Wenn Alkohol zum Problem wird
auch, ob dieser vermutete Effekt nur bei Rotwein mit seinen speziellen Inhaltsstoffen oder auch bei anderen alkoholischen Getränken auftritt. Bei höheren Alkoholmengen (Trinkmenge über 40 Gramm pro Tag) kehrt sich dieser Effekt aber auf jeden Fall wieder um.
Arteriosklerose: Alkohol ist kein Heilmittel für Arteriosklerose, wie gelegentlich behauptet wird.
Herz-Kreislauf-System: Die vorliegenden Befunde zeigen lediglich einen gewissen »schützenden« Effekt geringer Mengen Alkohol für das Herz-Kreislauf-System. Bei höherer Alkoholbelastung ist die Herz-Kreislauf-Funktion deutlich beeinträchtigt.
Wenn man jedoch die vielen anderen schädlichen Einflüsse von Alkohol gegenüberstellt, muss man klar sagen, dass Alkohol nicht als Heilmittel oder vorbeugendes Mittel eingesetzt werden sollte. Alkohol ist ein Schein-Heilmittel, denn eine echte (ursächliche) Heilung von körperlichen Leiden oder eine echte Lösung von Problemen ist durch Alkohol ebenso wenig zu erzielen wie durch andere (Rausch-)Drogen! Im Gegenteil, Alkohol erzeugt nur neue Probleme!
Warum macht Alkohol süchtig?
Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Der Schlüssel dafür liegt sicher im Gehirn. Alkohol beeinflusst bestimmte Nervenzellen, die für natürliche Belohnungen wichtig sind (z. B. Nahrungsaufnahme, Sexualität etc.). Alkohol, wie auch andere Rauschdrogen, stimulieren diese natürlichen Belohnungsbahnen (siehe Kasten) und wirken so suchterzeugend.
Alkohol selbst gelangt leicht ins Gehirn. Es gibt aber, anders als bei vielen Medikamenten, keinen speziellen »Alkoholrezeptor«, also keine Bindungsstellen nur für Alkohol. Vielmehr beeinflusst Alkohol eine Reihe von Botenstoffen (Neurotransmitter) im Gehirn, die für seine psychischen Effekte und Wirkungen entscheidend sind. Dazu gehört z. B. der Botenstoff Dopamin, dessen Ausschüttung durch Alkohol gesteigert wird. Dieser »Emotionstransmitter« ist ein Botenstoff, der für Euphorie und Glücksgefühle mit verantwortlich gemacht wird. Es werden aber auch zahlreiche andere Botenstoffe durch Alkohol beeinflusst, z. B. Endorphine. Auch hierin wird ein Teil der euphorisierenden, suchterzeugenden Wirkung von Alkohol gesehen. Darüber hinaus verstärkt Alkohol die Wirkung von GABA, einem hemmenden Neurotransmitter im Gehirn, was die entspannende, müde machende Wirkung von Alkohol erklärt. Aber auch andere Botenstoffe (Serotonin, Glutamat) werden durch Alkohol beeinflusst.
INFO
Wie hängen Belohnungssystem und Suchtgedächtnis zusammen?
Vor allem die neuere tierexperimentelle Forschung legt nahe, dass in bestimmten Hirngebieten, etwa im limbischen System suchtrelevante Gedächtnisinhalte gespeichert werden. Das limbische System hat eine große Bedeutung für die Wirkung von Rauschdrogen und ist eng mit Emotionalität, Triebregungen, Sexualität, Lust- und Unlustempfinden und Nahrungsaufnahme verbunden. Es liegt nahe, dass Rauschdrogen, wie z. B. Alkohol, ihre Wirkung über dieselben Bahnen im Gehirn entfalten wie das »natürliche Belohnungssystem«. Hat das Gehirn nun gelernt, dass mit Hilfe von Alkohol bestimmte Gefühlsregungen wie z. B. Unlustgefühle nicht mehr als solche empfunden werden, wird es nach Alkohol verlangen (Suchtgedächtnis), um von diesem negativen Gefühlszustand weg und hin zu einem Zustand des Wohlbefindens, nämlich dem alkoholisierten Zustand, zu kommen.
Das Suchtgedächtnis wird deshalb heute als ein wichtiger Grund dafür gesehen, dass beim Alkoholkranken oft lange nach Eintreten der Abstinenz noch Verlangen nach Alkohol auftritt und dass damit auch häufig Rückfälle verbunden sind. Ein Patient sprach in diesem Zusammenhang einmal anschaulich von Tretminen, auf die er jederzeit treten könne.
Grob zusammengefasst kann man sagen, dass die akute Alkoholwirkung dadurch gekennzeichnet ist, dass die Wirkung und Konzentration hemmender Botenstoffe (GABA) verstärkt, die das Gehirn erregender Botenstoffe (Noradrenalin, Glutamat, Dopamin) zunächst blockiert wird, was die typischen Effekte des Alkoholrausches erklären würde. Bei chronischer Alkoholwirkung kommt es dagegen eher zu einer Umkehr dieser Effekte.
Persönliche und soziale Faktoren
Nachdem wir nun die Eigenwirkung des Alkohols kennengelernt haben, schauen wir uns die anderen zwei Bereiche an, die bei der Entstehung einer Alkoholabhängigkeit eine Rolle spielen (siehe Abb. → S. 86 ). Bei jedem Betroffenen lassen sich meist mehrere Faktoren finden, die zur Abhängigkeitsentstehung
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