Weniger arbeiten, mehr leben
auch älteren) Jahren zu sehr damit beschäftigt, Karriere zu machen, Geld zu machen, materielle Reichtümer und berufliche Ehrenbezeichnungen wie »Group Head« oder »Total Quality Manager« anzuhäufen. Bis dann schließlich früher oder später der Moment kommt, an dem wir entdecken, dass wir im Grunde noch nie so wahnsinnig viel Spaß am Power-Shoppen, Business-Smalltalk oder an Geschäftsreisen hatten. Es war mehr eine zufällige Entscheidung – ein Nachäffen gesellschaftlich weit verbreiteter Verhaltensweisen. Schließlich machen es alle so.
Anders gesagt: Die Frage nach dem »War’s das etwa schon?« ist die Frage nach dem Glück. Sie sollten versuchen, sich diese Frage ehrlich zu beantworten. Mogeln Sie sich nicht darum herum, indem Sie weitermachen wie bisher oder sich mit dem typischen »Wird schon ...« zufrieden geben. Einige Leute versuchen auch, das bohrende Gefühl der Unzufriedenheit durch ein »Mehr« zu bewältigen: mehr Geld, mehr Konsum, ein größeres Haus und ein neues Auto. Wieder andere wollen dem Gefühl innerer Leere entfliehen, indem Sie zu immer ferner liegenden Urlaubszielen reisen oder sich intensiv der Perfektionierung einzelner Hobbys widmen. Das Ergebnis ist, dass man neben der beruflichen Einseitigkeit eine zweite aufbaut: Ein tolles Golf-Handicap (macht die Kollegen neidisch |185| ) oder ein dickes Fotoalbum voller Ferien-Impressionen (kann man sich ins Regal stellen). Und schließlich gibt es noch jene Fälle, deren Batterien völlig entladen sind, die zum Arzt oder Heilpraktiker gehen, der ihnen dann rät, was sie meist ohnehin schon wussten: »Treten Sie beruflich kürzer! Leben Sie weniger einseitig!«
Kurzfristige, singuläre Maßnahmen führen dabei jedoch nicht zum Erfolg. Sie übertünchen das Gefühl der Erschöpfung und Leere für kurze Zeit, ohne die Ursachen zu beseitigen. Denn Glück ist kein kurzfristig inszeniertes Ereignis, sondern immer gebunden an Qualitäten wie Dauerhaftigkeit, an Engagement, Aktivität und Hingabe. Glück hat vor allem etwas damit zu tun, die Vielfalt und Komplexität des Lebens zu entdecken und in sich selbst zu entwickeln. Was das genau heißt und was das sein kann, können nur Sie alleine entscheiden.
Auf die Frage nach dem Glück erhält man folglich so unterschiedliche Antworten, wie es Menschen gibt. Eines allerdings ist allen diesen Antworten gemeinsam: Glückliche Menschen sind fast immer solche, die nicht nur über komplexe Anlagen und Talente verfügen (das tut jeder von uns), sondern diese auch für sich nutzbar gemacht und sinnvoll in ihren Lebensentwurf integriert haben. Also: Ob Sie ein Buch lesen, einen Waldlauf machen, Archäologie studieren, Theater spielen, sich um die Renaturierung des Dorfweihers kümmern oder eines Ihrer großen Lebensziele, eine Weltumsegelung, verwirklichen – tun Sie dies alles mit der frei gewordenen Zeit und Energie, die bisher einseitig in Ihre berufliche Arbeit geflossen ist. Und wenn Sie deshalb immer noch ein schlechtes Gewissen, gar Angst vor dem Ende Ihrer Karriere haben sollten, dann lassen Sie sich beruhigen: Wenn Sie den Mut haben, Ihre Talente zu entfalten, sich lang gehegte Wünsche zu erfüllen, kurz: das Leben in all seiner großartigen Vielfalt bewusster als bisher auszuschöpfen, dann werden Sie auch in beruflicher Hinsicht produktiver und erfolgreicher sein. Wer der Komplexität des Lebens gerecht wird, wer mit anderen Worten »diversifiziert« lebt und nicht von wenigen, einzelnen Faktoren abhängig ist, lebt gesünder, besser, leistungsfähiger – und vor allem glücklicher. Dazu soll Ihnen Downshifting verhelfen.
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|186| Reifendruck, Ölwechsel, Waschanlage: die letzte Inspektion
Die für viele Downshifter meist am schwersten zu erreichenden Meilensteine haben Sie erfolgreich hinter sich gelassen: Der Spurwechsel ist beschlossene Sache, der (alte oder neue) Wagen durchfinanziert, die wichtigsten Menschen sind auf Ihrer Seite. Und schließlich: Sie haben Ihre Arbeitsbelastung reduziert – oder sind sich zumindest sicher, wie Sie sie in Zukunft reduzieren werden.
Auf der letzten Etappe geht es zunächst um die notwendige Motivation, mit der Sie ein Leben neben Job und Karriere gestalten, um inneren Antrieb und um diesen jämmerlichen Kleinmut, der hin und wieder jeden von uns heimsucht, ob Astrophysiker, Top-Manager oder Postbote – und darum, wie man ihn bekämpft.
Für die nun folgenden Abschnitte heißt das: Sie nehmen die verschiedenen,
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