Wenn alle anderen schlafen
Kröte vom Grill«, bemerkte Keim.
»Wo hast du das gefunden?«
fragte ich Neal.
»Auf dem Eßzimmertisch, als ich
nach Hause gefahren bin, um im Buchladen anzurufen, nachdem der Pannendienst
meinen Wagen für okay erklärt hatte.«
»Ist dir da irgend jemand auf
der Straße oder im Haus aufgefallen?«
Er schüttelte den Kopf, sah
dann Ted an, der ein wenig abseits stand. »Alles okay?« fragte er steif.
»Ja.«
»Wir müssen reden.«
»Ich weiß.«
Ich musterte den Salat und
befand, daß es sich nicht lohnte, ihn ins Richman-Labor zu bringen. Teds und
Neals Quälgeist schien mir, was Spurenvermeidung anging, meinem durchaus
ebenbürtig.
Charlotte hatte offenbar den
gleichen Gedanken gehabt. »Bist du schon mal auf die Idee gekommen, daß zwischen
dem Kerl, der Neal verfolgt, und der Frau, die’s auf dich abgesehen hat, ein
Zusammenhang bestehen könnte?« fragte sie mich.
»Nein, die Vorgehensweise ist
zu unterschiedlich. Sie gehören vielleicht zur selben Irrenfraktion, aber die
ist heutzutage ein ganz schön großer Verein.«
Sie nickte und nahm die
Schüssel. »Ich mach das für dich sauber, Neal.«
»Danke.« Neal wandte sich Ted
zu. »Hat Bud dir ausgerichtet, daß der Glaser erst morgen kommen kann? Ich
hatte Bud von der Küste aus telefonisch gebeten, die Scheibe rauszunehmen und
die Tür provisorisch zu flicken.«
»Bud?« fragte Ted
stirnrunzelnd.
»Bud Larsen.«
»OK. Ich hätte mich doch auch
drum kümmern können.«
»Schon, aber normalerweise bin
ich es doch, der solche Sachen übernimmt. Deshalb habe ich es telefonisch
geregelt.«
»Tja, als ich heute morgen zur
Arbeit gegangen bin, hatte Bud die Tür noch nicht geflickt. Ich habe ihn über
zwei Wochen nicht mehr gesehen.«
»Wie ist er dann reingekommen?«
Zuerst hatte mir der Dialog der
beiden nur als Hintergrund für meine Meditationen über die Ähnlichkeit unserer
Situation gedient, aber diese letzten Sätze hatten mich aufmerken lassen.
Ich fragte: »Sprecht ihr von
dem Gärtner, der euer Grundstück betreut?«
»Nicht nur Gärtner«, erwiderte
Neal. »Bud ist so eine Art Mädchen für alles. Arbeitet noch für zwei, drei
andere Häuser auf dem Hügel und macht nebenbei Schlosserarbeiten.«
»Hat er eure Schlösser
ausgewechselt, nachdem ihr eingezogen wart?«
»M-hm.«
Bud Larsen: er war
raffinierter, als ich gedacht hatte. Heute morgen noch hatte ich mit ihm auf
der Eisenbank gesessen und mir diese Storys über die verdächtigen Mieter
auftischen lassen. George Chu hatte so eine hochmütige Art; Doug Kerr schlug
seine Frau; Al Mercado war ein Menschenfeind. Was auf Vorurteile, Haß und
Gewalttätigkeit schließen ließ. Ich fragte mich, ob irgend etwas davon stimmte.
Bud Larsen...
Mittwoch
abend
Unser Plan stand fest, und
jeder war auf seinem Posten. Bald schon würden wir vielleicht den Beweis für
ein weiteres Haßverbrechen in unserer vermeintlich so idyllischen Bay-City
haben.
Den Spätnachmittag hatte ich
damit verbracht, in dem Haus in der Plum Alley weitere Gespräche mit diversen
Mietern zu inszenieren — in Hörweite von Bud Larsen, den Mona Woods, auf mein
Ersuchen, beauftragt hatte, den Anstrich der Hofwände auszubessern. Larsen tat,
als hörte er gar nicht zu, und pfiff vor sich hin, während er den Pinsel
schwang, aber seine Körpersprache verriet ihn, wie die Ohren einer Katze. Als
ich Karen Cooper laut erklärte, ich könne es nicht erwarten, den Kerl, der
meinen Klienten belästigte, dingfest zu machen, warf er einen kurzen,
zornblitzenden Blick herüber.
Larsen war der Schuldige —
jetzt war ich mir ganz sicher.
Und ich spürte auch, daß er
anbeißen würde.
Der Gehweg der Montgomery fällt
gleich hinter der Ecke Plum Alley steil ab und endet in einer Serie von
Treppen, die sich im Zickzack die Hügelflanke über der nördlichen Uferfront
hinabziehen. An einem der Absätze knicken die Stufen nach rechts ab und führen
ein Stück weit durch dichtes Gebüsch und Zypressen. Nur schwache
Markierungsleuchten erhellten den rissigen Beton, und es war hier an diesem
feuchten Winterabend ziemlich kalt und still. Und ungemütlich, wie Glenna
Stanleigh und ich feststellen mußten, während wir hinter einem
Wacholdergesträuch auf dem nackten Erdboden kauerten.
»Sind Sie sicher, daß die
Videokamera auch bei dieser Dunkelheit funktioniert?« wisperte ich.
»Der Film ist extra für solche
Lichtverhältnisse gemacht.«
»Aber wenn —«
»Himmel, Sharon, hören Sie auf!
Ich habe
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