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Wenn alle anderen schlafen

Wenn alle anderen schlafen

Titel: Wenn alle anderen schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Leben entzieht und meine Seele stiehlt?
     
     
     

Montag
     
    Ted kam am Montag morgen nicht
zur Arbeit, aber er rief an und sprach mit mir. Er war ganz direkt und konnte
die Ängstlichkeit in seiner Stimme nicht überspielen.
    »Hat Neal dir gesagt, wo er hin
wollte?« fragte er.
    »Nur, daß er aus San Francisco
weg wollte, um über alles nachzudenken.«
    »Mehr hat er auf unserem
Anrufbeantworter auch nicht hinterlassen. Denk nach, Shar — ich muß ihn
erreichen. Hat er keinerlei Andeutung gemacht?«
    »Nein. Er hat mir einen Zettel
hinterlassen und war schon weg, als ich aufgestanden bin.«
    »Verdammt!«
    »Ted, bist du jetzt bereit,
über dein Problem zu reden?«
    »Nein — jetzt schon gar nicht.
Ich erklär dir alles, wenn es vorbei ist. Und es tut mir leid, daß ich heute
nicht zur Arbeit kommen kann. Ich versuche, es morgen wettzumachen...« Seine
Stimme verlor sich, und er legte auf.
    Ich starrte den Hörer an und
knallte ihn dann auf die Gabel. Seine Art, mich auflaufen zu lassen, ärgerte
mich langsam, und außerdem hatte ich jede Menge Arbeit —
    »Dieser Jeffrey Stoddard, ist
das vielleicht ein Kotzbrocken!«
    Ich sah Keim an, die in meiner
Bürotür stand; noch ihre Lockenspitzen schienen vor Empörung gesträubt. »Was
hast du rausgefunden?«
    »Die letzten Wochen hat er
sich, sobald seine Verlobte geschäftlich unterwegs war, in ihrer gemeinsamen
Wohnung mit einer anderen Frau eingenistet! Und nicht nur das! Er hat auch nach
und nach ihre gemeinsamen Konten leergeräumt und andere gemeinsame Geldanlagen
liquidiert.«
    »Dann ist er allerdings ein
Kotzbrocken.«
    Keim begann, händefuchtelnd in
meinem Büro auf und ab zu marschieren. »Wenn ich die Sache richtig sehe, hat er
uns angeheuert, damit wir sie im Auge behalten, für den Fall, daß sie auf die
Idee kommen sollte, unerwartet heimzukommen. Wieso sollte er sonst diese
laufenden Berichte wollen? Vielleicht denkt er ja, sie hat diese
Geschäftsreisen nur erfunden, um ihn in flagranti erwischen zu können.«
    »Scheint aber doch eine ganz
schön extreme und kostspielige Maßnahme.«
    »Klar, aber ich schätze, wenn
ich solche Spielchen veranstalten würde, wäre ich so nervös wie eine
langschwänzige Katze in einem Zimmer voller Schaukelstühle.«
    »Hast du denn hieb- und
stichfeste Beweise für sein Treiben?«
    »Und ob! Das mit der anderen
Frau haben mir ein paar Nachbarn verraten. Stoddard hat versucht, sie als seine
Cousine zu tarnen, aber das hat ihm keiner abgenommen. Mit einer so nahen
Verwandten knutscht man schließlich in der Regel nicht im Fahrstuhl! Die Sache
hat die Leute immerhin so weit interessiert, daß sie ein Auge drauf gehalten
haben. Da die Dame des Hauses heute vormittag wieder nach L. A. gedüst ist,
habe ich beschlossen, den Klienten zu observieren. Eine Viertelstunde, nachdem
die Verlobte weg war, erschien prompt die andere Dame, und nach einer gewissen
Zeit, die wohl für ein romantisches Schäferstündchen ausreichte, besuchten sie
beide zusammen die Wells Fargo Bank und das Bankhaus Charles Schwab.«
    Ich sah auf meine Armbanduhr:
zwanzig nach elf. Die beiden hatten einen prallen Vormittag hinter sich. »Du
hast vermutlich schon deine Beziehungen zu Wells und Schwab spielen lassen?« In
ihrer Zeit bei RKI — wo ich sie, um Gage Renshaw zu zitieren, weggeklaut hatte
— war Keim Spezialistin für Unternehmenssicherheitsaufgaben im Bankensektor
gewesen.
    »Klar. Das Herzchen hat die
gemeinsamen Konten so gut wie leergeräumt. Meine Kontaktleute wollten mir nicht
sagen, wohin das Geld überwiesen wurde, aber ich wette, es liegt jetzt an einem
der Orte, die auch Micks Vermögenshinterziehungskünstler favorisiert. Und stell
dir vor: Das glückliche Paar plant demnächst einen Tapetenwechsel.«
    »Ach?«
    »Yep! Nachdem sie bei Schwab
waren, haben sie ein Lederwarengeschäft aufgesucht und einen Stapel
Reisetaschen erworben — Riesentaschen, wie man sie benutzen würde, um alles
Wertvolle aus einem Haushalt abzuschleppen.«
    »Und wie lange ist die Verlobte
diesmal unterwegs?«
    »Bis Donnerstag.«
    »Da haben sie ja reichlich
Zeit. Es sei denn, wir machen ihnen einen Strich durch die Rechnung.«
    »Aber wie? Wir können doch
nicht Stoddards Verlobte anrufen und ihr sagen, was er vorhat. Unser Vertrag
mit ihm enthält immerhin eine Vertraulichkeitsklausel; er könnte uns verklagen.
Und außerdem hat er, juristisch gesehen, nichts verbrochen; es sind zwar
gemeinsame Konten, aber eine Unterschrift reicht. Wenn du

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