Wendland & Adrian 02 - Die Krypta
einsortieren. Bei ihrem letzten Telefonat hatte Chris in der Eifel gesessen, Jonas' Auszug betrauert und über ihre Kündigung geschimpft.
»Moment. Du bist hier in Köln bei den Vandenbergs? Denen, von denen ich dir erzählt habe - die Sache mit dem Hauseinsturz?« Und sie sollen Mitglieder dieser angeblichen Geheimzunft sein, von der Hatheyer gesprochen hat, fügte der in ihrem Gehirn eingebaute Polizeicomputer hinzu.
»Genau.«
»Aber. .. was tust du denn da?« Das gibt es doch nicht, dachte Susanne.
»Gestern stand plötzlich Heike, Roland Vandenbergs Frau, bei mir vor der Tür. Sie hatte die Sendung über mich gesehen und wollte, dass ich ihr helfe. Ich habe für sie ein Krafttier-Ritual gemacht. Natürlich kann ich dir keine Einzelheiten darüber erzählen. Wir Schamanen haben ja auch so eine Art Schweigepflicht, wie die Ärzte. Ich hoffe, du verstehst das ...«
Chris, deren Worte hervorgesprudelt waren, verstummte. Susanne wollte schon nachhaken. Wenn Chris von Vandenbergs Frau irgendwelche verwertbaren Informationen erhalten hatte ...
Sie nagte an ihrer Oberlippe. Sie und Chris waren Freundinnen. Chris war keine Zeugin, die vernommen werden musste. Verdammt, dachte Susanne, kann ich nie aufhören Polizistin zu sein? Muss ich immer auf der Jagd sein? Sie entschied sich mit dem zufrieden zu geben, was Chris von sich aus zu erzählen bereit war.
»He? Bist du vor Überraschung in Ohnmacht gefallen?«
Jetzt musste sie lachen, ein wenig. Ihre Anspannung löste sich. Es war schön, mit Chris reden zu können. »Ach, Scheiße«, sagte sie, »ich war gerade schon wieder dabei zu überlegen, ob ich dich zu meinem Hilfssheriff machen soll. Ich glaube, ich kann nie abschalten. Immer suche ich nach Hinweisen und Anhaltspunkten.«
»Die schwer verletzte Frau im Krankenhaus geht dir nicht aus dem Kopf, stimmt's?«
Die auch. Aber im Moment vor allem Martin Hatheyers zerbrochen wirkendes Lächeln. »Ich glaube, ich brauche Urlaub«, seufzte sie. Dann erzählte sie Chris von ihrem Gespräch mit Antweiler, und dann von der Begegnung mit Hatheyer. Stockend beschrieb sie, wie sie ihn verprügelt hatte.
»Puh«, sagte Chris. »Du klingst ziemlich fertig. Da muss sich eine Menge in dir aufgestaut haben, dass du so ausgerastet bist.«
»Das war ... Körperverletzung. So was darf mir nicht noch mal passieren.«
»Energiemangel«, diagnostizierte Chris mit sachkundig klingender Stimme. »Dadurch hast du deine Souveränität verloren. Du musst mehr mit deinem Krafttier arbeiten. Vielleicht sollten wir mal wieder eine Heilungszeremonie zusammen machen. Hat denn der Hatheyer wenigstens ein paar brauchbare Informationen ausgespuckt, die dir weiterhelfen?«
»Es gibt in Köln wohl so eine Art Geheimbund.« Susanne wiederholte die Namen, die Hatheyer ihr genannt hatte. »Harald Terwegen und Roland Vandenberg«, sagte Chris. »Na, da bin ich ja offenbar mitten in eine geheimnisvolle Verschwörung geraten.« Sehr ernst schien sie das Ganze aber nicht zu nehmen.
»Komm doch morgen mit zu dem Treffen mit Hatheyer«, schlug Susanne vor. »Vielleicht spürst du mit deinem sechsten Sinn irgendwas. So wie bei Karla.« In dieser Hinsicht wunderte sich Susanne inzwischen über gar nichts mehr.
Chris fand die Idee gut. Sie verabredeten, sich um kurz vor halb elf am Dom zu treffen.
»Und hinterher gehen wir zusammen lecker essen, um etwas gegen deinen Stress zu unternehmen«, meinte Chris. »Mit gut gefülltem Bauch bist du bestimmt gleich viel weniger gewalttätig.«
Nachdem sie mit Susanne telefoniert hatte, saß Chris einen Moment nachdenklich im Gästehaus auf dem Sofa. Es war ein wirklich hübsches kleines Haus, mit zwei Gästezimmern im ersten Stock, einer rustikal eingerichteten Wohnküche und einem Kaminzimmer mit schweren Möbeln aus dem vorigen Jahrhundert - und sogar mit eigenem Telefon. Aber Chris würde Heike sagen, dass sie das Telefon benutzt hatte. Sie wollte Heikes Hilfsbereitschaft auf keinen Fall ausnutzen und ganz wohl war ihr angesichts dieser vielen Gastfreundschaft ohnehin nicht, da sie es eigentlich vorzog, ihre Angelegenheiten allein zu regeln. Schließlich war sie als ausgesprochene Einzelgängerin aufgewachsen.
Sie ging nach oben in das Zimmer mit Blick auf die kanadischen Nadelbäume, das sie sich zum Schlafen ausgesucht hatte. Ihr prall vollgestopfter Rucksack stand neben dem Bett, aber es befanden sich noch eine Menge Dinge im Forsthaus. Vielleicht sollte ein Mensch nicht mehr besitzen als in seinen
Weitere Kostenlose Bücher