Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
uniformierten Polizisten in Handschellen aus seinem Büro geführt wird. Eine wunderbare Vorstellung.
Leider extrem unrealistisch.
»Jetzt drückt mir erst mal die Daumen, dass ich mit dieser Bürodurchwühlaktion nicht ein gigantisches Eigentor schieße«, sage ich bedrückt. »Wenn der Joe mich dabei erwischt, bin ich weg vom Fenster, selbst wenn er mich bis dahin eigentlich gar nicht feuern wollte.«
Okay, das ist jetzt ein bisschen übertrieben. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass der Meidner oder sonst irgendwer mich erwischen wird. Wir haben nämlich nach reiflicher Überlegung beschlossen, meine Aktion auf den Abend der Grünthal-Veranstaltung zu legen. Da wird sich der Meidner mit Schnurers mediterranen Köstlichkeiten vollstopfen und bis zum Morgengrauen beidhändig VIP-Champagner kippen. Kaum vorstellbar, dass er mich dabei vermissen wird. Zumal Manuel – der gute, liebe, nette Manuel – versprochen hat, mich im Zweifelsfall zu decken.
Nicht nur er, sondern auch Erika Schoppel hat sich als außerordentlich hilfsbereit erwiesen. Echt, wenn Kollegen immer so zusammenhalten würden, anstatt sich gegenseitig zu beharken, könnten ihnen die Chefs längst nicht so hemmungslos auf der Nase herumtanzen. Jedenfalls hat unsere Buchhalterin mir ohne jedes Zögern den Schlüssel zu Joes Büro gegeben.
Als sie meinen erstaunten Gesichtsausdruck bemerkte, lächelte sie. »Wissen Sie, ich habe mich Herrn Meidner gegenüber stets loyal verhalten. Schon allein wegen seines Vaters, der mich immer überaus korrekt behandelt hat. Sogar über gewisse … Bilanzverschönerungen« – bei dem Wort wurde sie ein bisschen rot – »habe ich geschwiegen wie ein Grab. Und trotzdem …«
Sie blickte aus dem Fenster. Ich dachte schon, sie hätte den Faden verloren, da redete sie weiter.
»Erinnern Sie sich noch, dass ich vor zwei Jahren zehn Wochen krank war? Von Herrn Meidner habe ich damals die ganze Zeit nichts gehört. Noch nicht einmal ein Anruf mit Genesungswünschen. Jedenfalls, als ich wieder gesundet war, habe ich natürlich überprüft, ob meine Krankenvertretung auch korrekt gearbeitet hat. Und was finde ich?«
Ihre Augen schimmerten auf einmal feucht, und ihr altmodischer Dutt bebte vor Zorn. Aus der Jackentasche ihres lindgrün karierten Wollkostüms holte sie umständlich ein spitzenverziertes Stofftaschentuch und putzte sich die Nase.
»Eine Rechnung über ein Abendessen im ›Königshof‹ für zwölf Personen, mit Austern, Champagner und feinsten Weinen. Aus Anlass meines 30. Dienstjubiläums!«
Der Meidner, diese alte Schweinebacke. Dass er gerne auf Firmenkosten mit Kumpels aus Studententagen essen geht, weiß in der Firma jeder. Mit Ausnahme von Ferdi Hinterhuber natürlich. Der würde das kaum goutieren. Aber gleich ein ganzes Familienfest als Betriebsspesen zu deklarieren, das ist noch mal was anderes.
»Das Einzige, was an Herrn Meidners Angaben auf dem Beleg stimmte, war mein Jubiläum. Oder waren Sie etwa bei dem Essen dabei? Oder Frau Springer? Na also. Selbst Herr Hinterhuber war nicht dabei. Der hat mich nämlich an diesem Tag als Einziger angerufen, mir gratuliert und ausdrücklich bedauert, dass es die finanziellen Mittel der Firma nach Meinung von Herrn Meidner derzeit nicht erlauben, eine Feier für mich auszurichten. Er hat mir dann einen Blumenstrauß geschickt. Den hat er offenbar aus eigener Tasche bezahlt. Ich habe nämlich keinen Beleg darüber in der Buchhaltung gefunden«, sagte sie. Sie klang jetzt nicht mehr wütend, sondern nur müde.
»Natürlich habe ich Herrn Hinterhuber nicht über diesen Spesenbetrug informiert. Schließlich bin ich, obwohl mich das alles sehr verletzt hat, eine Vertrauensperson und keine Denunziantin. Aber als Frau Springer mir erzählte, was Herr Meidner jetzt mit Ihnen vorhat, da war für mich das Maß voll. Also nehmen Sie den Schlüssel nur, Kindchen, schauen Sie sich gründlich um, und machen Sie sich vor allem keine Sorgen um mich. Selbst wenn Herr Meidner wüsste, dass Sie den Schlüssel von mir haben – er könnte mich gar nicht kündigen, aus vielerlei Gründen. Abgesehen davon gehe ich nächstes Jahr sowieso in Pension. Also: viel Glück!«
v v v
Ein leises Klicken des Schlüssels im Schloss, und ich bin drin. Mit Herzrasen, das sicher kilometerweit zu hören ist, schließe ich die Tür von innen und werfe einen angsterfüllten Blick durch die Panoramafenster zur Straße. Alles wie immer. Keine Spur von schwarz maskierten Sturmtrupps, die
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