Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
an Belmondo kuscheln und nichts mehr hören und sehen vom Rest der Welt.
Das ist zwar sehr verständlich. Und natürlich auch sehr tröstlich. Aber es wird mein Problem keinen Millimeter weit entschärfen. Bei dem Gedanken daran, dem Meidner morgen früh ohne jeden Plan im Hinterkopf mein übliches »Guten-Morgen-Joe«-Lächeln schenken zu müssen, wird mir speiübel. Dann schon lieber meinen Kampfgeist zur Ordnung rufen. Und zwar sofort.
»Wie gut, dass ich einen persönlichen Militärberater habe«, lächele ich Renate zaghaft an und winke den Kellner herbei. »Ich hab zwar keine Ahnung, was ich in Joes Büro finden könnte, aber ich werde einfach mal suchen. Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt, wie du neulich so schön gesagt hast. Darauf einen Underberg!«
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Die vier Tage bis zu Dr. Schnurers Groß-Event verbringe ich wie in Trance. Meine Hirnwindungen fühlen sich an, als ob jemand sie mit 50 laufenden Metern Verbandswatte umwickelt hätte. Dass ich trotzdem sowohl meine Arbeit als auch die ständigen Begegnungen mit dem Feind mehr oder weniger gut bewältigen kann, habe ich allein meiner jahrelangen Routine zu verdanken. Und natürlich meinem ausgeprägten schauspielerischen Talent.
Einerseits bin ich mir sicher, dass Joe, wenn er mich wirklich und tatsächlich kündigen will (was ich immer noch nicht glauben kann), auf alle Fälle erst nach der Rasenmäherparty zur Tat schreiten wird. Andererseits habe ich eine Riesenangst davor, mir tatsächlich Zugang zu seinem Büro zu verschaffen. Und noch mehr Angst davor, was ich möglicherweise dort finde.
Dabei kann ich mich über mangelnde moralische und logistische Unterstützung nicht beklagen. Nur leider nicht von Thomas, denn der ist in Rom auf einem internationalen Kongress zum Thema »Risikomanagement im Kommunikationsbereich« und hat kaum Zeit, mit mir zu telefonieren. Geschweige denn, darüber nachzudenken, ob er die Themen dieses Kongresses nicht vielleicht probeweise auf seine eigene Ehe anwenden sollte.
Neele und Martina hingegen sind einfach großartig. »Jetzt lass dir mal keine Angst einjagen. Der kann dich gar nicht so einfach feuern. Es gibt schließlich ein Kündigungsschutzgesetz! Und ich kenne übrigens einen super Arbeitsrechtler, der wird diesem fettigen Pferdeschwanz schon sagen, wo’s langgeht!«, ruft Neele erregt. Sie sitzt bei mir in der Küche und schiebt sich noch ein Stück von der Pizza quattro stagioni XXL in den Mund, die uns kurz zuvor von einem vietnamesischen Motorradkurier geliefert worden ist.
In der Krise ist mir sogar die Lust am Kochen vergangen.
»Dass du dich da mal nicht vertust, Neele. Heutzutage dürfen doch Leute schon gefeuert werden, wenn sie ohne ausdrückliche Genehmigung eins von den angetrockneten belegten Brötchen essen, die nach irgendwelchen Sitzungen übrig bleiben. Stand neulich erst in der Zeitung«, räsoniert Martina.
Sehr ermutigend. Kann Joe mich wirklich feuern, nur weil ich in der Vergangenheit den einen oder anderen Bleistift habe mitgehen lassen? Siedend heiß fällt mir die Fernsehreportage von vor zwei Tagen über verdeckte Überwachungskameras wieder ein, mit denen offenbar immer mehr Chefs ihre Mitarbeiter bespitzeln. Hat Joe in unserer Büromaterialkammer etwa auch so ein Ding installiert? Mir wird schlecht.
»Aber das mit dem Arbeitsrechtler ist auf alle Fälle eine gute Idee. – Sandra, was hast du denn, du bist ja ganz blass!«, unterbricht sich Martina. »Komm, keine Panik. Jetzt warte doch erst mal ab, was überhaupt los ist. Das hast du doch damals bei deinen Lymphknoten auch geschafft. Don’t cross the bridge before you come to it! «
Sie setzt ihr beruhigendstes Buddha-Lächeln auf und tätschelt mir die Hand. Ich finde das sehr rührend, schließlich hat sie mit Erbswurst-Stefans außerehelicher Affäre selber genug Ärger am Bein.
»Musst du uns jetzt auch noch mit englischen Sinnsprüchen missionieren?«, fragt Neele gereizt. »Also ich bin mehr dafür, dass wir uns jetzt schon mal überlegen, wie Sandra dem Meidner im Falle eines Falles eins auswischen könnte. So ’n paar kleine fiese Fantasien, das ist unheimlich gut gegen innere Aggressionen – ihr werdet sehen. Ich könnte deinem Chef zum Beispiel meine Kollegen von der Sonderfahndung Schwarzarbeit auf den Hals hetzen; diese Messebaufirmen haben doch alle Dreck am Stecken …«
Einen Moment lang kann ich genau vor mir sehen, wie Joachim Meidner unter dem tosenden Beifall seiner Belegschaft von vier
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