Wenn alle anderen schlafen
beim
Department, der sich mit Verrückten auskennt, die andere Leute verfolgen?«
»Klar. Stacey Nizibian. Das
Mädel hat ein Psychologiediplom von der Universität Michigan, aber die ganze
Studiererei hat sie trotzdem nicht verdorben.«
»Ich muß mit ihr reden.«
»Kein Problem. Kann ich arrangieren.«
Sie hielt inne. »McCone, verfolgt dich jemand?«
»Nein, es geht um einen Fall,
an dem ich gerade bin.«
»Sind uns die Vorfälle gemeldet
worden?«
»Ist alles zu Protokoll
genommen.«
»Na ja, dann werde ich mal
Stace anrufen und mich anschließend wieder melden. Hast du heute nachmittag
Zeit?«
»Klar. Ich verdrücke mich ja
nicht ins Tropenparadies.«
»Nein, und daran hast du
offensichtlich ganz schön zu knabbern. Geh jetzt aus der Leitung. Ich ruf dich
in ein paar Minuten zurück.«
Stacey Nizibian erwartete mich
an einem Tisch gleich am regennassen Frontfenster des Lilaleckerladen-Deli in
der Vierundzwanzigsten Straße. Dieser manierierte Name — einer von vielen an
der Haupt-Shoppingmeile von Noe Valley — hatte mich immer schon abgestoßen,
aber ich mochte die Brie- und Schwarzwälder-Speck-Sandwichs, die es dort gab.
Stacey offenbar auch; sie bestellte sich eins und dazu ein Bier, während ich
noch die Weinkarte durchging. Sie war schlank, und ihre Jeans saß wie eine
zweite Haut — offenbar arbeitete ihr Stoffwechsel ebenso effizient wie meiner.
»Tja«, sagte sie und fuhr sich
mit langen Fingern durch den dunkelbraunen Lockenschopf, »Adah sagt, Sie wollen
was über pathologische Verfolger wissen.«
»Genauer gesagt, über Frauen,
die Frauen verfolgen.«
»Geht’s um eine lesbische
Klientin?«
»Um gar keine Klientin — um
mich.« Nizibians Gesicht spiegelte Besorgnis. Ich erklärte ihr die Sachlage.
»Ich habe keine Ahnung, wer diese Frau ist. Deshalb hilft mir alles, was Sie
mir über diesen Personentyp sagen können.«
Sie dachte nach, während die
Serviererin unsere Getränke abstellte, und nahm dann einen Schluck, ehe sie
antwortete. »Tja, es gibt zwar psychologische Profile, aber natürlich liegt
jeder Fall ein bißchen anders. Doch bevor wir über diese Frau reden, erst mal
zu Ihnen: Wie geht es Ihnen dabei?«
»Nicht besonders. Ich bin
genervt. Hilflos. Sauer. Ich habe Angst, weil ich nicht weiß, was sie als
nächstes tut. Was sie mir schon alles angetan hat. Ich bin oft unkonzentriert
und schlafe schlecht. Ich habe bizarre Träume. Und dazu kommt noch, daß ich im
Moment von dem einzigen Menschen abgeschnitten bin, mit dem ich offen über so
was reden kann.«
»Mit mir geht’s doch auch gar
nicht so schlecht.«
Ich mußte lachen. »Nein, und
das tut verdammt gut.«
»Na ja, Sie können mich
jederzeit anrufen. Und ich werde bei Greg Marcus nachfragen, wegen des
Protokolls, das er aufgenommen hat. Also, zu den weiblichen Verfolgern: Es gibt
letztlich vier verschiedene Kategorien, je nachdem, wen sie aufs Korn nehmen —
Prominente, Beziehungspartner, flüchtige Bekannte oder zufällig ausgewählte
Personen.«
Mit der Verfolgung von
Prominenten kannte ich mich nur zu gut aus, das war Ricky passiert. Und ich
hatte genügend verängstigte Ehefrauen, Ehemänner und Liebespartner in meiner
Detektei sitzen gehabt, um mir auch die Beziehungsvariante vorstellen zu
können. »Ich bin mir ziemlich sicher, daß mich diese Frau entweder nur flüchtig
kennt oder zufällig ausgewählt hat.«
Nizibian schüttelte den Kopf.
»Verfolgt zu werden ist immer etwas Alptraumhaftes, aber nicht zu wissen, von
wem oder warum, ist das Allerschlimmste. Zufallsopfer wird man, weil einen die
betreffende Person irgendwo sieht — vielleicht auf der Straße — und einem
nachgeht, rauskriegt, wo man wohnt und arbeitet. Und daraufhin kommt es zu andauernden
Belästigungen. Man weiß nicht, was man getan hat, um die Aufmerksamkeit dieser
Person auf sich zu ziehen, aber plötzlich hat sie einen im Visier.«
»Und im Fall der flüchtigen
Bekanntschaft?«
»Das Schlüsselwort ist
›flüchtig‹. Die Verfolgerin — gehen wir mal davon aus, daß es eine Frau ist —
kann eine Person sein, der Sie mal kurz auf einer Party begegnet sind, oder
eine Verkäuferin in einem Supermarkt, wo Sie einkaufen. Es kam vielleicht nur
zu einem flüchtigen Blickkontakt, und Sie haben die Situation längst vergessen.
Nicht so Ihre Verfolgerin: Sie fängt an, Sie ständig dran zu erinnern.«
»Gibt sich dieser Verfolgertyp
dem Opfer üblicherweise zu erkennen?«
»Manchmal ja, manchmal nein.«
»Und droht dem
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