
    Neben dem Fenster, aus dem man den kurzen, gepflegten Rasen vor dem Seminar sehen konnte und den dahinter über die Richmodstraße rollenden Verkehr, stand eine Kommode. Scharenbroich schaute in die obere Schublade. Schwarze Socken und Unterhemden. Nichts darunter versteckt. Die mittlere Schublade enthielt Unterhosen, teils weiß, teils gemustert. Um die untere Schublade zu öffnen, musste Scharenbroich sich schnaufend weit hinunterbeugen wobei ihm sein Bauch im Weg war. Gerade als er sie aufzog, hörte er wie im Schloss der Wohnungstür ein Schlüssel herumgedreht wurde. Er zuckte zusammen und fiel beinahe vornüber auf die Kommode.
    »Was tun Sie hier?« Martins wütende Stimme.
    Scharenbroich richtete sich ächzend auf. Das Blut rauschte ihm in den Ohren, vom plötzlichen Aufstehen und vor Scham. »Ich ... dachte, du bist in Aachen.« Scharenbroich fühlte sich als ertappter Einbrecher, obwohl er doch eigentlich Martin des Diebstahls verdächtigte.
    »Und da wollten Sie die Gelegenheit nutzen meine Wohnung zu durchwühlen«, sagte Martin leise und bitter. »Ich bin nicht nach Aachen gefahren. Ich habe in der Sakramentskapelle gebetet. Dort hat mir diese Kommissarin aufgelauert und mich ausgefragt.«
    »Was ist mit deinem Gesicht passiert?«, fragte Scharenbroich.
    »Nichts weiter. Ich bin hingefallen.«
    Sein Blick wirkte seltsam leer. Nach einem kurzen Schweigen sagte er: »Es ist völlig gleich, was ich tue oder nicht tue. Das Unheil nimmt sowieso seinen Lauf. Ich werde nur noch beten. Ich werde im Gebet die Vereinigung mit Gott suchen. Auch Josef ist jetzt in Gott. Vielleicht gelingt es mir so, mich wieder mit Josef zu vereinigen, in alle Ewigkeit.« Er sprach leise, wie zu sich selbst, als hätte er Scharenbroichs peinliche Anwesenheit in seinem Wohnzimmer völlig vergessen.
    »Das Gebet ist dazu gedacht, uns Kraft für unser...

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